Toro Rosso startet in seine sechste Formel-1-Saison. Wird das ein entscheidendes Jahr?
Giorgio Ascanelli: Es bedeutet nichts Spezielles. Einfach nur, dass es eine neue Saison ist und wir gute Leistungen erbringen müssen.

Was halten Sie von den neuen Regeln und anderen Änderungen? Wie könnten Sie sich auf die Rennen auswirken?
Giorgio Ascanelli: Zuerst muss gesagt werden, dass wir auf italienischen Reifen unterwegs sind. Pirelli kehrt nach zuletzt 1991 in die Formel 1 zurück, was wohl eine Menge Arbeit bereitet und zu einem spannenden Szenario führt. Das wird einen Eindruck hinterlassen, weil es eine neue Regel für die Gewichtsverteilung gibt, die die Kosten in Grenzen halten soll. Das könnte zu Überraschungen führen, wenn verschiedene Mischungen auf verschiedenen Strecken gefahren werden. Man kann die neuen Regeln in drei Kategorien einteilen: zum einen der Sicherheitsaspekt, den wir wie üblich verfolgen. Dazu gesellt sich die Reduzierung der Downforce, die das Überholen erleichtern soll. Am wesentlichsten ist die Rückkehr des KER-Systems. Das ist ein System, welches es dem Fahrer erlaubt, kurzzeitig für zusätzlichen Speed zu sorgen. Hinzu kommt der verstellbare Heckflügel, der es dem Fahrer ermöglicht, den Vordermann dank Eingreifens in die Flügel-Geometrie leichter zu überholen. Das sollte am Ende einer Geraden zu einem Geschwindigkeitsanstieg von rund zehn km/h führen. Dieser Anstieg sollte dem Verfolgerauto etwa eineinhalb Wagenlängen auf den Vordermann bringen, sodass das Überholen leichter wird - aber nicht zu leicht. Obwohl die Rennaction 2010 schon gut war denke ich, dass wir 2011 etwas noch Besseres produzieren können.

Das letztjährige Auto wurde komplett im Toro-Rosso-Werk designed. Ist das Team in diesem Jahr im Hinblick auf das Design abenteuerlustiger?
Giorgio Ascanelli: Im vergangenen Jahr hatten wir keinen Windkanal und das CFD war noch nicht ausgereift genug, um das Auto zu definieren. Deshalb hatten wir, abgesehen von den Regeländerungen von 2009 auf 2010, nicht allzu viel geändert. In diesem Jahr sind unser Windkanal und das CFD ausgereifter. Wir haben noch eine Menge zu lernen, aber inzwischen können wir diese Systeme ordentlich nutzen. Die neuen Regeln haben dazu geführt, dass wir Änderungen am Wagen vornehmen mussten. Wir sind ehrgeiziger als im vergangenen Jahr. Das mag nur eine Vermutung sein, die auf Logik basiert, aber wir denken, dass wir einen ambitionierten Weg eingeschlagen haben. Es war sinnvoll, wieder konservativ zu arbeiten, denn andererseits könnten wir wohl keine bessere Performance abliefern als im vergangenen Jahr. Im direkten Kampf sind wir immer noch von den Komponenten gekennzeichnet, die uns in der Saison 2011 zu Platz neun in der Gesamtwertung geführt haben. Für dieses Jahr peilen wir den achten Platz an. Das würden wir wohl nicht schaffen, wenn wir mit einem herkömmlichen Auto antreten würden. Das ist ein anspruchsvolles Ziel. Wenn es nicht klappt, fällt das unter meine Verantwortung. Aber ich glaube nicht, dass sich irgendjemand bei Toro Rosso mit dem abfinden will, was wir jetzt innehaben. Wir werden versuchen, uns zu verbessern und unsere Mission zu erfüllen, uns in jedem Jahr zu verbessern.

Die Toro-Rosso-Piloten haben an Erfahrung gewonnen. Was erwarten Sie sich von den beiden in der neuen Saison?
Giorgio Ascanelli: Die Fahrer sind jung und enthusiastisch, auch wenn Erfahrung noch nicht zu ihrer Stärke gehört. Sebastien Buemi bestreitet seine dritte Saison und jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir etwas von ihm erwarten können. Die Entwicklung von Jaime Alguersuari ist beeindruckend: Man darf nicht vergessen, dass er am Donnerstag erst 21 Jahre alt wird und schon in seine dritte Saison startet. In der vergangenen Saison hatten sie nicht die besten Chancen wegen ihrem Mangel an Erfahrung, aber ich denke auch nicht, dass das Auto besser war, als die beiden. Sie haben sich das Auto verdient und das Auto hat sich die beiden noch viel mehr verdient. Hoffentlich liefern wir ihnen in diesem Jahr ein besseres Auto und hoffentlich verbessern sie ihre Arbeit. Das bringt uns natürlich ein besseres Package für die Zukunft. Die Strategie von Red Bull, junge Talente zu fördern und sie in die Formel 1 zu bringen, hat sich am besten am Beispiel von Sebastian Vettel gezeigt, der die WM gewonnen hat, nachdem er bei Toro Rosso angefangen hatte. Hoffentlich schaffen unsere beiden Fahrer das auch - wenn auch noch nicht jetzt.

Was sind Ihre Hoffnungen, Ängste und Erwartungen für die Saison 2011?
Giorgio Ascanelli: Meine Erwartung ist, dass wir ein ordentliches Jahr haben und den achten Platz ins Visier nehmen. Neunter zu sein ist nicht schlecht, aber wir wollen uns verbessern. Zum Jahresende hin wollen wir mit dem achten Platz in der Konstrukteurswertung heimkehren.