Brennpunkt #1: Sachsenring-Rückkehr mit Anlauf

Lange wurde gerätselt, warum die DTM dem Sachsenring nach dem bis dato letzten Rennen 2002 für geschlagene 21 Jahre fern blieb. Vor dem Comeback am kommenden Wochenende (08.-10. September) verriet Sachsenring-Geschäftsführer Dr. Lutz Oeser bei Motorsport-Magazin.com: "Es war eine Grundsatzentscheidung des ADAC Sachsen aus wirtschaftlichen Gründen. Alle anderen DTM-Rennstrecken in Deutschland bieten Tribünenplätze an, wir dagegen haben sie aufstellen lassen müssen, was mit Kosten verbunden war. Das bedeutete, dass wir hohe Einnahmen generieren mussten. Letztendlich führte das zum Ergebnis, dass die DTM für uns immer ein Verlustgeschäft war."

Das hat sich jetzt offenbar mit der Übernahme der DTM durch den ADAC als neuem Promotor geändert. Das ADAC GT Masters, an diesem Wochenende erneut im Rahmenprogramm der DTM am Start, gastiert seit dem Seriendebüt 2007 jährlich am Sachsenring. Oeser räumte zudem mit dem Gerücht auf, dass die maximale Anzahl an Lärmtagen ein Thema für die Abwesenheit der DTM gewesen sein soll. "Nein, das war nicht der Grund. Damals wie heute gab und gibt es zehn Tage, an denen wir Großveranstaltungen durchführen können. An dieser behördlichen Vorgabe ist ein möglicher DTM-Event nicht gescheitert."

Brennpunkt #2: Qualifying schon die halbe Miete

Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) hat zuletzt auf dem Lausitzring die Rekordserie in der DTM (neun unterschiedliche Sieger in den ersten neun Saisonrennen) mit seinem zweiten Saisonerfolg beendet. Ein anderer Trend hält hingegen an: In den bisherigen zehn Rennen ging der Pole-Setter siebenmal als Sieger hervor. Überholmanöver im Spitzenfeld bleiben mit den GT3-Autos ein seltenes Kunststück.

Die Qualifyings auf dem Sachsenring zählen zu den wichtigsten der gesamten Saison, denn: Das Streckenlayout bietet nur wenige Überholmöglichkeiten. Der Sachsenring bietet als Motorradkurs viele schnelle Kurven sowie enge Passagen. Die höchsten Geschwindigkeiten werden auf der knapp 800 Meter langen Start-und-Ziel-Geraden erreicht. Ein besonderes Kennzeichen des Traditionskurses sind die enormen Höhenunterschiede mit einem Gefälle von maximal 12,8 und Steigungen von bis zu zehn Prozent. Eine technisch anspruchsvolle Strecke, die allerdings nicht gerade zu Überhol-Orgien einlädt.

Brennpunkt #3: Größerer Restriktor für Porsche 911

Porsche erhält für den Sachsenring ein wichtiges Zugeständnis bei der Balance of Performace. Alle sechs Porsche 911 GT3 R dürfen mit einem 1,5 Millimeter größeren Restriktor (39,5 statt 38 Millimeter) an den Start gehen. Derartige Anpassungen kommen in der DTM eher selten vor, meist wird das Starterfeld über das Fahrzeuggewicht nivelliert.

"Bisher waren wir hoffnungslos auf den Geraden", sagte Laurin Heinrich (Bernhard-Porsche). "Sheldon (van der Linde, BMW) ist Kreise um mich gefahren, deshalb ist es eine gute Änderung. Es geht nicht darum, die Pace des Porsche zu verbessern, sondern darum, ihn vergleichbarer mit anderen Autos zu machen. Um auf der Geraden zu überholen, mussten wir wie die Verrückten reinhalten."

Beim Saisonauftakt in Oschersleben, wo die Porsche äußerst konkurrenzfähig auftraten und im Sonntagsrennen einen Vierfachsieg erzielten, war bereits der größere Restriktor erlaubt, dazu 25 Kilo weniger Gewicht. Am Sachsenring muss Porsche 10 Kilogramm Fahrzeugballast zuladen, womit das Gesamtgewicht des zu diesem Jahr eingeführten Modells auf 1.315 Kilo anwächst.

Die Lamborghini Huracan GT3 Evo2, unter anderem mit DTM-Spitzenreiter Mirko Bortolotti (+20 Kilo für Lausitz-Sieg), sowie die Mercedes-AMG GT3 müssen am Sachsenring ebenfalls 10 Zusatz-Kilos mit sich herumschleppen. Der Audi R8 LMS GT3 sowie der neue Ferrari 296 GT3 erhalten jeweils 5 Kilogramm Ballast. Die BMW M4 GT3 um Titelverteidiger Sheldon van der Linde (Schubert-BMW) dürfen unterdessen 5 Kilogramm ausladen und erhalten einen leichten Ladedruck-Zugewinn über das Drehzahlband verteilt.

Brennpunkt #4: Viele Gerüchte rund um Mirko Bortolotti

In den vergangenen zwei Wochen gab es zahlreiche internationale Gerüchte über den Gesundheitszustand von DTM-Spitzenreiter Mirko Bortolotti nach dessen Unfall bei Testfahrten mit dem neuen LMDh-Auto von Lamborghini. Die Spekulationen reichten von einer leichten Verletzung am linken Bein bis hin zu einem Beinbruch.

In dieser Woche versicherte der SSR-Lamborghini-Fahrer: "Überhaupt keine Schmerzen. Natürlich willst du nie so einen Unfall erleben. Ich hatte ein paar Schrammen und es hat natürlich ein bisschen weh getan. Sonst würde ich lügen, und dafür bin ich nicht der Typ. Hier und da habe ich ein paar Schmerzen gefühlt, aber ansonsten ist alles okay."

