Mehr als ein Jahr, exakt 407 lange Tage, musste Sheldon van der Linde (Schubert-BMW) auf seinen nächsten Sieg in der DTM warten. Dann platzte der Knoten im Sonntagsrennen auf dem Nürburgring. Der DTM-Champion von 2022 profitierte von einer Kollision des Führenden Maro Engel mit seinem Schubert-Teamkollegen Rene Rast zur Rennmitte, übernahm kampflos die Führung und 'staubte ab'.
Van der Linde feierte seinen sechsten Sieg in der deutschen Traditionsserie und bescherte seinem Arbeitgeber BMW gleichzeitig den 100. Triumph in der DTM. Kurios: Der in Kempten lebende Südafrikaner stand in der laufenden Saison zum ersten Mal auf dem Podest - und ist als Meisterschafts-Vierter dennoch der bestplatzierte BMW-Pilot in der DTM-Tabelle. Sein Rückstand auf Spitzenreiter und Bruder Kelvin van der Linde, den Sieger des regnerischen Samstagsrennens, beträgt 40 Punkte.
Torsten Schubert: "Sheldon hat seinen Frust rausgelassen"
Mit großer Motivation und vermutlich einer gehörigen Portion Wut im Bauch machte der 25-Jährige schon beim Rennstart klar, wohin die Reise führen soll. Van der Linde stürmte vom achten Startplatz über die Außenbahn nach vorne auf Platz vier, setzte sich dann in einem harten Duell gegen seinen Schubert-Teamkollegen Marco Wittmann durch beendete die erste Runde als Dritter. Bis zur ersten Safety-Car-Phase in Runde 3 hatte van der Linde von Ricardo Feller sogar P2 übernommen.
"Beim Start hat Sheldon seinen Frust rausgelassen", sagte Schubert-BMW-Chef Torsten Schubert zu Motorsport-Magazin.com. "Man hat gesehen, wie er durchgezogen hat. Das war schon sehr gut." Van der Lindes Gefühlslage in der Eifel war verständlich: Im morgendlichen Qualifying befand er sich auf dem Weg zur Pole Position, bis ein ABS-Sensor-Fehler ihn spät ins Gras bugsierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte 'SVDL' mehrere Zehntelsekunden Vorsprung auf den späteren Pole-Setter Engel im Winward-Mercedes.
"Der ABS-Sensor ist im letzten Sektor ausgefallen", bestätige Schubert. "Wahrscheinlich hat er bei seinem ersten Ausritt einen kleinen Stein erwischt. Es gab vorher schon zwei, drei kleine Aussetzer, dann ist der Sensor kaputtgegangen. So ein Problem war vorher noch nicht bei uns aufgetreten, eigentlich ist das alles sehr gut gekapselt."
Sheldon van der Linde stürmt zum DTM-Sieg: "Sehr, sehr, sehr angepisst"
Es war der zweite Qualifying-Rückschlag für van der Linde am Nürburgring, nachdem er am Samstag nur den 18. Startplatz (P13 im Rennen) erreicht hatte. Die Bremsbelüftungen waren offenbar zu stark abgeklebt, sodass die Scheiben überhitzten und nicht ausreichend Bremskraft lieferten. Teamchef Schubert: "Zumindest haben wir ein schönes Foto für den Kalender mit rot glühender Bremse - und das am Tage, und nicht nur in der Nacht!"
Van der Linde beschrieb seine Emotionen nach dem holprigen Auftakt so: "Sowas kannst du dir nicht ausdenken! Natürlich war ich sehr, sehr, sehr angepisst. Ich denke, das macht einen Teil des Motorsports aus. Wenn dir so etwas egal wäre, dann hast du nicht genug Leidenschaft für den Sport. Das hat diesen Sieg für mich so emotional gemacht, weil ich am Morgen noch echt am Boden war. So ein Sieg befördert dich dann auf Wolke neun, und genau das habe ich gebraucht."
"Komm, Rakete, du musst noch mal gewinnen dieses Jahr!"
Aufbauarbeit war nach dem ärgerlichen Qualifying auch bei der Schubert-Truppe angesagt, die später mit Sieger van der Linde sowie dem dritten Platz von Wittmann einen doppelten Podesterfolg erringen sollte und die Team-Meisterschaft knapp vor Abt Sportsline anführt. Torsten Schubert konnte später wieder lachen: "Sheldon war ein bisschen niedergeschlagen. Aber ich habe ihm gesagt: 'Komm, Rakete, du musst noch mal gewinnen dieses Jahr!'"
Dass van der Linde das Rennen vermutlich nicht gewonnen hätte, wenn Pole-Setter Engel nicht von Rasts BMW umgedreht worden wäre, dürfte aus seiner Sicht zu verschmerzen sein. Sheldon zum diskutablen Crash: "Ich hätte mir ehrlicherweise schwergetan, Maro einzuholen. Nach dem, was in Turn 1 passiert ist, war das nicht die Art und Weise, wie ich gewinnen wollte. Ich bin sicher, dass es keine Absicht war. Das war unglücklich."
Rast kassierte für die Kollision drei Penalty Laps und musste ein gutes Ergebnis wegen eines Felgenschadens samt Boxenstopp abschreiben. Mischte der dreifache DTM-Champion zuletzt nach seinem Norisring-Sieg aussichtsreich im Titelkampf mit, ist nun van der Linde mit zwei Punkten Vorsprung an Rast vorbeigezogen.
Für Rene Rast hat das DTM-Rennen auf dem Nürburgring ein Nachspiel: Strafe beim kommenden Event auf dem Sachsenring! Die Hintergründe und Stimmen lest ihr jetzt in diesem Artikel:
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