Die Titelhoffnungen von Audi-Pilot Nico Müller leben auch noch nach dem Samstagsrennen der DTM beim Saisonfinale 2020 in Hockenheim! Der Schweizer behielt in einem packenden Rennen gegen den amtierenden Champion René Rast die Oberhand und geht mit 13 Punkten Rückstand ins Finalrennen am Sonntag.

Rennentscheidend war letztlich aber nicht das finale Überholmanöver wenige Runden vor Schluss in einem tollen Zweikampf auf der Strecke, sondern ein taktischer Fehler von Rast. Der legte sich einen Angriff für die Schlussrunde zurecht. Doch zu dieser Schlussrunde, die Rast meinte, kam es gar nicht erst! Grund: Das Rennen wurde aus Sicht von Rast eine Runde zu früh abgewunken. Doch wie kam es zu diesem teuren Rechenfehler von Rast?

René Rast erklärt teuren Rechenfehler

"Ich wusste, dass wir noch fünf Runden zu fahren haben und habe immer den Bildschirm über Start-Ziel gecheckt. Der hat runtergezählt auf 'noch vier', 'noch drei', und dann auf 'noch zwei Runden' zu fahren. Also dachte ich, wir wären in der vorletzten Runde und dass ich Nico in der letzten Runde angreifen würde. Aber dann habe ich gesehen, dass die Zielflagge geschwenkt wurde", wunderte sich Rast in der Pressekonferenz nach dem Rennen.

DTM Hockenheim 2020: Die Highlights von Rennen 1: (04:04 Min.)

Rast wollte der Sache verständlicherweise auf den Grund gehen und stattete gleich nach dem Rennen der Rennleitung einen Besuch ab. Dort wurde er aufgeklärt: "Sie haben gesagt, das stellt sich automatisch um. Wenn Nico die Ziellinie überquert, schaltet es von 'noch zwei Runden' auf 'noch eine Runde.' Bis das passiert ist, war ich aber auch schon drüber. Deshalb konnte ich das nicht sehen", erklärte Rast.

Rast von diesem Umstand auf dem falschen Fuß erwischt, sodass es gar nicht erst zu einer Schlussattacke gegen Müller kommen konnte. Statt 27 Punkte Vorsprung beträgt damit sein Polster vor dem Finalrennen nur 13 Zähler - bitter für Rast! "Ich weiß nicht, was da schief lief, aber ich glaube, das hat uns irgendwie den Sieg gekostet", hadert Rast.

Mit seinem Rechenfehler war er allerdings nicht allein. Auch Markenkollege Mike Rockenfeller wurde auf dem falschen Fuß erwischt. "Ich dachte auch, wir würde noch eine Runde fahren. Beim Start kennen wir die Rennlänge, aber mit dem Safety Car kann es sich dann ändern. Das Team informiert den Fahrer und du hast immer noch die Uhr und das Last-Lap-Board. Es ist nicht immer leicht für den Fahrer, den vollen Überblick zu haben. Aber das ist Teil des Spiels, wenn du keinen Boxenfunk hast", schildert Rasts Audi-Markenkollege.

Nico Müller hoffte auf Konfusion bei René Rast

Ganz anders sieht die Gemengelage natürlich bei Rennsieger Müller aus. Der Schweizer hält mit seinem sechsten Saisonerfolg das Titelrennen noch einigermaßen offen. Basierend auf dem Qualifying-Ergebnis am Sonntag geht er mit einem Rückstand zwischen zehn und 16 Punkten ins letzte Rennen des Jahres. Ein Rast-Sieg wäre einer Vorentscheidung gleichgekommen.

Richtig gezählt: Rennsieger Nico Müller, Foto: Audi
Richtig gezählt: Rennsieger Nico Müller, Foto: Audi

"Das war ein sehr wichtiger Sieg heute", atmet Müller durch. "Am Ende war es schon nervenaufreibend. Ich wusste, dass es eng wird mit den Runden. Entscheidend war, dass ich mir bewusst war, dass es nach dem zweiten Safety Car noch vier oder fünf Runden sein würden. Zum Glück habe ich die Situation richtig eingeschätzt."

Diese richtige Einschätzung war letztlich auch der Schlüssel zum Sieg für Müller, der im Falle einer weiterer Rennrunde noch einmal ordentlich unter Druck gekommen wäre. Doch Müller gelang es, Rast auszutricksen. Und das sogar unbewusst! "Ich habe darauf spekuliert, dass es René nicht so hinbekommt mit der Anzahl der verbleibenden Runden. Aber ich wusste nicht mal, dass die Runden auf diesem Screen nach Überqueren der Linie heruntergezählt werden. Ich habe einzig und allein auf das Last-Lap-Board geachtet", meinte der Schweizer.

DTM-Titelkampf: Müller gibt nicht auf

So hat Müller nun vor dem letzten Rennen noch einigermaßen realistische Chancen auf seine erste Meisterschaft in der DTM. Doch im Vergleich zu heute muss sich Müller dann noch ein klein wenig steigern. Und der Audi-Pilot weiß auch, wo er ansetzen muss. "Wir müssen morgen im Qualifying noch ein bisschen besser sein", spricht Müller die knappe Niederlage in der Qualifikation an. Dort verlor er trotz Startplatz zwei einen Punkt an Pole-Setter Rast.

Aufgeben ist für Müller aber keine Option. "Wir müssen jeden einzelnen Punkt holen. Aber selbst dann haben wir es nicht selbst in der Hand. Wir brauchen ein wenig Glück, aber wir geben nicht auf bis zum Zieleinlauf", bekräftigt Müller. Zumindest hat er mit dem Samstags-Sieg seine DTM-Titelchancen am Leben erhalten.