Kelvin van der Linde (Abt-Audi) befindet sich in höchst aussichtsreicher Position zu einem weiteren Titelgewinn in seiner Motorsport-Karriere. Der Deutsch-Südafrikaner führt bei vier noch zu fahrenden Rennen die DTM-Tabelle 2024 an. Das weckt offenbar auch Begehrlichkeiten bei anderen Herstellern.
Das hat Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Quellen erfahren. Auf Nachfrage bei seinem Management bestätigte van der Lindes Berater Dennis Rostek: „Wir sprechen mit mindestens zwei Herstellern. Nach aktuellem Stand müssen wir rund um das DTM-Event in Spielberg eine Entscheidung treffen.“
Fakt ist, dass Kelvin van der Linde einen Vertrag mit Abt Sportsline für die DTM und die Formel E (als Ersatz- und Simulatorfahrer) besitzt. Dass er auch in der kommenden Saison für das Team aus Kempten in der Elektrorennserie zum Einsatz kommt, gilt als unwahrscheinlich.
Abt Sportsline hat zwar im April dieses Jahres die Zusammenarbeit mit Lola Cars in einer technischen Kooperation mit dem japanischen Motorradbauer Yamaha für 2025 verkündet, aber mit dem früheren Formel-E-Champion Lucas di Grassi erst einen der beiden Fahrer benannt.
Abt Sportsline enthüllt DTM-Partner für 2025 bei Hockenheim-Finale
Van der Linde möchte nach eigener Aussage zukünftig zwar vielseitig operieren, ob dabei aber auch ein Formel-Rennwagen der richtige Weg ist, darf ebenso bezweifelt werden, wie ein mögliches Engagement ausschließlich im GT3-Rennsport.
Damit stellt sich die Frage nach weiteren Möglichkeiten für den 28-Jährigen. Die wahrscheinlichste ist, dass er seine Rennkarriere mit Abt Sportsline in der DTM fortsetzt. Deren Engagement in der deutschen Traditions-Rennserie gilt als sicher und soll mit einem möglichen neuen Hersteller rund um das DTM-Finale in Hockenheim verkündet werden. Das hat ein Abt-Sprecher gegenüber Motorsport-Magazin.com bestätigt und hinzugefügt: „Allerdings werden wir dabei noch keine Fahrer kommunizieren.“
Kelvin van der Linde will DTM weiter treu bleiben
Zu einer möglichen Fortsetzung in der DTM äußerte sich die aktuelle Abt-Speerspitze gegenüber Motorsport-Magazin.com: „Die DTM ist wie mein Zuhause, sie war immer mein Kindheitstraum. Sheldon und ich haben eine grandiose Fanbase aufgebaut und sind glücklich über den ganzen Support. Dem wollen wir auch treu bleiben."
Ein weiteres Engagement von Abt Sportsline mit Audi macht nach deren endgültigem Ende 2024 wenig Sinn, auch wenn das Erfolgsteam aus dem Allgäu mit dem Audi R8 LMS GT3 evo II tatsächlich einen oder sogar beide DTM-Titel (Fahrer- und Teamwertung) gewinnen sollte. Schon in der laufenden Saison sind die Äbte mit ihrem R8 an die Grenzen des Machbaren gestoßen, was sich auch am vergangenen Wochenende auf dem Sachsenring wieder gezeigt hat.
Wenn die Balance of Performance (BoP) wie beim ersten der beiden Rennen am vergangenen Samstag nicht passt, fehlt einfach die Pace. Mit 10 Kilo weniger BoP-Gewicht sah das am Sonntag schon wieder besser aus und Kelvin van der Linde eroberte mit P2 die tags zuvor verlorene Tabellenführung wieder zurück.
Der mögliche neue Hersteller, mit dem Abt Sportsline zukünftig zusammenarbeiten könnte, liegt auf der Hand und heißt wenig überraschend Lamborghini. Mit dem italienischen Autobauer verbindet das Traditionsunternehmen aus dem Allgäu bereits Partnerschaften im Bereich Veredelung und Motorsport. So setzte das Abt-Team bei den beiden 24h-Rennen auf dem Nürburgring 2023 (P9) und 2024 (P5) einen Lamborghini Huracan GT3 EVO2 ein - unter anderem mit Kelvin van der Linde, der dafür nach Informationen von Motorsport-Magazin.com einen Lamborghini-Vertrag besaß.
Van der Linde: Weiter Doppelprogramm mit DTM und WEC?
