Viele Fans hatten sich auf die Rückkehr von Gary Paffett in die DTM gefreut. Der zweifache Meister sollte ab dem Saisonauftakt an diesem Wochenende in Monza für Mücke Motorsport in einem Mercedes-AMG GT3 antreten. Doch die zahlreichen Anhänger des Briten schauen erst einmal in die Röhre! Paffett verpasst die ersten beiden Rennwochenenden in Italien sowie auf dem Lausitzring (24./25.07.2021) wegen Terminüberschneidungen mit der Formel E.
Statt in der DTM an seine bisherigen 186 Rennen - allesamt für die Marke mit dem Stern - anzuknüpfen, ist Paffett mit dem Mercedes-Werksteam nach Puebla, Mexiko gereist, wo die Formel E in ihre zweite Saisonhälfte startet. Der 40-Jährige begleitet die Elektro-Silberpfeile auch zu den Rennen nach London, wenn der DTM-Tross zeitgleich in der Lausitz die Saisonrennen Nummer drei und vier bestreitet.
Eine Entscheidung, die nur oberflächlich kommuniziert wurde und nicht erst im Fahrerlager von Monza auf einiges Unverständnis stößt. Paffett, der Mercedes 2018 zum 30-jährigen DTM-Jubiläum und dem gleichzeitigen Ausstieg ein letztes Mal die Meisterschaft beschert hatte, saß zuletzt im November 2019 bei einem Rennen im Cockpit! Dabei hatte der gebürtige Londoner in der Vergangenheit mehrfach betont, dass er nach seinem Formel-E-Intermezzo mit Mercedes-Vorhut HWA Racelab 2018/19 gern weiter Rennen fahren würde.
Warum der Aufschrei rund um Paffetts DTM-Abstinenz größer ausfällt als sonst vielleicht üblich? Weil er in der Formel E nicht einmal mehr Rennen fährt! Stattdessen ist Paffett als Mercedes-Berater im Bereich Sport und Technik tätig, unterstützt die Stammfahrer Stoffel Vandoorne sowie Nyck de Vries mit seiner Erfahrung und übernimmt zudem die Rolle des Ersatz- und Entwicklungsfahrers.
Berger über Manager Paffett: Hätte auch einen Job für ihn
Angesichts dieser Tatsache kann sich auch DTM-Chef Gerhard Berger eine kleine Spitze nicht verkneifen. Der frühere Formel-1-Fahrer im Interview mit Motorsport-Magazin.com: "Gary Paffett ist Rennfahrer. Wenn er lieber Management macht, hätte ich auch einen Job für ihn."
Offenbar wurde Berger von Mercedes oder Paffett selbst nicht vorab über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt. Dabei ist Paffett neben Marco Wittmann und Mike Rockenfeller einer von drei DTM-Champions im Starterfeld und damit natürlich eines der Aushängeschilder der Serie, die in diesem Jahr erstmals auf ein GT3-Reglement setzt.
Berger: "Ich habe es von meinem Team erfahren, dass er nicht dabei ist. Aber: Macht doch nix! Das ist eine tolle Chance für Maxi Buhk (Paffetts Ersatzmann; d. Red.), der ein sehr guter Fahrer ist, auch in der DTM zu zeigen, was er drauf hat. Ein Problem hätte ich, wenn ich Gary Paffett wäre. Da würde ich sagen: 'Ich habe doch einen Fahrersitz, warum sitze ich dann in Mexiko am Meeting-Tisch?' Das ist aber nicht mein Thema."
Formel E statt DTM: Paffetts Entscheidung!
An Bergers mit einem Augenzwinkern versehenem 'Jobangebot' dürfte das DTM-Urgestein ohnehin kein Interesse haben. Denn: Wie Motorsport-Magazin.com aus gut informierter Quelle erfahren hat, soll Paffett selbst darum gebeten haben, zugunsten der Formel E auf seine DTM-Einsätze zu verzichten!
Was in der Öffentlichkeit bisher kaum bekannt war: Paffett zählt inzwischen zu den wichtigsten Personen im Formel-E-Teammanagement von Mercedes an der Seite von Teamchef Ian James. "Eigentlich kann man da nicht mehr auf ihn verzichten", bestätigt ein Insider bei Motorosport-Magazin.com.
