Irres Foto-Finish beim Sonntagsrennen der DTM auf dem Lausitzring: Rene Rast (Schubert-BMW) und Jules Gounon (Winward-Mercedes) trennten beim Zieleinlauf lächerliche 0,045 Sekunden. 45 Millisekunden, das entspricht weniger als einer halben Wagenlänge auf dem 3,478 Kilometer langen Kurs zwischen Dresden und Cottbus.

Rast eroberte mit einem Wimpernschlag Vorsprung den zweiten Platz hinter Sieger Jack Aitken (Emil-Frey-Ferrari), der den BMW-Piloten in der vorletzten Runde sehenswert überholt hatte. "Das war wahrscheinlich das knappste Finish, das ich jemals hatte", glaubte Rast, der speziell auf dem Lausitzring der Mann für die engen Kisten ist: 2020 siegte er in der damaligen Class-1-Ära mit 0,089 Sekunden Vorsprung vor seinem damaligen Audi-Markenkollegen Nico Müller.

Foto-Finish bei DTM-Rennen am Lausitzring im Video (01:22 Min.)

Rene Rast: "Das war ein kleiner Albtraum"

Das 'Viertelmeile-Duell' aus der letzten Kurve heraus gegen den Mercedes-AMG GT3 von Gounon dürften beiden Piloten wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen sein. Rast: "Ich habe versucht, aus der letzten Kurve heraus zu beschleunigen, bekam die Power aber nicht auf den Boden, weil ich durchdrehende Räder hatte. Jules hatte bessere Traktion und wir erlebten ein Drag-Race bis zur Ziellinie. Mal war er vorne, mal ich. Das war ein kleiner Albtraum, weil man da nicht viel machen kann. Wir saßen da und haben uns gegenseitig beobachtet."

Aus Sicht des DTM-Vollzeit-Debütanten Gounon klang das Beschleunigungsrennen so: "Ich habe gesehen, dass Rene mit der Traktion haderte. In der letzten Kurve habe ich ein wenig aufgemacht, um die Power auf den Asphalt zu bekommen. Das war spaßig, aber auch frustrierend zugleich. Wir haben uns gegenseitig angeschaut! Mal war er vorne, dann wieder ich. Am Ende war er mit seiner Motorhaube vielleicht 20, 30 Zentimeter vor mir. Für die Fans war das ein gutes Rennen."

Lausitzring: Packender Dreikampf um den Sieg

Rast, Gounon und Aitken lieferten sich in der Schlussphase der 42 Runden einen packenden Dreikampf um den Sieg. Aitken gelang es in der vorletzten Runde, dem mit seinen alten Reifen kämpfenden Rast die Führung abzuluchsen. In Kurve 6 schoss der Ferrari-Pilot sehenswert auf der Außenseite an Rast vorbei. Zuvor hatte der Brite die Spitze während der ersten Pflicht-Boxenstopps durch einen Undercut von Rast verloren.

"Drei Autos nebeneinander, das war ziemlich intensiv, da hätte alles passieren können", meinte Pole-Setter Aitken, der seinen zweiten Lausitzring-Sieg nach 2023 einfuhr. "Die Strategie sah am Ende vor, an so vielen Stellen wie möglich Druck auszuüben. Im ersten Sektor war ich am stärksten und konnte Rene auf der Außenseite von Turn 6 angreifen."

Rasts Kampf mit stumpfen Waffen

Rast kämpfte nach seinem zweiten Pflicht-Boxenstopp mit stumpfen Waffen, weil er mit gebrauchten Slick-Reifen vom Vortag fuhr. Per Reglement stehen jedem Fahrer am Lausitzring nur drei Reifensätze zur Verfügung, die zwischen den beiden Renntagen aufgeteilt werden müssen. Das führt zu ganz unterschiedlichen Reifen-Strategien, die sich auf die Stint-Performance auswirken.

"Meine Reifen von gestern waren am Ende, ich hatte keinen Grip und konnte mich nicht mehr hart verteidigen", bestätigte der dreifache DTM-Champion, der das Rennen vom achten Startplatz aufgenommen hatte.

Wäre Sieg möglich gewesen? Was Jules Gounon bedauert

Gounon, dem vom 13. Startplatz in einem teilweise chaotischen Rennen eine beachtliche Aufholjagd gelang, witterte am Ende sogar die Chance auf seinen ersten DTM-Sieg. Dem Franzosen war nicht entgangen, dass Rast immer mehr Pace einbüßte, während er selbst dicht auf den Fersen von Aitken war. "Mein Ingenieur sagte mir schon, dass ich den dritten Platz verteidigen soll", so Gounon. "Dann sah ich plötzlich, wie Rene Probleme mit seinen Reifen bekam. Ich wusste, dass sich Möglichkeiten ergeben würden, solange er vorne ist."

Deshalb verzichtete Gounon zunächst auf einen Angriff gegen Vordermann Aitken, der Rast an der Spitze natürlich mehr Luft zum Atmen gebracht hätte. Der Mercedes-Pilot spekulierte auf einen späten Doppel-Angriff, rechnete allerdings nicht damit, dass Aitken schon in Turn 6 überholen würde. "Das ist das einzige, das ich bedauere", erklärte Gounon: "Einmal war ich sehr nah an Jack dran, habe es aber nicht probiert, weil ich nicht wollte, dass Rene wegzieht. Das hat mich womöglich den Sieg gekostet."