Was sagst Du zum Stallkrieg bei Red Bull?
Marc Surer: Es wird spannend. Das zeigt wieder einmal, dass man nicht nur auf einen Fahrer setzen darf. Wenn man zwei Fahrer fast punktgleich vorne hat, dann muss man sie gleich behandeln, denn man weiß nie, wer das glücklichere Händchen hat. Heute war es am Start Mark Webber.

Aber Red Bull konnte den Flügel nicht in der Mitte durchschneiden und es war nicht Vettels Schuld, dass der Flügel kaputt ging.
Marc Surer: Aber es ist schon knallhart, dem Anderen den Flügel wegzunehmen. Vettel hatte einfach Pech, das sein Flügel kaputt ging. Aber ihn deswegen dem Anderen wegzunehmen, das fand ich schon sehr hart.

Auch wenn der Andere am Freitag meinte, dass er den neuen Flügel gar nicht haben will, weil er nicht besser ist.
Marc Surer: Die Aussage kenne ich nicht.

Wie auch immer. Meinst Du, das am Start hatte psychologisch mit dem zu tun, was gestern passiert ist?
Marc Surer: Nein. Webber ist von Platz zwei einfach besser gestartet und war vorne. Das war eine ganz normale Geschichte. Am Start kannst du nicht auf den Teamkollegen warten, denn sonst fährt dir hinten einer drauf. Ich fand nicht, dass der Kampf härter war als sonst.

Der Schaden von Vettel war einfach Pech.
Marc Surer: Das war Pech. Er hat den Frontflügel von Hamilton berührt, der versucht hatte, mit Webber mitzuziehen. Das kann in der Hitze des Gefechtes schon einmal passieren. Vettel konnte auch nichts sehen, denn das spielte sich im toten Winkel ab.

Was bedeutet das für die WM?
Marc Surer: Es ist alles wieder offen, aber wenn es so weiter geht bei Red Bull, dann ist Hamilton der lachende Dritte.

Was sagst Du zu Vettels Aufholjagd?
Marc Surer: Die war stark, denn er war ja nicht gerade begünstigt. Wenn das Safetycar herausgekommen wäre, bevor alle ihre Stopps absolviert hätten, dann wäre Vettel wie Alonso in Monaco nach vorne gespült worden. Das ist leider nicht so gekommen, deshalb konnte er nur noch auf der Strecke überholen und er hat für viel Unterhaltung gesorgt.

Vettel sorgte für Unterhaltung, Foto: Sutton
Vettel sorgte für Unterhaltung, Foto: Sutton

Wie sahst Du das Manöver gegen Sutil? Er hatte sich aufgeregt.
Marc Surer: Na ja, er hat ihm so oft die Türe vor der Nase zugeschlagen, dass ich irgendwann auch versucht hätte, mit der Brechstange durchzukommen. Wenn man die Türe wie Adrian öfters zuwirft, was völlig korrekt war, dann muss man damit rechnen, dass der Andere sauer wird.

McLaren hat aus einem verkorksten Wochenende noch sehr viel gemacht.
Marc Surer: Gnade uns, wenn McLaren den angeblasenen Diffusor zum Funktionieren bringt und noch ein bisschen schneller wird. Dann sind sie wieder dran.

Fernando Alonso ist momentan ein bisschen der Pechvogel.
Marc Surer: Im Moment geht bei ihm alles schief. Er hat schon wieder Pech gehabt mit dem Safetycar. Seine Strafe fand ich nur teilweise gerecht. Er hätte den Anderen einfach spontan wieder vorbeilassen sollen, dann wäre nichts passiert. Wobei man das auch nicht sicher weiß, siehe Hamilton in Spa vor ein paar Jahren. Da hat Hamilton den Anderen auch spontan vorbei gelassen und dann haben sie ihn trotzdem bestraft. In so einer Situation das Richtige zu machen, ist verdammt schwierig.

Was sagst Du zu Mercedes GP?
Marc Surer: Nico und Mercedes GP sind wieder dort zurück, wo sie das Jahr angefangen haben - so um Platz fünf oder sechs herum und mit ein bisschen Glück auch einmal Dritter. Wobei der dritte Platz war heute geschenkt. Aber es fällt inzwischen auf, dass Nico auch im Renntrimm der Perfektere und Konstantere von beiden Mercedes-Piloten ist. Er macht weniger Fehler als Michael, der heute in seiner Outlap nach dem Boxenstopp einen Fehler gemacht hat.

Ist es erstaunlich, dass ein siebenfacher Champion - trotz dreijähriger Pause - solche Fehler macht?
Marc Surer: Ich glaube, dass Michael einfach zu viel will. Weil er hat nichts zu verlieren, es geht nicht um Punkte, deshalb versucht er alles und geht dabei ein bisschen zu weit.

Es gibt Gerüchte um die Entwicklung bei Mercedes GP. Was sollten sie machen?
Marc Surer: Für mich ist der Mittelweg richtig. Sie dürfen nicht aufgeben zu entwickeln, siehe Ferrari, die den Anschluss wieder gefunden haben. Denn auch die Erkenntnisse, die man dieses Jahr gewinnt, kann man im nächsten Jahr größtenteils wieder umsetzen. Auf der anderen Seite darf man nicht vernachlässigen, dass man nicht um den Titel mitfährt, weil ja 2011 teilweise auch wieder ein neues Reglement kommt.

Bei Deinem Schweizer Team Sauber geht es endlich aufwärts.
Marc Surer: Endlich! So wie das Team jetzt fährt, hätte es am Anfang des Jahres sein müssen. Die waren ein bisschen unerklärlich weg vom Fenster und mit James Key scheint jetzt einer da zu sein, der die Schwachstellen ausmerzen kann. Ich glaube schon, dass er die Dinge auf den Punkt bringt und die Schwächen erkannt hat.

Jetzt kommt Hockenheim. Für Sauber so etwas wie ein Heimrennen.
Marc Surer: Die Tatsache macht ein Auto auch nicht schneller. Es ist wieder eine andere Strecke. Sie ist etwas enger, was die Kurven betrifft. Eine Mischung zwischen den Strecken Montreal, Valencia und Silverstone, Das bedeute eine neue Ausgangslage. Wer in den engen Kurven gut ist, wird dort schnell sein.

Was heißt das für die Spitze?
Marc Surer: Ich denke, dass Red Bull auf jeder Strecke vorne sein werden. Aber wenn McLaren auf einer Red Bull-Strecke wie Silverstone mithalten kann, dann sind sie in Hockenheim dran.