Vor dem zweiten DTM-Wochenende der Saison 2021 auf dem Lausitzring gab es ein großes Thema: Turn 1 es Ovalkurses. Der Streckenabschnitt war zuvor kurzfristig in das Streckenlayout aufgenommen worden. Ursprünglich hatte die DTM-Dachorganisation ITR für das dritte und vierte Rennen des Jahres geplant, wie in den vergangenen Jahren und beim offiziellen Test vor der Saison den Grand-Prix-Kurs zu nutzen.

Die 300 Meter lange und überhöhte Linkskurve war der 'Angstgegner' mehrerer Teams. Sie befürchteten, dass die Reifen den höheren Belastungen nicht standhalten könnten. Das war nämlich 2003 der Fall, als die DTM schon einmal vorhatte, Turn 1 zu nutzen. Nach Reifenschäden an den Abt-Audi TT-R von Christian Abt und Laurent Aiello im Freitagstest wurde der Plan verworfen. Die weiteren Sessions des Rennwochenendes fanden auf der erprobten Grand-Prix-Variante des EuroSpeedway statt.

Reifenschäden blieben diesmal aus. Doch Esmee Hawkeys heftiger Einschlag in die Streckenbegrenzung im Samstagsrennen trübte die ansonsten gelungene Turn-1-Premiere. Bei dem Aufprall wurde der Lamborghini Huracan GT3 der Britin so stark beschädigt, dass ihn das T3-Motorsport-Team von der Veranstaltung zurückzog. Mit der Zustimmung der anderen Teams durfte der Rennstall aus Dresden aber ein Ersatzauto aufbauen, das er üblicherweise im ADAC GT Masters einsetzt, um im Qualifying und im Rennen am Sonntag teilzunehmen.

"Vielleicht bin ich ein bisschen von der Linie abgekommen, oder hatte Dirty Air ... Fakt ist, die Chance, das Auto abzufangen, lag bei gleich null, denn dafür war ich zu schnell", sagte Hawkey nach dem Unfall. Philip Ellis, der am Samstag zum Sieg und am Sonntag zur Pole Position fuhr, bestätigte die Problematik. "Eins ist klar und das hat auch der gestrige Unfall von Esmee gezeigt. Wenn du in der Ovalkurve bei Tempo 240 km/h ein Problem hast, fängst du das Auto nicht mehr ab. Da nutzen dir auch alle Fahrkünste nichts mehr", sagte der Fahrer des Mercedes-AMG Team Winward zu Motorsport-Magazin.com.

Nur eine Linie durch Ovalkurve

"Wenn man in der Ovalkurve nicht auf der Ideallinie fährt, muss man höllisch aufpassen, denn in der Mitte von Turn 1 und noch mehr außen liegt viel Dreck und Reifenabrieb. Dort zu fahren, ist alles andere als lustig und kann sogar gefährlich sein", erklärte der gebürtige Münchner. Dass es auf der um 5,7 Grad geneigten Kurve lediglich eine Fahrlinie geben würde, zeichnete sich bereits am Freitag ab. Die Piloten durchfuhren Turn 1 in der unteren Hälfte und versuchten erst gar nicht, den oberen Bereich sauber zu fahren.

Rosberg-Fahrer Nico Müller sagte nach dem 1. Freien Training: "Wenn du nur eine Wagenbreite zu weit rechts bist, verlierst du schon Grip. Weiter oben kannst du eine Menge Dreck und Pickup sehen. Je weiter das Wochenende voranschreitet, desto mehr wird sich die Rennlinie herausbilden." Mit Vollgas war Turn 1 nicht zu bewältigen. Die Piloten mussten lupfen.

DTM-Wahnsinn am Lausitzring: Van der Linde stoppt in Ovalkurve! (03:22 Min.)

Die ITR hatte für den Beginn des Wochenendes einen zusätzlichen Track-Test mit einer Dauer von 40 Minuten einberufen, in dem sie die Teilnehmer mit der neuen Streckenführung vertraut machen konnten. Dazu erhielten sie einen zusätzlichen Reifensatz vom neuen Alleinausstatter Michelin.

Rockenfeller mit Turn 1 unzufrieden

Viele Fahrer ziehen nach der Premiere ein positives Fazit. "Ich dachte vorher, dass das ein großes Durcheinander werden würde. Niemand wusste, was abgeht", sagte Sonntagssieger Maximilian Götz. "Ich hatte die Strecke als wellig in Erinnerung. Als wir im Test die Ovalkurve gefahren sind, war ich überrascht, dass sie ziemlich glatt ist. Du konntest die Geschwindigkeit Runde für Runde erhöhen. Turn 1 war eine große Herausforderung für uns Fahrer. Ich mochte es vor allem beim Restart. Ich konnte ein paar Plätze gewonnen. Hoffentlich bleibt es so! Zum Glück haben wir nur einen Unfall gesehen, bei dem nichts Schlimmes passiert ist."

Auch Kelvin van der Linde kann dem Experiment mit Turn 1 Gutes abgewinnen. "Ich war von Beginn an ein großer Fan. Es ist einzigartig. Im ADAC GT Masters bin ich sieben Jahre lang das Standard-Layout gefahren. Das wurde irgendwann langweilig", sagt der Abt-Fahrer. Sein Teamkollege Mike Rockenfeller sieht die veränderte Streckenführung skeptisch. "Um ehrlich zu sein, ist es hier immer schwer, gutes Racing zu haben. Turn 1 macht es jetzt noch schlechter mit Ausnahme vom Start. Auf dem alten Layout konnte man besser überholen. Das Risiko ist hier ziemlich hoch, weil es keine Zäune gibt wie bei anderen Ovalen", gab er am Samstag zu bedenken. Dennoch stand für ihn fest: "Wenn morgen alles gut geht, dann war es eine gute Entscheidung."

Zwischenfälle blieben am Sonntag aus. Auch die Rennserien im Rahmenprogramm, DTM Trophy, DTM Classic, Ferrari Challenge Deutschland und BMW M2 Cup überstanden die Ovalkurve unbeschadet.