Was für ein Titelkrimi beim DTM-Saisonfinale auf dem Hockenheimring! Nico Müller wahrt seine Chancen auf die Meisterschaft 2020 mit dem Sieg im Samstagsrennen. Der Schweizer feierte in letzter Minute seinen sechsten Saisonsieg vor Rene Rast. Nach einem Rennen mit mehreren Führungswechseln lagen die beiden Titelanwärter beim Zieleinlauf nur 0,622 Sekunden auseinander.

Jamie Green komplettierte das Podium als Dritter und bescherte Audi einen weiteren Dreifachsieg. Vor dem letzten Rennen des Jahres am Sonntag führt Rast die Gesamtwertung mit 13 Punkten Vorsprung auf Müller an. Damit fällt die Titelentscheidung erst beim Saisonabschluss, der gleichzeitig das Ende der DTM in ihrer aktuellen Form bedeutet.

In einem Rennen mit zwei Safety-Car-Phasen stand das Duell Rast gegen Müller voll im Fokus. Die Markenkollegen schenkten sich nichts und lieferten sich ab dem Start harte Duelle samt Lackaustausch. Zunächst behielt Rast die Oberhand, während Müller in Runde 17 seinen Pflicht-Boxenstopp einlegte. Rast reagierte und bog einen Umlauf später in die Boxengasse ab. Sein Reifenwechsel verlief nicht optimal und so konnte er sich auf dem Weg in die erste Kurve nicht gegen den heraneilenden Müller wehren.

Rast fiel kurzzeitig hinter Green und Frijns auf die vierte Position zurück, kämpfte sich aber wieder nach vorne. Mit schnellen Runden arbeitete er sich kontinuierlich an den Führenden Müller heran und konnte ihn in der 28. Runde überholen.

Wenig später, acht Minuten vor dem Rennende, schickte die Rennleitung das Safety Car zum zweiten Mal auf die Strecke. Zuvor war Timo Glock mit seinem BMW von der Strecke abgeflogen und musste das Rennen vorzeitig beenden. Beim Re-Start zur 32. Runde kam Rast wesentlich besser weg und ließ Müller sowie die weiteren Verfolger Green und van der Linde hinter sich. Drei Runden vor Schluss konterte Müller und übernahm in der Spitzkehre abermals die Führung.

Sieger Müller am Sat.1-Mikro: Was für ein Rennen! Ich wusste, dass es nervenaufreibend wird und es mindestens einen Zweikampf gibt. DRS hat hier einen Riesen-Effekt. Bis zur letzten Runde war alles offen, aber ich bin froh, dass ich es in die letzte Runde hinein kontrollieren konnte. Gegen Rene habe ich versucht, die Tür am Ausgang zuzumachen. Das hat zum Glück geklappt, aber ich war mir nicht mehr sicher, ob es wirklich die letzte Runde war. Das Board war draußen, aber es gab ein wenig Konfusion. Ich war froh, dass dann die Zielflagge draußen war."

Hinter Müller, Rast und Green fuhren Loic Duval und Mike Rockenfeller auf die Plätze vier und fünf. Jonathan Aberdein rückte nachträglich als bestplatzierter BMW-Pilot um einen Platz auf P5 nach vorne, weil Rockenfeller eine 0,3-Sekunden Zeitstrafe (statt Platztausch) erhielt. Robin Frijns - jetzt offiziell raus aus dem Titelrennen - und Robert Kubica komplettierten die Top-8.

Mit Marco Wittmann und Harrison Newey sahen zwei Fahrer die Ziellinie nicht. Nach einer Dreier-Kollision beim Start, in die auch Robert Kubica involviert war, fielen die beiden Fahrer vorzeitig aus. "Das ist mega-enttäuschend", ärgerte sich der zweifache DTM-Champion Wittmann über den frühen Ausfall.

DTM 2020: Meisterschaft nach 17/18 Rennen (Top-5)

PositionFahrerTeamPunkte
1Rene RastAudi Sport Team Rosberg325
2Nico MüllerAudi Sport Team Abt Sportsline312
3Robin FrijnsAudi Sport Team Abt Sportsline269
4Mike RockenfellerAudi Sport Team Phoenix125
5Timo GlockBMW Team RMG116

DTM Hockenheim: So lief das Rennen am Samstag

Das Wetter: Bei kühlen 11 Grad und Sonnenschein ging das Samstagsrennen beim zweitspätesten DTM-Finale der Geschichte nach 2010 (Shanghai) über die Bühne. Zuschauer und Medien waren im Zuge der anhaltenden Corona-Pandemie nicht an der Strecke zugelassen.

