Der Bayerische Rundfunk (BR) hat in einem Online-Bericht über die DTM den neuen Ausrichter ADAC kritisiert, dabei auch Ex-Chef Gerhard Berger aufs Korn genommen und über Verkaufspreise spekuliert.

Der BR mutmaßt mit Blick auf die letzten Jahre der DTM unter Führung der ITR GmbH, die zum Jahresende nach 36 Jahren aufgelöst wird: "Große Visionen und am Ende ein Scheitern. Die DTM unter dem früheren Formel-1-Piloten Gerhard Berger hatte zwar über die vergangenen zwei Jahre viel Aufmerksamkeit, am Ende allerdings kein Geld mehr. Nun springt der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) zu Hilfe und kündigt eine Art Neuausrichtung des deutschen Motorsports an."

Kein Geld mehr? Dann muss man sich bei den Zahlen, die Motorsport-Magazin.com aus Hersteller- und Industriekreisen vorliegen, wirklich wundern. Die dortigen gut informierten Quellen behaupten, dass Berger von den Herstellern nach deren Ausstieg eine Mitgift von rund 16 Millionen Euro (das Vermögen der "alten" ITR) erhalten und sich zudem ein persönliches Gehalt von jährlich angeblich rund einer Million Euro 'genehmigt' habe. Diese Zahlen sind allerdings zu keinem Zeitpunkt offiziell bestätigt worden.

Zudem soll die ITR unter Berger trotz der werksseitigen Ausstiege von Audi und BMW Ende 2020 und dem damit verbundenen Fahrzeugwechsel von Class-1-Prototypen zu GT3-Sportwagen finanziell unterstützt worden sein. Dem Vernehmen nach soll jeder Hersteller mehr als zwei Millionen Euro in die ITR-Kasse eingezahlt haben.

Die 18 Millionen Euro, die Berger laut dem BR-Bericht für den Verkauf der Markenrechte an der DTM angeblich sehen wollte, wurden laut ADAC "definitiv nicht gezahlt". Dass es aber "auch nicht nur Hunderttausend Euro sind", sei auch klar, hieß es von Seiten des ADAC. Kolportiert wird ein Betrag in Höhe von acht bis neun Millionen Euro, zahlbar über drei Jahre, die Berger nur für die Markenrechte an der DTM erhalten soll. Die Beteiligten schweigen zu diesen bemerkenswerten Zahlen, dementieren sie aber auch nicht.

DTM-Insider fragen sich, warum der ADAC das Pokerspiel um die Millionenzahlung an den Namensrechten nicht ausgereizt hat, weil Berger am Ende des Tages (nach der ITR-Auflösung zum 31.12.2022) möglicherweise mit leeren Händen dagestanden wäre.

Der immense Druck vor allem von Herstellern, Teams, Partnern und Sponsoren sei zu groß gewesen, die Beteiligten mit einer Entscheidung zur Übernahme und Ausrichtung der DTM noch länger warten zu lassen, sagte ein ADAC-Sprecher auf Anfrage von Motorsport-Magazin.com. Das heißt im Klartext, dass Berger sich diesen Umstand zu Nutze gemacht hat.

Unabhängig davon wird der ADAC in der Rennszene schon jetzt als "Retter der DTM" bezeichnet. Der BR sieht das kritischer, weil die 'Gelben Heilsbringer' besser vor der eigenen Tür gekehrt hätten, denn dem eigenen Produkt, dem ADAC GT Masters, habe es im sportlichen Bereich sowie an der Vermarktung gemangelt.

Stattdessen hätte der Automobilclub in der abgelaufenen Saison trotz weniger eingeschriebener GT3-Sportwagen in seiner Rennserie als in den Vorjahren den "Strahlemann" gespielt, was angesichts des zu erwartenden ITR-Kollapses auch wenig verwunderlich ist.

Wie es mit dem erstmals 2007 ausgetragenen ADAC GT Masters in Zukunft weitergeht, steht offiziell noch nicht fest. Hinter den Kulissen soll nach harter öffentlicher Kritik einiger weniger Teamchefs und vor allem Interessenskonflikten mit dem Le-Mans-Veranstalter ACO (Rechtehalter an der LMP3-Kategorie) bereits eine Entscheidung gefallen sein: Das ADAC GT Masters soll weiter ausschließlich mit GT3-Autos im Rahmen einiger DTM-Rennwochenenden ausgetragen werden.

Dieses mögliche Szenario hatte Motorsport-Magazin.com schon Anfang Dezember exklusiv spekuliert und dabei von bis zu vier gemeinsamen Events gesprochen. Als Highlight wurde den GTM-Teams inzwischen ein Auftreten mit der DTM auf dem Nürnberger Norisring vom 07. bis 09.07.2023 in Aussicht gestellt. Einzelheiten zu den neuen Plänen will der ADAC Anfang Januar 2023 öffentlich kommunizieren.

Der ADAC teilte wenige Tage vor Weihnachten gegenüber Motorsport-Magazin.com mit: "Auf das Anfang Dezember vorgestellte Konzept der DTM Endurance haben wir gemischte Reaktionen erhalten. Wir nehmen das Feedback ernst und prüfen daher, ob wir an dem Konzept der DTM Endurance nochmals Anpassungen vornehmen, um die Bedürfnisse der bisher im ADAC GT Masters und Prototype Cup Germany engagierten Teams stärker zu berücksichtigen."

Die ursprüngliche Idee, das ADAC GT Masters in einem gemischten Feld aus GT3- und LMP3-Boliden unter dem Namen 'DTM Endurance' fortleben zu lassen, soll nach weiteren Meetings inzwischen vom Tisch sein.