Zweiter Versuch der DTM, auf dem Lausitzring durch die berüchtigte erste Ovalkurve zu rasen. Der erste war 2003 nach zwei Totalschäden im Training aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Seit dem heutigen Dienstag liegt die Genehmigung, die 300 Meter lange erste Kurve nach der Start/Ziel-Geraden zu nutzen, offiziell vor.

Das hat Niels Wittich, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB) und des Automobil-Weltverbandes FIA mit einer Einschränkung gegenüber Motosport-Magazin.com bestätigt: "Formel-Fahrzeuge sind auf diesem Layout nicht zugelassen." Ansonsten seien alle Sicherheitseinrichtungen erfüllt.

Zuletzt ist der Formel-3-Cup 2006 beim "Eastside 100" durch das Lausitz-Oval gerast. Bei einem Trainingsunfall hatte der britische Titelanwärter Joey Foster eine Lendenwirbelfraktur erlitten und musste sich deshalb dreier Operationen unterziehen.

Wittich, der neben Streckenabnahmen im In- und Ausland auch als permanenter Renndirektor der DTM und dabei erstmals in Zolder (6. bis 8. August) im Einsatz ist, wies zudem interessanterweise daraufhin, dass der Asphalt in der ersten Kurve glatt aber nicht wellig sei. Genau dieser Fakt hatte in der Vergangenheit an einigen anderen Streckenabschnitten zu abenteuerlichen "Hüpfern" geführt.

Teams üben Kritik an der Oval-Entscheidung

Ende Juni hatte die DTM-Dachorganisation gegen den Willen der meisten Teams entschieden, die Ovalkurve in das "normale" Streckenlayout einzubeziehen. In einer offiziellen Pressemitteilung der DTM-Dachorganisation ITR hieß es dazu: "Wir wollen die Einzigartigkeit des Lausitzrings nutzen und den DTM-Fans exklusiv dieses Extra-Spektakel heuer und auch in den kommenden Jahren bieten", meinte Frederic Elsner, Director Event & Operations ITR. "Das wird ein atemberaubendes, unvergessliches Erlebnis, wenn die Fahrer mit Highspeed diesen Kurs meistern müssen - Rennaction pur!" Wie Elsner in der aktuellen Ausgabe des ran-Podcasts sagte, hat die DTM ein mehrjähriges Exklusivrecht zur Nutzung der Streckenführung durch Turn 1 des Ovals.

Dagegen hält sich die Begeisterung bei vielen DTM-Teams in Grenzen. Die Idee sei unverantwortlich und zudem gefährlich, das hätte bereits die Vergangenheit bewiesen. Die Kritik hat auch damit zu tun, dass die Teams beim offiziellen, dreitägigen DTM-Test Anfang Mai nicht durch die Ovalkurve gefahren seien, sondern wie in den vergangenen 18 Jahren das zu diesem Zeitpunkt noch vorgesehene Layout mit dem Infield genutzt hätten. Demzufolge seien die auf dieser Streckenvariante gesammelten Daten nur noch bedingt nutzbar.

Außerdem gäbe es keine Erfahrungswerte mit der weicheren Reifenmischung (S8M) von Exklusivausrüster Michelin. Auch sei die Gefahr groß, dass Autos - wie schon 2003 - bei möglichen Unfällen nicht vor Ort repariert werden könnten. Das hätte dann möglicherweise zur Folge, dass der nächste DTM-Event, der nur weniger als zwei Wochen später im belgischen Zolder über die Bühne geht, gefährdet sei.

Spektakuläre Turn-1-Unfälle 2003

Das beim Saisonstart in Monza mit Kelvin van der Linde siegreiche Team ABT-Sportsline erinnert in einer eigenen Pressemitteilung an einen denkwürdigen 6. Juni 2003: Die DTM hätte schon einmal die Steilkurve des Triovals und Turn 1 nutzen wollen. An die Streckenvariante, die auch in diesem Jahr vorgesehen ist, hätte das Team aber keine guten Erinnerungen.