Die Startaufstellung: Rene Rast eroberte die sechste Pole Position in der laufenden Saison. Mit der 19. Pole seiner DTM-Karriere überholte er in der ewigen Qualifying-Statistik Bruno Spengler und belegt den dritten Platz. Mit einem neuen Streckenrekord setzte sich Rast mit 0,048 Sekunden Vorsprung gegen Nico Müller durch. Titel-Außenseiter Robin Frijns kam nicht über den achten Startplatz hinaus. Hinter dem Audi-Duo fuhren Jonathan Aberdein (0,486 Sekunden Rückstand), Jamie Green und Sheldon van der Linde die Plätze drei bis fünf. BMW-Youngster Aberdein wurde wegen einer Strafe aus dem letzten Rennen in Zolder um drei Plätze nach hinten versetzt.

Der Start: Nico Müller griff Pole-Setter Rene Rast vor der ersten Kurve an, wobei Rast nach leichtem Kontakt kurzzeitig die Strecke verließ und sich hinter dem Schweizer auf P2 einordnete. Kurz danach bog das Safety Car auf die Strecke ab. Vorausgegangen war eine Start-Kollision zwischen Marco Wittmann, Robert Kubica und Harrison Newey.

Der Re-Start zur 6. Runde: Im engen Indianapolis-Restart nahm das Feld das Rennen nach der Unterbrechung erneut auf. Müller behielt die Führung vor Rast, während Jamie Green den dritten Platz an Sheldon van der Linde verlor. Ein Blitz-Restart gelang Timo Glock, der von P10 bis auf die sechste Position nach vorne schnellte und hinter Loic Duval fuhr.

Die Boxenstopps: Robin Frijns legte von Platz zehn als erster Fahrer in Runde 7 seinen Pflicht-Boxenstopp ein. Zwei Umläufe später folgte mit Mike Rockenfeller ein weiterer Audi-Pilot, der sich für einen frühen Reifenwechsel entschied. Nach Timo Glock (14) und Philipp Eng (15) folgte in Runde 16 das Trio aus Sheldon van der Linde von P4, Loic Duval und Fabio Scherer.

Nico Müller kam auf Platz zwei liegend in Runde 17 zusammen mit Verfolger Jamie Green an die Box. Der Schweizer kam auf dem siebten Platz zurück auf die Strecke bekam mit seinen kalten Hankook-Reifen keine Gegenwehr von Vordermann Frijns, der aber Green hinter sich halten konnte.

Rast reagierte und legte in Runde 18 seinen Boxenstopp ein. Dabei verlor der Rosberg-Pilot zwei Sekunden und wurde nach der Boxenausfahrt auf dem Weg zur ersten Kurve vom heraneilenden Müller kassiert. In dieser Situation überholten auch Frijns und Green den strauchelnden Rast, der bis auf die vierte Position zurückfiel. Frijns konnte sich wenig später nicht gegen Green und Rast verteidigen und wurde auf P4 durchgereicht.

Die Zwischenfälle: In der Anfangsphase kamen sich Rast und Müller beim harten Kampf um die Führung mehrfach ins Gehege. Nach einem weiteren Lackaustausch funkte Müller: "Beim Kurveneingang fährt er immer in mich rein!"

In Runde 29 musste das Safety Car zum zweiten Mal auf die Strecke. Acht Minuten vor dem Rennende flog Timo Glock von der Strecke ab und musste seinen BMW abstellen. Kurz zuvor hatte Rast die Führung vor Müller und Green übernommen. Beim Re-Start zur 32. Runde kam Rast wesentlich besser weg und ließ Müller sowie die weiteren Verfolger Green und van der Linde hinter sich.

Die Ausfälle: Für Marco Wittmann und Harrison Newey war das Rennen vor der ersten Kurve beendet. Der BMW-Pilot berührte auf dem Weg zu Turn 1 den links fahrenden Robert Kubica und drehte sich dabei. Dadurch kam es zu einem weiteren Kontakt mit Audi-WRT-Pilot Newey, wobei beide Autos in den Reifenstapeln landeten. Kubica konnte das Rennen auf Platz 14 fortsetzen.

"Ich hatte einen guten Start, dann aber hinten links einen Schlag bekommen", sagte Wittmann." Dadurch habe ich mich weggedreht und bin mit Newey in die Barriere eingeschlagen. Das ist mega-enttäuschend." Mit Timo Glock fiel ein weiterer BMW-Pilot kurz vor dem Rennende aus.