Noch immer ist das Kräfteverhältnis in der Formel 1 undurchschaubar. Auch Taktik-Ass Ross Brawn muss zugeben, dass es sehr schwer ist, Schlüsse zu ziehen: "Es ist von Tag zu Tag anders. Ich denke, wir haben eine Gruppe von mehreren konkurrenzfähigen Teams. Red Bull ist bislang immer mit viel Sprit gefahren, die werden definitiv konkurrenzfähig sein. Und auch mit McLaren müssen wir rechnen."

Obwohl Mercedes bei keinem der Tests mit Bestzeiten aufhorchen ließ, ist Brawn zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Es laufe wesentlich besser als im Jahr 2011, als viele Ressourcen in die Verbesserung der Zuverlässigkeit gesteckt werden mussten. "Dieses Jahr können sich die Ingenieure voll und ganz darauf konzentrieren, die Performance zu verbessern."

Die Rennsimulationen seien sehr zufriedenstellend gelaufen und die Zuverlässigkeit des W03 sei exzellent. Auf die Frage, ob das Auto siegfähig ist, antwortet der langjährige Begleiter Michael Schumachers: "Man will immer ein siegfähiges Auto haben, und ich sehe keinen Grund, warum dieses es nicht ist." Mercedes wolle in jedem Falle besser sein als in den vergangenen zwei Jahren.

Reifennutzung und Strategie entscheidend

Zwar rechnet Brawn damit, dass sich die Fahrzeuge bis zum Saisonstart in Melbourne noch einmal verändern werden, glaubt aber an keine radikalen Eingriffe wie zuletzt bei Red Bull. Ein größeres Rätsel sind für ihn die Reifen: "Wir dürfen nicht vergessen, dass es hier in Barcelona sehr kalt war und der linke Vorderreifen sehr stark belastet ist. Beim Saisonauftakt wird es ganz anders sein." In der Tat ist immer australischen Spätsommer mit hohen Temperaturen zu rechnen und die Strecke im Albert Park fordert eher die Hinterräder.

Der Mercedes wartet mit einem innovativen Fronflügelkonzept auf, Foto: Sutton
Der Mercedes wartet mit einem innovativen Fronflügelkonzept auf, Foto: Sutton

"Die ersten Rennen werden eine große Herausforderung, weil wir lernen müssen, wie sich die Reifen verhalten", so der 57-jährige weiter. Dabei stünden die Stellschrauben Balance am Fahrzeug und Fahrstil der Fahrer zur Verfügung. Eine Sorge sind die Ingenieure 2012 los: "Letztes Jahr mussten wir bei den Auspuffrohren genau auf den Abgasstrom achten, um nicht die Hinterreifen zu zerstören." Das sei nach dem Verbot des angeblasenen Diffusors nicht mehr der Fall. "Wir fokussieren uns stark auf die Reifennutzung und den -abrieb. Bei dem hohen Verschleiß ist eine optimale Nutzung der Reifen rennentscheidend."

Ein ganz wichtiges Instrument wird die Strategie spielen: "Wenn es wirklich so eng zugehen sollte, könnte man durch einen früheren Boxenstopp viele Plätze gut machen. Die Strategie könnte über den Rennsieg entscheiden." Das sei vor allem auch dann der Fall, wenn es einem Team nicht gelingen sollte, sich für Q3 zu qualifizieren. So könnte es im Rennen vieles über die Strategie wieder gut machen: "Es ist einfach ein riesiger Vorteil, wenn man noch frische Reifen hat", verspricht er strategische Vielfalt für die Saison.