Bortolotti reist als Meisterschaftsführender zu den DTM-Saisonrennen Nummer 11 und 12. Mit 138 Punkten hat er sieben Zähler Vorsprung auf den Zweitplatzierten Porsche-Werksfahrer Thomas Preining (Manthey-Porsche, 131 Punkte), der zuletzt die Gesamtführung abgeben musste. Ricardo Feller (Abt-Audi, 119 Punkte) und Sheldon van der Linde (Schubert-BMW, 109 Punkte) folgen auf den Plätzen drei und vier.

Brennpunkt #5: Bangen um die Titelverteidigung

Apropos Sheldon van der Linde: Der amtierende DTM-Champion sieht im Sachsenring ein ganz wichtiges Rennwochenende mit Blick auf die mögliche Titelverteidigung. Der Südafrikaner kennt die Strecke aus dem ADAC GT Masters, hat hier 2018 zusammen mit seinem älteren Bruder Kelvin (5 SaRi-Siege im GT Masters) auf einem Land-Audi gewonnen.

Für den Schubert-Fahrer gilt es, 29 Punkte zu Spitzenreiter Bortolotti aufzuholen. Van der Linde: "Ein Podium wäre wichtig. Das ist wahrscheinlich unser letztes Wochenende, wo wir uns im Kampf um die Meisterschaft halten können. Wenn wir keine Top-5-Ergebnisse holen, könnte es ziemlich eng werden. Das wird für uns eines der wichtigsten Wochenenden." Schützenhilfe von anderen BMW-Fahrern wie Teamkollege Rene Rast erwartete van der Linde nicht: "Das ist doch langweilig für die Fans, und das sehen wir in der Formel 1 genug."

Brennpunkt #6: Mercedes-AMG kommt als klarer Favorit

Der 3,645 Kilometer lange Sachsenring weist mit seinen 10 Links- und nur 4 Rechts-Kurven, die gegen den Uhrzeigersinn befahren werden, sowie dem Achterbahn-Charakter ein eher unübliches Streckenlayout auf. Ein Blick auf die letzten Jahre im ADAC GT Masters zeigt: Mercedes-AMG scheint der Sachsenring am besten zu liegen. Aus 14 Rennen seit 2016 ging der Mercedes-AMG GT3 achtmal als Sieger hervor.

In dieser Zeit gewannen ansonsten nur Audi (4 Mal), Porsche (1x, 2021 durch das heutige DTM-Team SSR-Lamborghini) sowie Corvette (nicht in der DTM vertreten). "Mercedes scheint der Hersteller zu sein, den es zu schlagen gilt", meinte Mirko Bortolotti. Sheldon van der Linde: "Wir hatten letzte Woche einen Test, der war ein bisschen knifflig für die BMW. Mercedes sah ziemlich dominant aus, deshalb erwarte ich sie vorne."

Brennpunkt #7: 'Nur' 27 Autos im DTM-Starterfeld

Auf dem Sachsenring fehlt der zweite Lamborghini Huracan GT3 Evo2 des Grasser Racing Team. Nach dem längst beschlossenen Abschied von Nürburgring-Sieger Maximilian Paul (vertrat bei zwei Events den ursprünglichen Stammfahrer Mick Wishofer) fand sich zunächst kein Nachfolger.

"Wir haben alles versucht, das zweite Cockpit für den Sachsenring zu besetzen, aber in der aktuellen Lage keine ergiebige Lösung gefunden", sagte Teamchef Gottfried Grasser. "Wir bedauern sehr, von der Teilnahme des zweiten Autos absehen zu müssen, doch wir freuen uns darauf, für den Red Bull Ring und den Hockenheimring in Kürze positive Neuigkeiten vermelden zu können."

Vermutlich wird es sich dabei um einen Fahrer aus dem Lamborghini-Werkskader handeln. Als heißer Kandidat gilt der Italiener Andrea Caldarelli, der schon 2017 mit GRT den Blancpain Endurance Cup (heute: GT World Challenge) gewann und keine Überschneidungen mit den letzten beiden DTM-Rennwochenenden hätte. Caldarelli springt dieses Wochenende bereits bei der WEC in Fuji im LMP2 von Prema für den wegen der DTM verhinderten Bortolotti ein.

Brennpunkt #8: Drei Grid-Strafen für den Sachsenring

Drei Fahrer reisen mit dem Nachteil einer 5-Platz-Gridstrafe für das Samstagsrennen an den Sachsenring: Franck Perera (SSR-Lamborghini), Laurin Heinrich (Bernhard-Porsche) sowie SaRi-Experte Kelvin van der Linde (Abt-Audi). Perera kollidierte in der Lausitz ausgerechnet mit Lambo-Markenkollege Clemens Schmid (GRT) und brachte den Österreicher um ein mögliches Podium. "Wir haben kurz gesprochen und waren uns einig, dass wir uns nicht einig sind", war Schmid genauso wenig begeistert wie die Rennleitung.

Porsche-Youngster Heinrich bekam die Sachsenring-Gridstrafe für eine Kollision mit Patric Niederhauser (Attempto-Audi) aufgebrummt. Kelvin van der Linde wurde am Lausitzring für einen Kontakt mit Jack Aitkens Ferrari verwarnt - und das zum dritten Mal in der laufenden Saison, was eine 5-Platz-Gridstrafe nach sich zieht. Zwei Verwarnungen kassiert haben bislang Sheldon van der Linde, Luca Stolz, Ricardo Feller, Tim Heinemann, Thierry Vermeulen, Thomas Preining und Mirko Bortolotti.