CFD ist die Zukunft - da sind sich die Experten in der Formel 1 sicher. Die simple Kostensenkung ist ein Hauptargument für den Verzicht auf Windkanalarbeit - aber im Falle Virgin auch einfach strikte Prinzipientreue: "Wir haben uns dazu entschieden, so weiter zu machen wie bisher auch - mit CFD. Unser Silverstone-Update dieses Jahr hätte auf konventionelle Art und Weise zum Beispiel acht mal länger gedauert", zeigte sich Teamchef John Booth vom Konzept zweifelsfrei überzeugt.

"Zugegeben - die Hydraulik und gewisse damit zusammenhängende Teile haben uns dieses Jahr eine Menge Probleme gemacht, gerade auch mit dem Differential. Aber CFD war nicht das Problem. Ich hatte immer Vertrauen in dieses Grundkonzept", sagte Booth.

Trend für die Zukunft

"Alle Teams verlassen sich doch nach und nach mehr auf CFD. Daher sage ich auch voraus, dass Windkanäle bald ein Relikt der Vergangenheit sein werden. Bis Lotus seinen beispielsweise fertig hat, wird er schon überflüssig sein", so der 55-jährige Brite an der Spitze von Virgin. "Wenn man sich die Geschwindigkeit der Entwicklung ansieht, besonders im Bereich des Frontflügels, muss man sagen, dass es keinen Weg gibt, das im Windkanal so hinzukriegen. Dafür hat der Tag einfach nicht genügend Stunden", scherzte Booth.

Die Teams werden laut Booth bald damit anfangen, die Ressourcen aufzuteilen und mehr in Richtung CFD-Arbeit zu verlagern. Die Abzeichnung dieses Trends bestätigt auch Gerald Murphy, Leiter der CFD-Abteilung des Renault F1 Teams. Laut Murphy ist CFD für die Formel 1 in Zeiten eingeschränkter Nutzung des Windkanals, stark limitierter Budgets und der damit verbundenen Verlagerung der Arbeit an der Aerodynamik der Boliden auf den Computer, längst unverzichtbar.

CFD

Der Begriff CFD steht für Computational Fluid Dynamics und bezeichnet die Berechnung von Strömungsverhalten per Computer. Diese tritt also in gewisser Weise an die Stelle des Windkanals, auch wenn die gesammelten Erfahrungswerte aus beiden Bereichen für ein verbessertes Ergebnis am Ende kombiniert werden.

Mit dem neuen Sponsor kommt neues Geld - und das fließt bei Virgin bekanntermaßen in CFD, Foto: Sutton
Mit dem neuen Sponsor kommt neues Geld - und das fließt bei Virgin bekanntermaßen in CFD, Foto: Sutton

"Der Windkanal liefert uns Abtriebswerte, Belastungen, Luftwiderstände und ähnliche Daten, aber er kann den Luftfluss nicht gut sichtbar machen", so Murphy. "CFD zeigt manches, was der Windkanal nicht verrät", sagt er. "Also verknüpfen wir die Daten aus dem Windkanal mit den CFD-Daten." So können die Techniker weitaus präzisere Ergebnisse erzielen.

Um die limitierte Windkanalzeit optimal auszunutzen, werden neue Konzepte und Ideen laut Murphy zuerst einmal am Rechner ausprobiert. "Wenn die Simulation dann vielversprechend aussieht, stellen wir das Teil in den Windkanal", so der Renault-Mann.

Gewisse Probleme gibt es allerdings bei der Weiterverarbeitung der gewonnenen Daten. "CFD gibt dir sehr viel mehr Informationen als der Windkanal, wenn auch nicht ganz so genaue", sagt Murphy. Dafür ergänzen sich die beiden Werkzeuge dann sehr gut.

Nachdem CFD also besonders zur Visualisierung des Luftflusses wichtig ist, half das Rechenmodell den Teams gerade in der letzten Saison enorm, in der viele Teams einen angeströmten Unterboden verwendeten, um durch die durch den Diffusor strömenden Auspuffgase mehr Abtrieb zu erzeugen.

Selbst Probleme mit zu großer Hitzeentwicklung kann CFD theoretisch vorab sichtbar machen und leistet so einen großen Teil zur stetigen Verbesserung der Standhaftigkeit der Fahrzeuge, was sich dann auch durch die wenigen, technisch bedingten, Ausfälle auf der Strecke bemerkbar macht.

Virgin plant neue CFD-Anlage

Bei Virgin setzt man auf Grund all dieser Vorteile für die Zukunft also voll auf CFD. Eine gigantische, neue CFD-Anlage wird bereits eingerichtet. Mit dem Einstieg von Marussia als Sponsor, sollte die Zukunft des Rennstalls gesichert sein und Technikchef Nick Wirth plant daher eine intensive Erweiterung der CFD-Einrichtungen des Teams. Der Plan ist, die größte in der Formel 1 und die drittgrößte der Welt zu besitzen.

"Wir bauen eine gigantische Anlage", so Wirth. Die neue Einrichtung in Banbury soll bis Januar einsatzbereit sein. Für den Großteil der Entwicklung des neuen Autos wird das zu spät sein. Die ersten Updatepakete sollen jedoch davon profitieren. Der neue Virgin-Bolide soll dann beim zweiten Vorsaisontest im Februar debütieren.