"An den Abt-Audi TT-R von Christian Abt und Laurent Aiello platzten damals im ersten Training kurz hintereinander die Vorderreifen (von Dunlop, d. Red.), weil sie den hohen Belastungen des Bankings nicht gewachsen waren", heißt es in der Presseinfo. "Die folgenden Mauereinschläge waren so heftig, dass die beiden Autos vor Ort nicht mehr repariert werden konnten und die damaligen Audi-Junioren Martin Tomczyk und Peter Terting ihre Autos abtreten mussten. Für den Rest des Wochenendes wurde wieder die "normale" Streckenvariante genutzt."

Motorsport-Magazin.com hatte am 2. Juli in einem Artikel von einem mit Vorsicht zu genießendem Spektakel geschrieben, bei dem die Piloten nach der Start/Ziel-Geraden nicht wie üblich in die erste Linkskurve und damit ins Kurvengeschlängel des Infields einbiegen, sondern stattdessen den geraden Weg direkt in die rund 300 Meter lange Linkskurve nehmen. Nach Meinung von Experten und im Gegensatz zu vielen anderen angeblichen Insidern kann ein GT3-Sportwagen die Ovalkurve nicht mit Vollgas und Höchstgeschwindigkeit durchfahren. Zum Vergleich: Die Formel-Rennwagen des Formel-3-Cups erzielten 2006 einen Topspeed von 250 km/h.

Die jetzt vorgesehene, 4,562 km lange Streckenvariante des 2000 eröffneten EuroSpeedway Lausitz, der aktuell den Namen DEKRA Lausitzring trägt, gilt im Vergleich zur Grand-Prix-Strecke als wesentlich schneller. Seit Beginn des neuen Jahrtausends fuhr die DTM jährlich auf der ähnlich langen Grand-Prix-Variante (4,570 bzw. 4,534 km) oder der Kurzanbindung mit einer Länge von 3,478 Kilometern.

Reifenplatzer führten 2003 bei Laurent Aiello (Foto) und Christian Abt zu schweren Unfällen, Foto: LAT Images
Reifenplatzer führten 2003 bei Laurent Aiello (Foto) und Christian Abt zu schweren Unfällen, Foto: LAT Images

Wie schon 2003 bei den Reifenplatzern an den beiden Abt-Audi TT-R dürfte die Ovalkurve auch heuer zu einer nicht unwesentlichen Belastung für die Reifen des neuen DTM-Partners Michelin führen. Während sich die Erfahrung der meisten Teams mit Steilkurven in Grenzen hält, kann das französische Unternehmen zumindest auf seine Erfahrungen beim 24-Stunden-Rennen von Daytona zurückgreifen.

Optionaler Track-Test für DTM-Teams

Die Ovalkurve eins auf dem Lausitzring ist übrigens nicht - wie vielfach kommuniziert - eine Steilkurve wie beispielsweise auf dem Daytona International Speedway an der Ostküste Floridas, sondern eine leicht überhöhte Kurve mit einem Neigungswinkel von lediglich 5,7 Grad. Zum Vergleich: Der Neigungswinkel auf dem benachbarten DEKRA-Test-Oval liegt bei 43 Grad!

Der Neigungswinkel in Turn 1 beträgt lediglich 5,7 Grad, Foto: LAT Images
Der Neigungswinkel in Turn 1 beträgt lediglich 5,7 Grad, Foto: LAT Images

Die DTM-Teams erhalten am Freitagmorgen (23.07.) die Gelegenheit, sich ab 09:00 Uhr in einem optionalen 40-minütigen Track-Test an die neuen Bedingungen zu gewöhnen, bevor um 13:00 Uhr das erst von zwei Freien Trainingssitzungen ansteht.

Erfreulich für DTM-Fans: Es sind endlich auch wieder Besucher auf den Tribünen zugelassen. Das mit den jeweiligen Behörden erarbeitete Zuschauer-Konzept ermöglicht auch aufgrund reduzierter Tribünenkapazitäten am Lausitzring bis zu 10.000 Fans pro Tag. Allerdings sind nur geimpfte, genesene und negativ auf Covid-19 getestete Personen zugelassen. Auf den Sitzplätzen besteht keine Maskenpflicht, ansonsten ist das Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung auf dem gesamten Veranstaltungsgelände verpflichtend. Der Zutritt zum Fahrerlager ist aufgrund der geltenden Auflagen aktuell leider nicht möglich.