Das Interesse an der DTM unter der neuen Führung des ADAC ist groß - bislang ist aber nur BMW M Motorsport vorgeprescht und hat als einziger Hersteller die Teams und einen Teil des Fahreraufgebots öffentlich kommuniziert. Viele Fans fragen sich: Wo bleiben die anderen Marken?

Dieser Vorgang sorgte auch hinter den Kulissen tatsächlich für einige Irritationen rund um DTM-Einschreibungen für die Saison 2023. Motorsport-Magazin.com schlüsselt auf, was hinter dieser Vorgehensweise steckt. Der Reihe nach: Die Online-Einschreibung für interessierte DTM-Teams begann am 25. Januar 2023 und endete am vergangenen Montagabend nach fast 13 Tagen um 23:59 Uhr.

Eine von einigen Teams geforderte Verlängerung dieser Frist, weil noch nicht alle Details wie beispielsweise der übertragende TV-Sender offiziell bekannt sind, hat der ADAC abgelehnt. Das hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass es mehr DTM-Interessenten als freie Plätze gibt.

Die vorgeschriebene Einschreibefrist sei abgelaufen und würde auch nicht verlängert, bestätigte ein ADAC-Sprecher die Recherchen von Motorsport-Magazin.com. Auch das weitere Vorgehen ist klar geregelt. Demzufolge akzeptiert der größte Verkehrsclub Europas nur Einschreibungen, bei denen neben dem Team auch das Fahrzeug sowie der Fahrer genannt und das Nenngeld (95.000 Euro plus Umsatzsteuer) vollständig auf das Konto des ADAC überwiesen wurde.

DTM-Starterfeld 2023: Es tut sich etwas

Erst wenn das geschehen ist, kann sich der ADAC darüber Gedanken machen, welche Fahrer und Teams tatsächlich angenommen werden. Nach dieser Entscheidung wird den an der DTM 2023 teilnehmenden Teams eine offizielle Bestätigung durch den ADAC schriftlich mitgeteilt. Eine dann folgende öffentliche Kommunikation ist in Absprache mit den ausgewählten Teams für die Kalenderwoche 7 vom 13. bis 19. Februar vorgesehen.

An genau dieses Vorgehen haben sich BMW M Motorsport und auch das BMW-Team Schubert Motorsport laut ADAC nicht gehalten, denn beide haben am vergangenen Dienstag (07.02.) ihr Engagement in der DTM offiziell kommuniziert, obwohl das Auswahlverfahren des ADAC noch gar nicht stattgefunden hat und es, wie der ADAC betont, diesbezüglich auch keine Absprachen mit BMW M Motorsport und dem BMW-Team Schubert gab. Kein anderer Hersteller hat bislang Teams und/oder Fahrer für den Einsatz in der DTM-Saison 2023 bekanntgegeben.

BMW räumt Nachlässigkeit ein

Eine Sprecherin von BMW M Motorsport räumte auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com eine Nachlässigkeit ein: "Der Hinweis des ADAC bezüglich der geplanten Kommunikation in KW7 wurde bei uns leider übersehen. Wir wollten nicht vorpreschen und freuen uns darüber sicher auch nicht." Bei Schubert erklärte man die Presseaussendung damit, dass sie mit BMW M Motorsport abgesprochen gewesen sei.

Auch die Tatsache, dass in der Pressemittelung von BMW M Motorsport von einer Zusammenarbeit mit dem ADAC bezüglich eines zweiten Fahrers im BMW Team Projekt 1 die Rede ist, hat für Verwirrung gesorgt. Wörtlich heißt es darin: "Als neues DTM-Team setzt Project 1 zwei BMW M4 GT3 ein. Einen davon pilotiert der zweimalige DTM-Champion Marco Wittmann (GER)." Der zweite Fahrer würde aktuell unter "potenziellen Kandidaten evaluiert", in enger Abstimmung zwischen dem Team, BMW M Motorsport und dem ADAC ausgewählt und zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

"Ein Champion wie Wittmann ist aus unserer Sicht mit seinem Können und seiner Erfahrung die perfekte Wahl als Teamleader", meinte Andreas Roos, Leiter BMW M Motorsport zum Engagement des Franken in einem völlig neuen DTM-Team. Dabei ist interessant, dass Hans-Bernd Kamps und Jörg Michaelis, Gründer der tolimit GmbH, den zweiten Nicht-BMW-Werksfahrer in ihrem geplanten DTM-Team Project 1 noch nicht benannt haben und es im Gegensatz zu Schubert- und BMW M Motorsport auch noch keine offizielle Pressemitteilung des Teams aus Lohne gibt.