Dieser könnte nun sogar im größeren Stil erweitert werden, denn Lamborghini besitzt neben einem konkurrenzfähigen GT3-Sportwagen für die DTM auch einen LMDh-Prototyp (SC63) für die Langstrecken-WM (WEC). Für den Rostek-Schützling könnten sich damit sogar zwei Türen öffnen.
„Hoffentlich bieten sich mir zukünftig noch weitere Möglichkeiten, andere Rennautos als einen GT3-Sportwagen zu fahren. Ich würde gerne etwas Neues ausprobieren, um mich als Rennfahrer weiterzuentwickeln“, betonte KvdL bereits in einem früheren Gespräch. „Viele sehen mich als eine Art GT3-Experten, das ist sicher nicht schlecht, aber ich weiß, dass ich jeden Rennwagen mit entsprechender Vorbereitung schnell fahren kann.“
Wer den umtriebigen Geschäftsführer der Agentur Pole Promotion kennt, weiß, dass er immer mehrere Optionen auf dem Radar hat. Das hat Rostek zuletzt auch mit Kelvins Bruder Sheldon, Rene Rast und Nicki Thiim bewiesen, die mit unterschiedlichen Herstellern in der DTM gegeneinander antreten, aber auch in weiteren weltweiten Rennserien und bei 24h-Rennen zum Einsatz kommen.
So war es auch bei Kelvin van der Linde, als er Ende vergangenen Jahres nach einem Test in Barcelona innerhalb von wenigen Tagen einen Toyota-Vertrag für die WEC unterschrieben hat und aktuell neben der DTM in der LMGT3-Kategorie einen RC F GT3 der Toyota-Schwester Lexus pilotiert. Auch bei den Japanern könnte sich für den älteren der beiden van der Linde-Brüder eine Tür in Richtung WEC öffnen.
Wie geht es für Kelvin van der Linde in Zukunft weiter?
Wenn Rostek öffentlich von mindestens zwei Herstellern spricht, kann man davon ausgehen, dass er mit einem dritten und möglicherweise sogar vierten Autobauer Gespräche führt. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com spielen dabei auch Ford und möglicherweise BMW eine nicht zu unterschätzender Rolle. Zum Münchner Autobauer hat Rostek bereits Sheldon van der Linde und Rene Rast transferiert. Sie besaßen zuvor ebenso bei Audi einen Werksvertrag wie Kelvin van der Linde eine Vereinbarung als Audi-Sport-Fahrer. Schließt sich für das Trio nun in München statt Ingolstadt vielleicht sogar ein Kreis?
Interessant ist dabei, dass Rostek nach seinem großartigen Rallye-Erfolg, dem Gesamtsieg beim Finale der Deutschen Rallye-Meisterschaft (DRM) und Platz drei in der DRM-Gesamtwertung, nicht an den Feierlichkeiten teilnahm, sondern stattdessen von Grömitz an der Ostsee zum Sachsenring reiste, um nicht nur seine vier Schützlinge zu unterstützen, sondern vor allem Gespräche bezüglich der sportlichen Zukunft von Kelvin van der Linde mit möglichen Interessenten zu führen. Das hat Motorsport-Magazin.com aus dem Umfeld von Rostek erfahren. Er selbst hat uns die Gespräche bestätigt, aber nicht verraten, mit wem er tatsächlich gesprochen hat.
Rund um die letzten beiden DTM-Events soll diesbezüglich eine endgültige Entscheidung fallen. Womöglich ist dabei auch viel Geld im Spiel. Denn mit einem DTM-Triumph würde Kelvin van der Linde seinen Marktwert deutlich steigern. Das passt perfekt zu einer Aussage von Rostek in der Vergangenheit: „Derjenige, der die Musik bezahlt, darf sie auch verkünden." Rostek hat neben Abt, BMW, Lamborghini und Toyota noch zu vielen weiteren Partnern und Herstellern in der Automobilindustrie ausgezeichnete Kontakte.
Unabhängig von den Vertragsverhandlungen soll sich sein Schützling ganz auf den Endspurt in der DTM konzentrieren. 2021 hatte Kelvin van der Linde den Titelgewinn bereits zum Greifen nahe, aber in einem dramatischen Finale auf dem Nürnberger Norisring inklusive einer viel diskutierten Kollision mit Titelrivale Liam Lawson (AF-Corse-Ferrari) musste er sich knapp geschlagen geben. Maximilian Götz holte damals überraschend den Titel mit HRT-Mercedes.
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