Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Güven! Ayhancan Güven (Manthey-Porsche) war beim turbulenten DTM-Sonntagsrennen auf dem Nürburgring der laut Lachende Dritte. Nach einem Fehler im Qualifying nur von Platz 19 gestartet, gelang dem Türken die Aufholjagd des Wochenendes mit dem fünften Rang beim Zieleinlauf. Es war das beste Ergebnis in seiner ersten Saison für Manthey-Porsche nach einer schwierigen ersten Jahreshälfte.
Güven setzte sich gleichzeitig zum ersten Mal gegen seinen Teamkollegen und amtierenden DTM-Champion Thomas Preining durch - obwohl er in der heißen Schlussphase des Rennens die Teamanweisung erhalten hatte, seinen Vordermann im Grello-Porsche nicht anzugreifen, sondern stattdessen die Position zu halten.
Thomas Preining kassiert Grid-Strafe für Sachsenring
Als Preining in der vorletzten Runde den bis dato Fünftplatzierten Thierry Vermeulen (Emil-Frey-Ferrari) angriff und beide Autos dabei kurz von der Strecke abkamen, nutzte Güven die Gelegenheit und zog auf der Innenseite an seinen Rivalen vorbei. Preining ließ den Emil-Frey-Ferrari zwar ebenfalls hinter sich, kassierte nach dem Rennende allerdings eine 0,5-Sekunden-Zeitstrafe anstelle eines verordneten Platztauschs. Somit fiel der Porsche-Werksfahrer im Endklassement hinter Vermeulen auf den siebten Platz zurück.
Doppelt bitter für Preining: Für seinen Zweikampf mit Vermeulen brummte ihm die Rennleitung eine Verwarnung auf. Es war seine dritte in der laufenden Saison, womit er beim nächsten Rennen auf dem Sachsenring (06.-08. September) um fünf Positionen in der Startaufstellung zurückversetzt wird. Das gleiche Schicksal ereilte auch Schubert-BMW-Pilot Rene Rast.
Manthey "nicht ganz happy" mit Rennleiter-Entscheidung
"Wir akzeptieren die Entscheidung des Rennleiters, sind aber nicht ganz happy damit", sagte Patrick Arkenau, Geschäftsbereichsleiter Racing bei Manthey, zu Motorsport-Magazin.com. "Wir würden uns wünschen, dass man wieder etwas mehr Racing zulässt. Wir verstehen aber auch die Rennleitung. Es ist ein zweischneidiges Schwert, man muss schauen, wie viel man zulässt. Ist es zu viel, gelangt man schnell wieder an den Punkt, an dem es schwierig wird, das Ganze einzufangen und die Rennen unfair werden."
Einige Motorsport-Experten wunderten sich, dass Güven in der letzten Runde bis zum Zieleinlauf vor Preining blieb, obwohl er zuvor die Teamorder-Ansage erhalten hatte. Nicht wenige glaubten, dass Manthey lieber Preining, den in der Meisterschaft deutlich besser platzierten der beiden Porsche-Fahrer, vorne gesehen hätte.
Manthey-Leiter Arkenau: "Wir wollen nicht in den Sport eingreifen"
"Wir wollen nicht das Racing behindern oder in den Sport eingreifen", versicherte Arkenau. "Für uns ist nur wichtig, dass die Fahrer wissen, wie sie miteinander umzugehen haben und keine Risiken eingehen, die man gegen den Teamkollegen nicht eingeht." Die Teamorder-Ansage an Güven sei zur Absicherung für Preining gedacht gewesen: Im Falle eines Angriffs auf Vermeulen sollte er sich keine Sorgen machen, dass von hinten kommend Güven in eine sich möglicherweise bietende Lücke reinsticht und beide Autos kollidieren.
Arkenau weiter: "Wenn es eine klare Situation ist wie am Ende, wo ein Fahrer easy vorbeifahren kann, dann würden wir niemals in den Sport eingreifen. Das ist nicht unsere Intention. Wir wollen nur sichergehen, dass es fair ist und wir nicht das unnötige Risiko eingehen, am Ende mit beiden Autos im Kies zu stehen."
Das klingt nach einer ehrenwerten Herangehensweise, doch die aus Sicht von Preining verlorenen Punkte könnten sich im Kampf um die Meisterschaft noch rächen. Der Titelverteidiger belegt nach einem weiteren schwierigen Wochenende den sechsten Platz in der DTM-Tabelle. Sein Rückstand auf Spitzenreiter Kelvin van der Linde (Abt-Audi) ist auf 47 Punkte angewachsen. Teamkollege Güven steht bei 29 Zählern und spielt keine Rolle bei der Titelvergabe.
"Das Ziel lautet, den Titel zu verteidigen", sagte Arkenau. "Solange wir die Chance haben, geben wir nicht auf. Was aber nicht impliziert, dass wir künstlich eingreifen wollen. Wir wollen nur sichergehen, dass wir keine dummen Sachen machen, die am Ende beide Fahrer gefährden. Wenn beide Autos im Kies landen, ist das der Worst Case, den es zu verhindern gilt."
Unverständnis bei Preining und Emil-Frey-Ferrari am Nürburgring
Preining dürfte mit zwei siebten Plätzen in den Rennen alles andere als zufrieden vom Nürburgring abgereist sein. Der 26-Jährige kämpfte am Sonntag zeitweise sogar virtuell ums Podium, bis er von Jack Aitken (Emil-Frey-Ferrari) nach dessen Boxenstopp weit geschickt wurde und zurückfiel. Der Brite kassierte für den Vorfall eine Penalty Lap.
"Der dritte Platz war unserer, bis ich von einem Auto auf kalten Reifen getroffen wurde und alle Plätze verlor, die ich bis dahin aufgeholt hatte", schrieb Preining auf seiner Instagram-Seite. "Es ist schwierig, viele dieser Entscheidungen zu akzeptieren, und dass unsere Gesamt-Performance über weite Teile der Saison nicht auf dem Level des Wettbewerbs war - obwohl das Team an jedem Wochenende unglaubliche Arbeit geleistet hat."
Übrigens: Auch bei Mantheys 'Lieblingsgegner' im Rennen, dem Schweizer Rennstall Emil Frey Racing, herrschte am Sonntag dicke Luft. "Das Podium wäre für Jack drin gewesen, wären nicht die Unsportlichkeiten anderer Fahrer gewesen", war Teamdirektor Jürg Flach überzeugt, und legte nach: "Einmal mehr wurden leider diese Aktionen nicht geahndet." Aitken stimmte mit ein: "Leider erhielten wir eine Strafe, die schlecht begründet war, und andere Fahrer schienen nicht darunter zu leiden!"
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