Gary, was bedeutet der Teamwechsel von HWA zu ART Grand Prix für dich persönlich?
Gary Paffett: Das wird sicherlich eine Herausforderung. Schon als ART Grand Prix seinen Einstieg in die DTM bekanntgegeben hat, war ich daran interessiert, mich ihnen anzuschließen. Ich kenne Teamchef Frédéric Vasseur schon lange und hatte gute Gespräche mit ihm. ART Grand Prix ist ein sehr ambitioniertes Team und hatte in jeder Serie Erfolg, in der sie in der Vergangenheit angetreten sind. Ich freue mich schon auf die Aufgabe, ihnen dabei zu helfen, sich zu einem konkurrenzfähigen Team in der DTM zu entwickeln. Sie haben sich große Ziele in der DTM gesteckt. Hoffentlich kann ich sie mit meiner Erfahrung unterstützen, damit wir gemeinsam so schnell wie möglich erfolgreich sind.

Wie kannst du deine Erfahrung konkret einbringen?
Gary Paffett: Das Team verfügt über großes technisches Wissen, aber natürlich kennen sie die DTM noch nicht. Sie besitzen keine Rennerfahrung und haben die Autos noch nicht getestet. Aus technischer Sicht sollte es kein Problem sein, die grundlegenden Setups für das Auto zu finden. Ich kann ihnen aber eine Idee darüber geben, wie man ein DTM-Auto wirklich schnell macht und wie man die nötige Performance für Qualifyings und Rennen herausholt. Sie haben sehr gute Ingenieure und Strategen, aber es kann hilfreich sein, einen Fahrer mit großer Erfahrung im Team zu haben.

Ich bin allerdings nicht ausschließlich da, um dem Team zu helfen. Persönlich möchte ich so schnell wie möglich an der Spitze mitfahren und mich nicht erst ein Jahr lang mit dem Team an die DTM gewöhnen müssen. Das ist aber sowieso nicht der Anspruch von ART Grand Prix. Sie haben in der Vergangenheit viele Rennen gewonnen und wollen das in der DTM fortsetzen. Sie kommen, um zu gewinnen. Diesen Anspruch habe ich auch an mich.

Gary Paffett wechselt von HWA zu ART Grand Prix, Foto: DTM
Gary Paffett wechselt von HWA zu ART Grand Prix, Foto: DTM

Glaubst du, dass ART auf Augenhöhe mit den etablierten Teams HWA und Mücke Motorsport fahren kann?
Gary Paffett: Absolut, mindestens. Ich hätte den Teamwechsel auch nicht gemacht, wenn ich dieses Gefühl nicht gehabt hätte. Ich habe großes Vertrauen in ART. Frederic Vasseur und das Team sind sehr zielstrebig. Sie werden sich schnell an viele Abläufe gewöhnen. Sie haben zwar noch nie einen Boxenstopp in der DTM absolviert, aber die Jungs von HWA werden sie dabei unterstützen und ihnen behilflich sein.

Wir hatten ein schwieriges Jahr mit Mercedes. Dadurch sind wir noch näher zusammengerückt und jeder arbeitet in die gleiche Richtung bei der Entwicklung des Autos. Diese Philosophie werden wir fortführen. Es ist ja nicht so, dass ich HWA komplett verlasse. Ich bin weiter in den Entwicklungsprozess des Autos eingebunden. Ich fahre jetzt zwar für ART Grand Prix, aber wir als Gruppe verfolgen weiter ein Ziel: für Mercedes-Benz Erfolg zu haben. Mercedes-Benz ist egal, ob ein Auto von HWA, ART Grand Prix oder Mücke Motorsport gewinnt - Hauptsache, ein Auto mit dem Stern steht vorn.

Mancher Kritiker wird den Teamwechsel für dich als eine Art Abstieg bezeichnen. Was sagst du dazu?
Gary Paffett: Ich kann das schon verstehen. Wenn man sich die Vergangenheit der DTM anschaut, dann gab es früher Werksteams und dazu die Kundenteams. Die DTM hat sich aber verändert. Innerhalb der drei Hersteller werden die Teams inzwischen gleich behandelt, und das gilt auch bei Mercedes. Du brauchst heute einfach acht konkurrenzfähige Autos im Feld. Ich habe die Entscheidung nicht kurzfristig getroffen, sondern lange mit Frédéric Vasseur, Toto Wolff und den Jungs von HWA gesprochen. Ich war der Meinung, dass wir die Unterstützung von HWA brauchen, um erfolgreich zu sein. Und genau diesen Support bekommen wir auch.

Neue Herausforderung für DTM-Veteran Gary Paffett, Foto: DTM
Neue Herausforderung für DTM-Veteran Gary Paffett, Foto: DTM

Ist der Wechsel zu ART für dich auch eine Gelegenheit, neue Impulse und eine neue Herausforderung zu suchen?
Gary Paffett: Genau, es ist eine neue Herausforderung. Als ich damals in die DTM kam, war ich direkt bei einem etablierten Team. Jetzt beginne ich mit einem Team, das brandneu ist in der Serie. Ich kann dabei helfen, sie zu einer siegfähigen Mannschaft zu formen. Und neue Herausforderungen sorgen bekanntlich auch für neue Motivation. Ich lasse mich aber nicht blenden von all der Motivation. Natürlich wird es schwierig für uns und ich kann nicht versprechen, dass wir direkt ganz vorne mitfahren. Aber leicht war es noch nie in der DTM, das haben wir erst im vergangenen Jahr wieder gesehen.

