Es dürfte das erste Mal gewesen sein, dass der Neunt-Platzierte der Gesamtwertung solch ein immenses, mediales Interesse auf sich gezogen hat. Nur 72 Punkte sammelte er 2010 und lag weit abgeschlagen im trüben Mittelfeld des Fahrerfeldes. Kein Podiumsplatz, geschweige denn ein Sieg - Fakten, die einem absolut durchschnittlichen Fahrer würdig werden. 2010 hieß dieser Fahrer Michael Schumacher.

Nach der Verkündigung seiner Rückkehr stand die Formel-1-Welt Kopf, der achte Titel schien in greifbarer Ferne. Doch das Comeback des siebenmaligen Rekord-Champions ging völlig daneben. Die "Schumania" ist verflogen, kaum jemand hat den 42-Jährigen in diesem Jahr auf dem Zettel. Nach den ersten Eindrücken der Testfahrten scheint der Mercedes-Bolide auch in diesem Jahr noch nicht in der Spitze angekommen. Ein Aufwärtstrend der Silberpfeile war durchaus zu bemerken, doch als WM-Kandidaten sieht man eher Red Bull, Ferrari, McLaren und sogar Lotus Renault.

Alonso von Schumacher begeistert

Doch aus dem Lager der Top-Teams klingt immer noch Begeisterung für Schumacher. "Ich habe Respekt und Bewunderung für Michael", betonte Fernando Alonso. Reicht das, um ein ernstzunehmender Anwärter auf die Krone zu sein? "Wir müssen Australien und die ersten drei, vier Rennen abwarten und sehen, wie der Mercedes geht. Wenn Mercedes um die Pole Position mitkämpfen kann, werden sie einer der großen Rivalen sein", warnte der Ferrari-Pilot davor, die Silberpfeile frühzeitig abzuschreiben.

Zwei Jahre lang will Schumacher noch in der Formel 1 fahren. Laut seinem Drei-Jahres-Plan steht der WM-Titel für 2012 auf dem Programm. Für die anstehende Saison peile er zumindest Podest-Platzierungen an. 44 Jahre hätte Schumacher dann auf dem Buckel. Ein stattliches Alter für einen Weltmeister. Damit wäre auf den Spuren von Juan Manuel Fangio, der 1957 im stolzen Alter von 46 Jahren und 41 Tagen zum fünften Mal Weltmeister wurde.

Button weiß es wirklich nicht

Schumacher weiß, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. "Natürlich kann man die biologische Uhr nicht zurückdrehen. Es ist ein Fakt, dass ich nicht derselbe wie vor zehn oder 15 Jahren bin", gab er zu. "Aber wenn mich jemand fragt, ob ich noch immer gut genug bin, dann würde ich ja sagen."

Jenson Button wurde genau diese Frage im Hinblick auf Schumacher gestellt. "Ich weiß es wirklich nicht", sagte der McLaren-Fahrer am Rande der Präsentation des neuen Autos in Berlin. "Es ist unmöglich einzuschätzen, wie Michael 2011 sein wird. Niemand hat 2010 erwartet." Eine diplomatische Antwort des Briten, der bei Alonsos Aussagen allerdings ins Grübeln kommt. "Fernando sagt, dass Michael sein Hauptgegner sein wird. Vielleicht denkt er das, vielleicht gibt es auch einen anderen Grund dafür."

Etwas anderes weiß Button allerdings: Mit fünf Weltmeistern stellt die F1 in diesem Jahr ein spektakuläres Fahrerfeld. "Dazu kommen noch zwei, die nah dran waren. Es gibt viele starke Fahrer, ich möchte keinen herauspicken", fügte Button hinzu. Wer das Zeug zum Titel-Anwärter hat, wird sich zeigen, wenn der F1-Zirkus am 27. März zum Saisonauftakt in Melbourne an den Start geht. Sicher ist nur: die Konkurrenz hat Schumacher noch nicht abgeschrieben.