Felix, du debütierst in der anstehenden Saison in der Formel E. Warst du eigentlich schon einmal bei einem Rennen vor Ort?
Felix Rosenqvist: Nein...
Schon etwas komisch, oder?
Felix Rosenqvist: Um ehrlich zu sein, schaue ich mir in meiner Freizeit einfach keine Rennen an. Da bin ich mit anderen Dingen beschäftigt. Aber ich sehe da kein Problem und keinen Nachteil jetzt bei meinem Einstieg in die Formel E. Bei den ersten Tests in Donington waren wir ziemlich konkurrenzfähig. Ich möchte noch keine Prognosen abgeben, alles in allem habe ich aber ein gutes Gefühl.
Wie war es für dich, erstmals ein Formel-E-Auto zu fahren?
Felix Rosenqvist: Das Fahren allein war nicht so anders im Vergleich mit anderen Autos. Der Formel-E-Bolide ist schwerer und hat eben keinen Motorensound. Aber das Auto ist überraschend schnell! Und in der Formel E gibt es eben eine Menge Aspekte, die man in anderen Serien nicht findet: Technik, Engineering und dergleichen. Es ist ein hohes Level, auf dem du als Fahrer arbeiten musst. Das gilt auch für die Ingenieure, weil es in der Formel E einige Freiheiten gibt.
Wie kommst du bislang mit dem Energie-Management zurecht?
Felix Rosenqvist: Da muss man einiges bedenken, aber bis jetzt fühle ich mich wohl damit. Wir haben bei den Tests schon einiges an Arbeit erledigt - und es lief besser als für den Anfang erwartet. Beim Rennfahren selber könnte es schwieriger werden, an alles zu denken, weil ich ja gegen andere fahre. Da bin ich sicherlich noch etwas nervös, weil ich nicht weiß, was mich erwartet.
Du hast bewiesen, dass du in der Formel 3 und auch in der DTM schnell bist. Das Formel-E-Auto hat hingegen eine völlig andere Philosophie. Ist das nicht mit einem gewissen Risiko für dich verbunden?
Felix Rosenqvist: Weißt du, ich hatte mal den Ruf, in der Formel 3 nur gut gewesen zu sein, weil ich dort so viele Jahre gefahren bin. Ich habe den Kritikern aber gezeigt, dass sie falsch liegen. Ein gewisses Risiko besteht immer beim Serienwechsel, aber für die Formel E ist es genau der richtige Zeitpunkt.
Warum das?
Felix Rosenqvist: In unserer Zeit ist die Formel E immer noch eine ziemlich neue Serie. Für mich ist es ein Vorteil, so früh dort zu fahren. Du lernst, was sonst keiner lernt. Und jedes verpasste Jahr ist ein verlorenes Jahr. In Zukunft wird das Rennfahren immer mehr wie die Formel E jetzt schon. Es ist meine Verantwortung als Fahrer, solche Neuerungen zu verstehen. Als Fahrer wächst du auch. Wenn ich jetzt in die DTM oder andere Formel-Rennserien komme, sehe ich schon, dass ich durch die Formel E ein besseres technisches Verständnis habe.
Wie kam der Deal mit Mahindra an der Seite von Nick Heidfeld für die Formel E zustande?
Felix Rosenqvist: Ich glaube, meine Siege in Macau haben einiges ausgemacht. Das ist ein Straßenkurs und viele Formel-E-Teams haben deswegen ein Auge darauf. Ich hatte schon Kontakt mit Teams nach meinem ersten Sieg im Jahr 2014. Damals kam aber nix zustande. Als ich 2015 wieder in Macau gewonnen habe, wurden die Gespräche aufgefrischt. Bei den Testfahrten lief es dann ganz gut und so habe ich den Vertrag bekommen.
Es muss ein gutes Gefühl sein, vermutlich zum ersten Mal in deiner Karriere fürs Rennfahren bezahlt zu werden...
Felix Rosenqvist: Auf gewisse Weise schon, ja. Da willst du als Rennfahrer letztendlich hin. In der DTM und Formel E sind die besten und professionellsten Fahrer der Welt unterwegs. Für mich ist es gut, zeigen zu können, dass ich auch dabei bin. Und: Ich fahre dort, weil sie mich haben wollten - und nicht, weil ich für das Cockpit bezahlt habe.
Hattest du in den letzten Jahren mal die Sorge, deine Karriere könnte vorzeitig enden?
Felix Rosenqvist: Von Zeit zu Zeit war es hart. Ab einem bestimmten Punkt der Karriere kämpfst du gegen das Geld. Ich hatte echt harte Jahre zwischen 2013 und besonders 2014. Das war ein schlimmes Jahr in der Formel 3. Aber ich habe Macau gewonnen, das hat alles gerettet. Es war der wichtigste Sieg meiner Karriere. Ab einem gewissen Punkt beginnst du schon darüber nachzudenken, etwas anderes zu machen. Wenn du vielleicht dein Flugticket zu den Rennen nicht mehr bezahlen kannst oder sowas. Ich bin jetzt froh, wie alles ausgegangen ist. Ich habe gute Unterstützung und konnte mir einen Namen machen. Ich fühle mich jetzt sicherer.
Hättest du eigentlich damit gerechnet, dass du dieses Jahr wirklich Rennen in der DTM fahren würdest?
Felix Rosenqvist: Wenn du Reservefahrer bist, besteht bei acht Fahrern immer die Möglichkeit, dass sich einer verletzt, krank wird oder eine Sperre bekommt. So wie Timo Scheider in der vergangenen Saison. Da ist also alles möglich.
Du hast das Cockpit von Esteban Ocon übernommen, der in die Formel 1 befördert wurde. Wie lief das genau für dich ab?
Felix Rosenqvist: Die Gerüchte über Esteban habe ich schon gehört, mich aber nicht zu sehr darum gekümmert. Ich wollte da nicht zu neugierig sein. Aber ich wusste, dass das dazu führen könnte, dass ich nachrücke. Eines Tages habe ich dann eine Nachricht von Uli Fritz um 3 Uhr in der Früh bekommen und darin stand, dass sie um 9 Uhr am nächsten Tag bekannt geben würden, dass ich in Moskau fahre. Das war sehr kurzfristig, aber ich war natürlich sehr glücklich.
Du wirst auch die restlichen DTM-Rennen in dieser Saison bestreiten. Dann wartet die Formel E auf dich. Das dürfte deine Chancen, 2017 noch mal in der DTM zu fahren, nicht gerade erhöhen...
Felix Rosenqvist: Im Motorsport weißt du nie, was passiert. Wir kennen die Kalender von DTM und Formel E ja noch nicht. Mein Ziel war immer die DTM. Das war immer das Endziel. Ich fühle mich bei Mercedes sehr heimisch und kenne jeden. Es wäre schade, wenn ich nicht weitermachen könnte. Ich hatte immer schon eine enge Beziehung zu Mercedes und wäre mehr als froh, weiter etwas mit ihnen zu machen. Aber letzten Endes will ich nicht zu weit nach vorne schauen.
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