Ein ADAC-Sprecher betont ausdrücklich, dass es eine Absprache zwischen den drei Parteien (ADAC, BMW M Motorsport und dem Team Project 1) definitiv nicht gegeben hätte. "Wir werden keinen Einfluss darauf nehmen, Fahrer bei Herstellern oder Teams unterzubringen. Wenn es tatsächlich so gewesen wäre, hätten wir uns Valentino Rossi gewünscht!"

Das sagt Kamps zum zweiten Project-1-Fahrer

Bezüglich des zweiten Fahrers erklärte Project-1-Teamchef Hans-Bernd Kamps im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com, dass diesbezüglich die Einschreibegebühr überwiesen worden sei, der Name aber erst nach Abstimmung mit dem ADAC und BMW M Motorsport kommuniziert werde.

Kamps' Philosophie, junge und talentierte Fahrer über den BMW M2 Cup, den man im Auftrag von BMW M Motorsport organisiert und durchführt, die GT4 Germany bis hin in die DTM als Spitze der Pyramide fördern zu wollen, ist nachhaltig. Laut Kamps sei "daran schließlich auch der ADAC interessiert" - womit der Hinweis in der Presseinfo Sinn macht.

Fakt ist und das hat der ADAC gegenüber Teams, Herstellern und Medien öffentlich kommuniziert, was er sich für das Teilnehmerfeld der DTM 2023 wünscht. Dazu heißt es in der DTM-Team-Info 01/2023 unter dem Stichwort "Einschreibekriterien" expliziert: Zielsetzung für die DTM-Saison 2023 ist die Zusammenstellung eines möglichst kompetitiven, vielfältigen und ausgeglichenen Starterfeldes. Hierzu liegt der Fokus auf Profipiloten und Profirennteams, die idealerweise aus dem bisherigen ADAC GT Masters- und DTM-Umfeld stammen und mehr als ein Rennfahrzeug in der DTM einsetzen.

Zudem werden international erfolgreiche Fahrer- und Teamkonstellationen berücksichtigt. Ein großes Interesse besteht darüber hinaus an einer möglichst großen Marken- und Herstellervielfalt sowie an Rennteams, die in der Saison 2023 in mehreren ADAC-Rennserien auf der DTM-Plattform starten.

Gerücht: Rockenfeller oder Glock vor DTM-Rückkehr?

Neben einem möglichen Youngster werden nach Informationen von Motorsport-Magazin.com auch der frühere DTM-Champion Mike Rockenfeller sowie interessanterweise auch Ex-BMW-Werksfahrer Timo Glock, den Kamps früher schon einmal gemanagt hat, als mögliche Project-1-Kandidaten hinter den Kulissen gehandelt.

Auch diese namhaften Fahrer wären sicher ganz nach dem Geschmack des ADAC, obwohl sie nicht mehr zu den Jungspunden gehören. Insbesondere Glock würde bei einem möglichen Engagement wohl vor Ehrgeiz brennen und seinem ehemaligen Arbeitgeber zeigen wollen, dass die Entscheidung, seinen Vertrag nicht zu verlängern, falsch war...

Übrigens: Wie man im Sinne des ADAC richtig kommuniziert, hat das Team Engstler Motorsport aus Wiggensbach bewiesen.

In einer eigenen Presseinfo hat die Truppe aus dem Allgäu lediglich mitgeteilt, dass man mit Audi und dem R8 LMS GT3 evo II durchstarten möchte und sich dabei u. a. auch ein Engagement auf der ADAC-Plattform mit der DTM und/oder dem ADAC GT Masters vorstellen könnte: "Um welche Serien es sich genau handelt und wer die Autos über die Ziellinie bringt, wird erst in den nächsten Wochen bekannt gegeben."