Lamborghini folgt Aston Martin: Nach der Bekanntgabe des britischen Autobauers, ab 2025 mit zwei LMH-Prototypen in die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC einzusteigen, zieht Lamborghini nach. Der italienische Sportwagenhersteller plant, sein bestehendes WEC-Programm von einem permanenten Starter auf zwei Autos aufzubauen. Damit reagiert Lamborghini auf eine Forderung des Veranstalters ACO, dass alle Hersteller in der Top-Klasse der WEC fortan zwei Fahrzeuge einsetzen müssen.
"Wir werden es tun. Wir werden mit dem Beginn des nächsten Jahres das zweite Auto in der WEC haben", bestätigte Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann in Le Mans in einer Medienrunde, an der auch Motorsport-Magazin.com teilnahm. Die neue ACO-Vorgabe gilt auch für die bestehenden Hersteller Cadillac und Isotta Fraschini, die wie Lamborghini dieses Jahr jeweils nur einen permanenten Wagen an den Start gebracht haben. Das Starterfeld soll in diesem Zuge von aktuell 37 auf 40 Autos in der Hypercar-Klasse anwachsen.
Lamborghini-Debüt mit SC63 2024 in WEC und IMSA
Der Lamborghini SC63 hatte Anfang des Jahres beim WEC-Auftakt in Katar sein Renndebüt gegeben - mit Ausnahme der 24 Stunden von Le Mans nur mit einem Auto. In der WEC wird das LMDh-Auto vom Rennstall Iron Lynx eingesetzt, welches auch mit einem Lamborghini Huracan GT3 Evo 2 in der neuen GT3-Klasse der WEC antritt.
Zudem bestritt Lamborghini-Iron-Lynx mit dem 12-Stunden-Rennen in Sebring auch ein Rennen in der US-amerikanischen Sportwagenmeisterschaft IMSA mit dem SC63. In der IMSA belässt es Lamborghini 2024 allerdings bei Starts bei den Rennen, die zum Michelin Endurance Cup zählen. Von diesen stehen 2024 noch drei weitere Events im Rennkalender.
Trotz des erfolgten Bekenntnisses zur WEC merkte Winkelmann in Le Mans an, dass die nötig gewordene Ausweitung des Programms Lamborghini vor Herausforderungen stellt: "Das wird es für uns teurer machen." Aus Lamborghini-Sicht ärgerlich, zumal Winkelmann das überschaubare finanzielle Investment des LMDh-Reglements als Hauptgrund für die Entwicklung des Boliden mit Chassis-Partner Ligier nannte.
Was Lamborghini bei einem zusätzlichen WEC-Auto Herausforderungen bereitet
Die grundsätzliche Herstellung eines zusätzlichen Autos soll dabei aber nicht der Hauptkostenfaktor sein, wie Lamborghinis CTO Rouven Mohr, der zurzeit auch interimsweise als Motorsportchef der Marke fungiert, in der selben Medienrunde verriet: "Einfach nur ein zweites Auto zu haben, ist der einfachste und auch der am wenigsten teure Teil. Aber du musst dich auch darum kümmern, das Team dahinter zu haben, die richtigen Ingenieure, die richtigen Datenanalysten, um auf dem richtigen Level zu sein."
Doch nicht nur der Kostenfaktor bereitet Lamborghini Kopfzerbrechen. "Es ist auch aus Teamsicht ein wirklich zusätzlicher Aufwand, sich um das zweite Auto zu kümmern. Und das ist für ein Unternehmen wie unseres, das nicht hunderte Motorsportleute hat, sicherlich eine Herausforderung", stellte Mohr klar.
Profitiert Lamborghini sportlich von zweitem WEC-Auto?
Zugleich könnte Lamborghini aus sportlicher Sicht von einem zusätzlichen Auto profitieren. In der WEC-Saison 2024 präsentierte sich Lamborghini im Vergleich mit den anderen Neueinsteigern lediglich den Underdogs von Isotta Fraschini überlegen. Highlight blieb ein zwölfter Platz des hochkarätig besetzten Fahreraufgebots (Bortolotti/Kvyat/Mortara) beim 6-Stunden-Rennen in Imola.
"Basierend auf dem Fakt, dass wir nur ein Auto im Starterfeld haben, ist der Entwicklungsprozess langsamer, weil wir weniger Daten haben", erklärte Mohr. "Wir haben auch nicht so viele Möglichkeiten während einem Rennwochenende, um andere Setup-, oder Rennstrategien zu wählen. Wenn ich also als Ingenieur spreche, mag ich es (ein zweites Auto zu haben; d. Red.)."
Lamborghini-Zukunft in IMSA unklar
Während die Zukunft in der WEC also vermeintlich geklärt ist, sieht es in der IMSA weniger klar aus. Die Lamborghini-Spitze verweist dabei auf die erst in Le Mans bestätigte 2-Auto-Regel für 2025. "Natürlich haben wir schon etwas im Voraus geplant, aber wir waren noch nicht völlig im Bilde. Wir werden in den nächsten Wochen im Vorstand entscheiden, wie wir uns 2025 positionieren, weil es klar ist, dass wir im Moment einige Sachen auszusortieren haben", so CTO Mohr.
Ein vollständiger IMSA-Ausstieg nach nur einigen Rennen 2024 soll aber nicht auf dem Plan stehen. Zumindest eine Teilnahme an den Endurance-Rennen der IMSA peilt Lamborghini nach wie vor an. Rouven Mohr: "Die USA sind so ein wichtiger Markt und wir haben eine super-gute Beziehung zur IMSA. Sicherlich ist es die Ambition, einen Weg zu finden, dass wir auch in der IMSA-Sphäre bleiben können."
Lamborghini: Wann kommt ein neuer Motorsportchef?
Zugleich sollen unter einem möglichen IMSA-Programm nicht die Ziele in anderen Rennserien leiden. "Wir müssen realistisch sein", meinte Mohr. "Denn wenn Sie mich fragen, würde ich mehr machen wollen, das ist klar. Aber es ergibt keinen Sinn, unsere Ressourcen, die nicht so groß sind wie bei anderen Herstellern, bei zu vielen Dingen zu verbrauchen, sodass du am Ende den Fokus verlierst. Wir müssen fokussiert sein und die Balance finden, was im Detail der richtige Weg ist."
Erschwert wird die Zukunftsplanung bei Lamborghini auch dadurch, dass nach dem überraschenden Abschied des langjährigen Motorsportchefs Giorgio Sanna im März 2024, die Position noch nicht wieder dauerhaft neu besetzt ist. "Wir haben einige Leute interviewt und haben eine Vorauswahl. Und jetzt sind wir in der finalen Durchsichtungsphase", verriet Mohr in Le Mans. "Unser Wunsch wäre es, in den nächsten Wochen, oder höchstens zwei Monaten, die Verhandlungen abzuschließen."
Lamborghinis Problem: Bei einer Lösung außerhalb des eigenen Konzerns droht noch eine Gardening-Leave-Periode für eine mögliche Neuverpflichtung. Dass der tatsächliche Amtsantritt des neuen Motorsportchefs möglicherweise sogar bis Jahresende dauern könnte, hält der kommissarische Boss Mohr für "wahrscheinlich."
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