Nach monatelanger Ungewissheit steht seit der offiziellen Verkündung des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs e.V. (ADAC) am 08. Dezember 2022 fest, dass der Verkehrsclub, der Ende Mai 2023 sein 120-jähriges Bestehen feiert, die Organisation und Durchführung der DTM sowie deren Namensrechte von der bisherigen Dachorganisation ITR GmbH - die aufgelöst wurde - übernommen hat.

In diesem Zusammenhang wurde auch ein Terminkalender mit acht Events und 16 Rennen in Deutschland, Holland und Österreich kommuniziert. Für die Planungen der interessierten Hersteller und Teams waren diese Nachrichten äußert wichtig. Was fehlte war die ebenso spannende Frage, wo die DTM demnächst im Fernsehen zu sehen sein wird...

Ein für alle Beteiligten enorm dringendes Thema, weil davon u. a. auch Sponsorenzahlungen abhängig sind, denn die bisherigen, für 2023 noch laufenden Verträge haben nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wegen der Auflösung der ITR keine Gültigkeit mehr.

Die ProSiebenSat.1 Media SE mit Sitz in Unterföhring bei München hat die TV-Rechte an der DTM 2017 von der ARD übernommen, just in dem Jahr, als Gerhard Berger den langjährigen DTM-Chef Hans Werner Aufrecht auf Wunsch der drei Motorsportchefs von Audi, BMW und Mercedes beerbte.

Vier Wochen nach seinem Amtsantritt im März 2017 sagte Berger in einem Interview mit der "Rhein-Zeitung": "Ich würde mich sehr wohl fühlen, wenn wir mit der ARD einen guten Weg in die Zukunft finden könnten." Nur ein halbes Jahr später, Mercedes hatte gerade den werksseitigen Ausstieg aus der DTM verkündet, kritisierte der neue DTM-Boss Berger in einem "kicker"-Interview die ARD wegen "fehlendem Herzblut".

"Im Fernsehen haben wir pro Wochenende zirka zwei Millionen Zuschauer. Das ist sehr gut, aber ich finde es so schade für unseren guten Sport, dass die ARD ihre Übertragungen weder groß ankündigt noch sie promotet. Denn das Potenzial sind nicht nur zwei Millionen, sondern drei Millionen. Wenn mehr Leute es wüssten, würden sie alle gerne schauen."

Foto: ITR
Foto: ITR

Ob Berger die öffentliche Schelte vor oder nach dem ARD-Ausstieg öffentlich gemacht hat, ist nicht bekannt. Fakt ist nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus ARD-Kreisen aber, dass der öffentlich-rechtliche TV-Sender nach 18-jähriger ununterbrochener Zusammenarbeit mit dem DTM-Rechteinhaber und -vermarkter ITR e.V. sich nicht um die Übertragungsrechte der DTM ab 2018 beworben hat.

Stattdessen feierte die ITR die neue Partnerschaft mit dem Sat.1-Format "ran racing" als "ein starkes Zeichen für die Serie". Dass die TV-Quoten und der Marktanteil nach dem Wechsel von der ARD zu Sat.1 signifikant sanken, statt wie erhofft stiegen, wurde natürlich öffentlich nicht kommuniziert.

Auch der zu Saisonbeginn 2022 vollzogene Wechsel innerhalb der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE von Sat.1 zu ProSieben brachte nicht den gewünschten Erfolg, obwohl der TV-Sender beim jüngeren Publikum - der TV-Zielgruppe bei den 14-49-Jährigen - sogar beliebter als Sat.1 ist.

Dem Vernehmen nach soll der Münchner Privatsender großes Interesse an der Fortführung seines DTM-Engagements zeigen. Anfang September 2022 wurde nämlich bekannt, dass sich RTL ein umfangreiches Rechtepaket der amerikanischen Profiliga National Football League (NFL) gesichert und damit nach mehr als zehn Jahren ProSiebenSat.1 abgelöst hat - sehr zum Bedauern der Verantwortlichen, deren Sportangebot damit eine wichtige Säule verloren hat. Die DTM könnte wie schon zuletzt neben der SUV-Rennserie Extreme E und der Formel-E-Weltmeisterschaft erneut in den ProSieben-Focus rücken.

Der in der TV-Szene als lukrativ bezeichnete RTL-Vertrag (die TV-Zuschauerzahlen haben sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, was durchschnittlich 1,84 Millionen beim letzten Super Bowl beweisen), gilt nach Angaben des Kölner Senders von der Saison 2023/24 an für insgesamt fünf Spielzeiten. American Football sei nach Fußball die beim 14- bis 49-jährigem Publikum begehrteste Sportart hierzulande, heißt es.

Für ProSiebenSat.1 ist der RTL-Deal ein schwer zu verdauender Schlag und der nächste könnte unmittelbar folgen. Denn nach Informationen von Motorsport-Magazin.com hat RTL, wie schon einmal zu Zeiten, als Hersteller und nicht Kundenteams um die DTM-Titel kämpften, ein erneutes Interesse an der äußerst populären Rennserie bekundet. Damals zogen die Kölner den Kürzeren, weshalb die DTM-Fans bei der ARD weiterhin in der ersten Reihe saßen.

Foto: DTM
Foto: DTM

Für TV-Kenner liegt das mögliche Interesse von RTL klar auf der Hand. Die Verantwortlichen wissen, dass "NITRO" (den Zusatz "RTL NITRO" gibt es nicht mehr) zwar die Rechte am ADAC GT Masters hat, aber diese GT3-Serie wird in der bisherigen Form vom ADAC nicht mehr ausgeschrieben, weil der Nummer-1-Status bei den insgesamt acht Events nun von der "DTM", deren mediale Strahlkraft sogar für weltweites TV-Interesse sorgt, eingenommen wird.

Bei der nötigen, neuen TV-Ausschreibung des ADAC ist klar davon die Rede, dass die "DTM" das Hauptereignis der jeweiligen Rennwochenenden ist. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com buhlen zwei namhafte und wie es der ADAC in einer Presseinfo formulierte, "starke TV-Sender im frei empfangbaren Fernsehen" um die TV-Rechte ab 2023. Nach Meinung von TV- und Marketing-Experten dürften dabei die Vertragslaufzeit und die Kosten eine wohl entscheidende Rolle spielen.

Die TV-Verhandlungen wurden nach MSM-Infos in der vergangenen Woche aufgenommen und in dieser Woche fortgesetzt. Ob es noch vor Weihnachten oder erst Anfang Januar zu einer finalen Verkündung kommt, ließ der veranstaltende ADAC zunächst offen.

Ein Sprecher des Automobilclubs bestätigte gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass auch die vom ADAC neu ins Leben gerufene "DTM Endurance", die laut Medienberichten wegen großer Kritik seitens einiger weniger GT3- und LMP-Teams sowie einer möglichen Konkurrenzsituation mit dem Michelin-Le-Mans-Cup-Veranstalter ACO angeblich auf der Kippe steht, live im Fernsehen zu sehen sein wird.

Kein schlechter Deal, wie Teams der früheren Formel-3-Euroserie bestätigen dürften, denn der Formel-Nachwuchs bekam in der damaligen Hersteller-DTM eine erstklassige Bühne geboten, um auf dem Karriereweg auf sich nachhaltig aufmerksam zu machen.