In der Formel 1 ist heutzutage nicht nur das Auto das reinste Wunderwerk der Technik, schon das Lenkrad alleine bietet jede Menge High-Tech. Dank der vielen Knöpfe, Schalter und Verstellräder ist es aber nicht immer einfach zu überblicken und dank KERS und dem verstellbaren Heckflügel sind in diesem Jahr zwei weitere Bedienelemente hinzugekommen. Williams-Technikdirektor Sam Michael ist der Ansicht, dass die mentale Belastung für die Fahrer dadurch in diesem Jahr viel höher geworden ist und das auch durchaus zu Fehlern führen kann, die Qualifyings vorzeitig enden lassen.

"Er [der Fahrer] achtet auf die Reifen, er muss auf der Outlap Temperatur reinbringen, ohne sie zu stark zu belasten - im Qualifying ist es am schlimmsten. Er wärmt die Bremsen auf, verschiebt die Bremsbalance nach vorne und hinten, er lädt KERS auf, weil sich das auch auf der Outlap auflädt. Man kann es voll aufgeladen lassen, aber wenn man den KERS-Ladestatus verlässt, muss man die Bremsbalance wieder ändern. Dann macht er sich bereit, es auf Start-Ziel einzusetzen und er macht sich bereit, den Heckflügel zu verstellen. Und das kann er nicht, bis er voll auf dem Gas steht", berichtete Michael.

Knöpfe verwechselt

Sollte man in seiner Qualifying-Runde auf Start-Ziel kommen und bei diesen Dingen einen Fehler machen, wird das nach seiner Meinung wohl das Ende des Qualifyings bedeuten, denn es ginge zu viel Zeit verloren. Deswegen wird aktuell auch in der technischen Arbeitsgruppe besprochen, ob den Fahrern zu viel zugemutet wird. Michael konnte auch ein Beispiel nennen, bei dem bereits etwas schiefgelaufen ist. Es passierte Williams-Rookie Pastor Maldonado, der den Technikdirektor bislang durchaus beeindrucken konnte.

Wenn man voll aufs Gas steigt, gibt es einiges zu bedenken, Foto: Sutton
Wenn man voll aufs Gas steigt, gibt es einiges zu bedenken, Foto: Sutton

"Er kam aus der letzten Kurve, drückte, um den Heckflügel zu aktivieren und sollte dann den KERS-Knopf drücken, aber da geriet etwas durcheinander und er drückte wieder für den Heckflügel. Also hatte er kein KERS und der Heckflügel ging wieder auf viel Abtrieb zurück. Bei einem Test ist das kein Problem, aber wenn man das im Qualifying macht, verlöre man 0,5 Sekunden bis man bei Kurve eins ist und wäre draußen. Es war das einzige Mal, dass er das gemacht hat", erzählte Michael. Prinzipiell dreht sich die Diskussion nun darum, dass es sicher Leute gibt, die noch zehn Mal mehr Knöpfe bedienen, aber wohl nicht so schnell fahren können.

Zu akademisch

Daher stellte sich Michael die Frage, wo man die Linie zieht. "Will man einen Fahrer, der ein natürliches Talent für das Lenkrad, die Bremsen und das Gas hat oder will man jemanden, der Einstein ist und mit vielen Knöpfen und Zahlen umgehen kann? Da muss man die Mitte treffen, aber ich denke, es gibt da das Gefühl, dass wir zu sehr auf die akademische Seite gegangen sind. Dieses Jahr wird sich nichts ändern, weil man Einstimmigkeit braucht und einige Teams werden denken, sie haben eine bessere Methode entwickelt, um damit umzugehen. Daher werden sie keiner Änderung zustimmen."

Ein generelles Problem mit dem Heckflügel sah Michael allerdings bei der Frage, ob er viel bringen wird. Solange er nur auf einer Geraden eingesetzt werden kann, glaubte er nicht daran. Auf drei Geraden wäre es besser, doch Michael ging davon aus, dass die FIA nachkorrigieren wird und den Flügel auf der ganzen und mehreren Geraden freischaltet, sollte er sich als zunächst nicht so effektiv erweisen wie erwünscht. "Das System ist gut abstimmbar und die FIA kann schnell reagieren, daher mache ich mir keine Sorgen. Ehrlich gesagt denke ich, die Reifen werden alles dominieren. Wenn man Abbau hat, wie wir das momentan bei den Tests sehen, wird man keinen Heckflügel brauchen. Man wird Leute außen herum überholen können."