Die Neugestaltung von Motorsport-Deutschland durch den ADAC kommt bei vielen Fans und Szene-Kennern in den ersten Reaktionen gut an - es gibt aber auch Kritiker. Kein Blatt vor den Mund nahm dabei Christian Land, Teammanager des zweifachen Meisterteams im ADAC GT Masters, Land-Motorsport, der seit 2019 zudem die Interessen der Teams in der Serie vertritt.

Einen Tag nach der Verkündung, dass das seit 2007 ausgetragene ADAC GT Masters ab der kommenden Saison in einem neuen Format unter dem Namen 'DTM Endurance' fortgeführt wird und ins Rahmenprogramm der DTM wandert, sprach Land deutlich Klartext.

Land: "Rückschritt für den deutschen Motorsport"

"Das vorgestellte Konzept ist für mich eine Enttäuschung. Wir fühlen uns regelrecht vor den Kopf gestoßen. Das ist ein Rückschritt für den deutschen Motorsport - das ADAC GT Masters war eine professionelle Top-Serie, jetzt findet es irgendwo am Rande statt. Besonders einschneidend ist die Umstrukturierung für all die Teams, die sich in den letzten Jahren auf das ADAC GT Masters als Hauptbetätigungsfeld spezialisiert haben. Hier kommen nun viele Aspekte zusammen, die sich existenzbedrohend auswirken können", erklärte Land auf der offiziellen Webseite des Teams.

Hinter der ab 2023 ausgetragenen DTM Endurance steckt ein gemischtes Starterfeld aus GT3-Autos des bisherigen ADAC GT Masters und LMP3-Boliden des jungen Prototype Cup Germany. Zwei Fahrer wechseln sich weiterhin im Auto ab. Die je zwei Rennen pro Rennwochenende sollen rund eine Stunde dauern. Die Rennen werden bei sechs bis sieben noch zu definierenden Veranstaltungen im Rahmenprogramm der DTM ausgetragen und nicht mehr auf einer eigenständigen Plattform.

Land-Teammanager Christian Land, Foto: Gruppe C Photography
Land-Teammanager Christian Land, Foto: Gruppe C Photography

Voss: Attraktivität durch Zusammenlegung gesteigert

Die Frage, ob sich Teams aus dem bisherigen ADAC GT Masters abgewertet fühlen könnten, kam auch bei der ADAC-Pressekonferenz am Donnerstag in München auf. ADAC-Motorsportchef Thomas Voss entgegnete: "Ich glaube, dass wir die Attraktivität durch das Zusammenlegen mit den Prototypen sogar gesteigert haben. Ich sehe überhaupt keinen Anlass für ein ADAC-GT-Masters-Team, aufgrund dieser neuen Konstellation, die wir anbieten möchten, in eine andere Serie aufzubrechen."

Ein Thema, das schon in der Vergangenheit bei den gemeinsamen Events von DTM und ADAC GT Masters in den Jahren 2016 und 2017 eine Rolle spielte: Die meisten Rennstrecken bieten nicht ausreichend Platz in den Boxenanlagen, um zwei komplette Rennserien unterzubringen. "Vielleicht lässt sich am Lausitzring beides unterbringen. Wahrscheinlich wird das ADAC GT Masters ausweichen müssen", sagte Voss.

Land: Teams entstehen Mehrkosten

Laut Christian Land würden den Teams der DTM Endurance bzw. des ADAC GT Masters dadurch Mehrkosten anfallen, etwa durch den Kauf von Zelten, Kommandoständen oder Boxenwagen: "Dies ist nötig, da aus einer Haupt- eine Rahmenserie wird, die von den Boxen ins Fahrerlager ziehen muss. Damit einhergehend geht die Vermarktungsgrundlage verloren. Das hat unter anderem damit zu tun, dass GT3- und LMP3-Fahrzeuge künftig in einem Rennen starten sollen. Die Prototypen haben leistungstechnisch einen Vorteil und werden daher die ersten Plätze unter sich ausmachen. Die GT3-Fahrzeuge können da in der Regel nicht mithalten."

Das wirke sich negativ auf die TV-Zeit der GT-Teams aus, andererseits auf die Fahrersuche und Finanzierung. Wer 2023 TV-Partner der DTM bzw. der DTM Endurance wird, stand zunächst nicht fest. Gespräche mit den bisherigen Sendern ProSieben (DTM) und RTL-Nitro (ADAC GT Masters) beginnen nach Informationen von Motorsport-Magazin.com in der kommenden Woche. Land: "Uns Teams werden die Argumente genommen, was noch für ein Cockpit in einem GT3-Fahrzeug spricht. Wer um den Gesamtsieg kämpfen will, kann das für weniger Geld in einem LMP3-Auto."

Welche Fahrer starten in welcher Rennserie?

Kritisch reagierte der Teammanager des langjährigen Audi-Kundenteams auch auf eine mögliche Aufteilung der Fahrer anhand ihrer Einstufungen in die DTM bzw. in die DTM Endurance. Land: "Unser Konzept im ADAC GT Masters hat sich stets an Nachwuchsfahrer gerichtet, die sich das Cockpit mit einem erfahrenen Profi teilen und dadurch viel lernen können. Dies wird so nur noch schwer möglich sein. Für die Vorbereitung auf die Saison heißt das nun für viele Teams, sich neu zu orientieren. Verträge, die bis jetzt zum Beispiel mit Fahrern geschlossen wurden, haben womöglich keinen Bestand mehr."

Welche Fahrer mit welchen Kategorisierungen in der DTM bzw. in der DTM Endurance antreten dürfen, ist noch ein Thema. ADAC-Motorsportchef Voss: "Wir besprechen, dass sich beide Serien deutlicher unterscheiden müssen als vorher. Wir können uns zum Beispiel vorstellen, dass im ADAC GT Masters keine Platin-Fahrer mehr fahren. Die sollten auch auf der DTM-Plattform fahren. Wir besprechen mit den Renn-Teams, welche Kombinationen in Frage kommen."

Name ADAC GT Masters soll erhalten bleiben

Immerhin: Der Name 'ADAC GT Masters' soll trotz der Umbenennung der Rennserie nicht verschwinden. Möglicherweise werden die bestplatzierten GT3-Fahrer der DTM Endurance als ADAC GT Masters-Champions bezeichnet, womit der Name erhalten bliebe. Voss: "Das ADAC GT Masters hat sich 16 Jahre lang hochgearbeitet. Wie wir den Namen nutzen, müssen wir noch entscheiden. Es wäre schade, so einen Namen verschwinden zu lassen."

Das DTM-Team Abt Sportsline teilte unterdessen in einer ersten Reaktion durch CEO und Teamchef Thomas Biermaier mit: "Jeder bei ABT Sportsline ist erleichtert, dass die Zukunft der DTM gesichert ist. Sie ist und bleibt die wichtigste Rennserie Deutschlands. Die Pläne des ADAC klingen vielversprechend und wir haben mit dem ADAC in der Vergangenheit immer gut zusammengearbeitet. Natürlich gibt es vor der neuen Saison noch viele Details zu klären, aber alles, was wir bisher gehört haben, passt für uns. Unser Ziel ist unverändert, 2023 mit mindestens zwei Fahrzeugen in der DTM an den Start zu gehen."