Die vergangenen Saisons waren schwierig für Mercedes. Was macht dich zuversichtlich, dass es dieses Jahr besser läuft?
Gary Paffett: Das vergangene Jahr war schwierig für das ganze Team. Unser größtes Problem war die fehlende Konstanz. Wir hatten fast nie das gleiche Setup für alle Autos, sondern experimentierten viel herum mit neuen Teilen und Einstellungen. Wir hatten Schwierigkeiten, das optimale Setup zu finden. Deshalb gab es auch so große Unterschiede bei der Performance. Das Ziel über den Winter muss sein, daran zu arbeiten, beim Saisonstart in Hockenheim mit einem guten Basis-Setup beginnen können. Dann geht es ans Fine-Tuning, damit wir eine möglichst konstante Saison haben.

Wie lange braucht ART GP, um sich an die DTM zu gewöhnen?, Foto: DTM
Wie lange braucht ART GP, um sich an die DTM zu gewöhnen?, Foto: DTM

Dieses Jahr kehrt die DTM zu zwei Rennen pro Wochenende zurück. Was hältst du von dieser Änderung, und könnte das ein Vorteil für ART als Neueinsteiger sein?
Gary Paffett: Die Rückkehr zu zwei Rennen finde ich persönlich fantastisch. Früher hatten wir nur zehn Rennen pro Saison. Wenn du einmal ausgefallen bist, hattest du schon ein Zehntel aller möglichen Punkte verloren. Es war schwierig, diesen Rückstand wieder aufzuholen. Die 18 Rennen in der kommenden Saison sind toll für uns Fahrer, aber auch für die Fans. Sie kommen schließlich, um sich die Rennen anzuschauen. Was die Teams betrifft: Alle müssen sich auf das neue Format einstellen, nachdem es so lange Zeit keine zwei Rennen gegeben hat. Da wir dieses Jahr mehr Trainings, Qualifyings und Rennen haben werden, hilft das ART Grand Prix, schneller den nötigen Speed zu finden.

Der Aufbau eines neuen Teams braucht mitunter Zeit. Hast du einen persönlichen Plan, wie lange du noch in der DTM fahren willst? Ist der Wechsel zu ART vielleicht ein kleiner Hinweis darauf, dass für dich am Saisonende Schluss ist?
Gary Paffett: Nein, überhaupt nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Mit dem Wechsel zu ART Grand Prix möchte ich dabei helfen, in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein und Meisterschaften zu gewinnen. Ich habe nicht vor, mit dem Rennfahren in der DTM aufzuhören.

Denkt gar nicht ans Aufhören: Gary Paffett, Foto: DTM
Denkt gar nicht ans Aufhören: Gary Paffett, Foto: DTM

Du erhältst mit Lucas Auer einen jungen Teamkollegen an deine Seite. In welchem Bereich kann er am meisten von dir lernen?
Gary Paffett: Es gibt viele Bereiche, in denen er etwas lernen kann. Man hört schließlich nie im Leben auf, Neues zu lernen. Ich kenne Lucas und habe ihn schon einige Male getroffen. Bei seinem DTM-Test in Jerez hat er gute Arbeit geleistet und er verdient einen Platz in der DTM. Natürlich muss er noch einiges lernen, weil es viele Unterschiede zwischen Tourenwagen- und Formelsport gibt. Ich bin sicher, dass es ihm wegen meiner Erfahrung helfen wird, gemeinsam mit mir im Team zu starten. Einfach wird es aber nicht für ihn. Die meisten Neulinge in der DTM brauchen ein paar Rennen, um sich an die Serie zu gewöhnen. Aber Lucas ist ein junger und schneller Fahrer und ich glaube, dass er eine gute Saison haben wird.

Gibt es auf der anderen Seite etwas, das du von Lucas lernen kannst?
Gary Paffett: Junge Fahrer tendieren dazu, etwas mutiger zur Sache zu gehen... Im Ernst: Kein Fahrer ist gleich, jeder hat seinen eigenen Stil. Wir haben bei Mercedes-Benz untereinander die Daten verglichen und dabei konnte man sehen, dass jeder Fahrer irgendetwas anders macht. Es werden also Zeiten kommen, in denen Lucas etwas anders macht als ich und dadurch Zeit gewinnt. Selbst als erfahrener Pilot kann man die anderen Fahrer nicht ignorieren. Es wäre zu einfach zu sagen: 'Ich bin seit mehr als zehn Jahren hier. Ich weiß, was ich tue.' So habe ich niemals gedacht, sondern mir immer die Daten der anderen Fahrer angesehen. Auch wenn es nur um Hundertstel oder Tausendstel geht - darauf kommt es am Ende an.