Mercedes mitten im Formel-E-Titelkampf
Als Paffett nach seinem einjährigen und wegen der Voraussetzungen wenig erfolgreichen Formel-E-Renneinsatz auf die 'Ersatzbank' ins Werksteam wechselte, klang das zunächst eher nach einer zwischenzeitlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den langjährigen Mercedes-Piloten.
Doch offenbar hat er sich inzwischen zu einem entscheidenden Teil des Teams entwickelt, das in seiner zweiten Saison als Werksmannschaft um Titel kämpft. In der Team-Wertung führen die Silberpfeile nach sieben von 15 Rennen knapp vor Jaguar und Meister-Team DS Techeetah.
Darüber hinaus steht Mercedes kein anderer Ersatzfahrer für die Formel E zur Verfügung, nachdem sich der ehemalige Formel-1-Fahrer Esteban Gutierrez im Alter von 29 Jahren in Richtung Botschafter-Tätigkeiten beim F1-Team von Mercedes orientiert hat. Zuvor war der Mexikaner ebenfalls als Test- und Ersatzfahrer bei der Formel-E-Truppe angestellt. In Zeiten von Corona reist inzwischen jedes Team mit einem Ersatzmann zu den Rennen, um im Notfall schnell reagieren zu können.
Paffett: Mercedes-Zukunft nach aktiver Rennkarriere
Die Entscheidung pro Formel E hat den Racer und einst als 'Vollgastier' titulierten Paffett sicherlich geschmerzt, dürfte aber eine mit Weitblick gewesen sein. Im Spätherbst seiner aktiven Karriere strebt Paffett offenbar einen Wechsel ins Management-Team von Mercedes an. Ein Erfolg in der Formel E auch dank seiner Beteiligung würde sich in der ohnehin bestens gefüllten Vita sicherlich nicht schlecht machen.
Dass Paffett der Marke mit dem Stern über seine aktive Karriere hinaus verbunden bleiben möchte, hatte er schon 2018 auf dem Weg zum zweiten DTM-Titel nach 2005 angedeutet. Wie ernst er es damit meinte, lässt sich einfach belegen: Paffett verriet uns damals, dass er 2017 einen Deutsch-Kurs belegt hatte! Dabei hatte er sich als einer von sehr, sehr wenigen DTM-Piloten 15 Jahre lang erfolgreich um das Erlernen der 'DTM-Amtssprache' gedrückt.
"Weißt du, wir Briten sind ein bisschen faul, was Sprachen angeht. Wir erwarten meist, dass die Menschen mit uns sowieso Englisch sprechen...", sagte Paffett damals mit seinem bekannten, breiten Grinsen im Gesicht zu Motorsport-Magazin.com, um dann anzufügen: "Sicher ist auf jeden Fall, dass ich auch nach dem Ende meiner aktiven Karriere weiter ein Teil der Mercedes-Familie bleiben möchte."
DTM: Paffett im Entwicklungs-Mercedes
Nicht ausgeschlossen, dass Paffett 2021 in der DTM seine Rennfahrer-Karriere ausklingen lässt und anschließend an den Schreibtisch oder Kommandostand wechselt. Durch die verpassten vier Rennen dürfte der Titelzug schon jetzt abgefahren sein. Allerdings weiß Paffett auch um seine Rolle: Im Mücke-Mercedes startet er als einer von drei DTM-Piloten mit dem Space-Drive-Lenksystem von Schaeffler Paravan, das unter Rennbedingungen für den Einsatz im Straßenverkehr weiterentwickelt werden soll.
Dabei bestehen unter Szene-Kennern keinerlei Zweifel an seiner Konkurrenzfähigkeit auch im gehobenen Alter, wie er seinen treuen Fans auch in Deutschland - und nicht zuletzt Lieblings-Gegner Timo Glock nach dem epischen Hockenheim-Duell 2018 - bei den folgenden DTM-Rennen ab Zolder (06.-08. August 2021) sicherlich noch einmal beweisen möchte.
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