Jetzt auch mit Heckflügel: Peugeot hat am Montag dieser Woche seinen stark überarbeiteten Rennwagen für die weiteren Rennen der WEC-Saison 2024 der Öffentlichkeit präsentiert. Das Debüt des Peugeot 9X8 2024 erfolgt am 21. April beim zweiten Langstrecken-WM-Lauf des Jahres im italienischen Imola.
Die Hinzunahme eines 'echten' Heckflügels bildet die größte sichtbare Veränderung am bisher Flügel-losen LMH-Hypercar, das seinen Abtrieb vorrangig über den verstellbaren Frontsplitter (laut WEC-Reglement darf nur ein Aero-Device verstellbar sein) und einen großdimensionierten Heck-Diffusor generierte.
Neue Reifen: Peugeot folgt dem Hypercar-Wettbewerb
Die aus Performance-Sicht wichtigere Neuerung sticht nicht sofort ins Auge: Die Peugeot-Ingenieure sind dem Weg aller acht Konkurrenten in der Hypercar-Klasse gefolgt und haben die Reifen-Dimensionen des 9X8 angepasst: Fuhr das Auto bislang rundherum mit 31 Zentimeter breiten Michelin-Reifen, kommen an der Vorderachse nun 29 Zentimeter schmale Pneus zum Einsatz. An der Hinterachse wächst die Reifenbreite auf 34 Zentimeter an.
Um mit der neuen Reifen-Kombination eine bessere Aero-Balance zu erreichen, wurden laut Angaben von Peugeots Technikdirektor Olivier Jansonnie 90 Prozent der Karosserieteile neugestaltet sowie ein Heckflügel angebracht. Das bisherige Chassis bleibt erhalten, musste aber neu homologiert werden. Jansonnie: "Damit die Reifen effektiv arbeiten können, mussten wir den Schwerpunkt des Peugeot 9X8 verändern, was bedeutete, dass wir bestimmte Komponenten verschieben und andere leichter machen mussten."
Peugeot-Neuentwicklung seit März 2023
Schon im März 2023 hatte Peugeot den Entschluss getroffen, sein Hypercar technisch zu überarbeiten und dem aktuellen Reglement anzugleichen. Seitdem habe das Auto mehrere tausende Kilometer bei Testfahrten zurückgelegt. Beim WEC-Saisonauftakt in Katar bestritt der bisherige 9X8 sein letztes Rennen und lag mit der #93 (Jean-Eric Vergne/Nico Müller/Mikkel Jensen) bis zur vorletzten Runde auf dem zweiten Platz, bis Vergne der Sprit ausging.
In Katar profitierte Peugeot auch von einer vorteilhaften Balance of Performance mit dem leichtesten Auto (1.030 kg und damit am Mindestgewicht) im gesamten Hypercar-Starterfeld. Über die Einstufung für Imola und darüber hinaus ist noch nichts bekannt. Seit dieser Saison erlauben es sich die Verantwortlichen des ACO und der FIA, die BoP vor jedem Rennen zu überarbeiten. Es wäre keine Überraschung, wenn der überarbeitete Peugeot zunächst konservativ eingestuft wird.
Peugeot als Opfer der Regel-Änderungen
Seit dem Renndebüt in Monza 2022 waren die beiden Werks-Peugeot nur bedingt konkurrenzfähig gewesen im Kampf gegen die Hypercars von Toyota und Ferrari sowie die LMDh-Autos von Porsche, Cadillac und Co. Das lag zum Teil auch in der Zeitschiene bedingt: Schon im November 2019 hatte Peugeot seine WEC-Rückkehr bekanntgegeben und im September 2020 den Bau eines Le-Mans-Hypercars angekündigt.
Nur: Zu diesem frühen Zeitpunkt war noch gar nicht final entschieden, dass es ein globales Reglement zwischen dem WEC-Veranstalter ACO und der IMSA geben würde, welches gemeinsame Rennen zwischen Le-Mans-Hypercars (LMH) und Le-Mans-Daytona-hybrid-Rennwagen (LMDh) ermöglicht. Toyota konnte mit seinem bereits seit 2021 eingesetzten GR010-Hypercar rechtzeitig reagieren und die Reifen-Dimensionen zur Saison 2022 anpassen.
WEC Kalender 2024 - Rennen, Startzeit, Strecken
Ursprünglich war im Reglement für 2020/21 vorgesehen, dass LMH-Autos ihren temporären Allradantrieb ab einer Geschwindigkeit von 120 km/h nutzen dürfen, danach hatte sich Peugeot bei der Entwicklung und den Reifenabmaßen orientiert. Durch die Hinzunahme der LMDh-Autos, die lediglich über einen Heckantrieb verfügen, verschob sich das Fenster allerdings mehrfach: Zuletzt in Katar durfte Peugeot den E-Antrieb an der Vorderachse ab 150 km/h zünden - Toyota, Ferrari und Neueinsteiger Isotta Fraschini erst ab 190 km/h.
Weitere Änderungen beim ursprünglichen Mindestgewicht (1.030 statt 1.080 kg) und der Leistung (680 statt 795 PS) sorgten schon vor dem ersten Rennen dafür, dass der Peugeot an den neuen Anforderungen des Reglements vorbeientwickelt wurde und sich schwer tat mit der Traktion und dem wichtigen Reifen-Management.
Jansonnie: "Leistungsunterschied nicht ausreichend ausgeglichen"
"Wir haben Entscheidungen getroffen, die nicht mehr zeitgemäß sind, und dieser Leistungsunterschied wurde durch die BoP im Jahr 2023 nicht ausreichend ausgeglichen", sagte Technikdirektor Jansonnie. "Die Idee war daher, zu einem Fahrzeugdesign zurückzukehren, das dem unserer Konkurrenten ähnlich ist, damit es bei der BoP gleichwertig behandelt werden kann." Peugeot, dreifacher Sieger der 24 Stunden von Le Mans, errang seinen ersten und einzigen Podestplatz 2023 in Monza und landete in der Gesamtwertung nur auf dem fünften Platz hinter Weltmeister Toyota.
"Der Peugeot 9X8 wurde ursprünglich für das Reglement 2020/2021 entwickelt, als die LMHs mit gleich großen Reifen vorne und hinten ausgestattet sein mussten", erklärte Stellantis-Motorsportchef Jean-Marc Finot. "Seitdem hat sich das Reglement weiterentwickelt, so dass einige unserer Konkurrenten hinten größere Reifen aufziehen können. Wir hatten gedacht, dass die BoP ausreichen würde, um unseren strukturellen Nachteil auszugleichen, aber das war nicht der Fall."
Finot weiter: "Unsere Simulationen und die ersten Testfahrten haben gezeigt, dass das Fahrzeug mehr Leistung hat. Wir hoffen daher, mit minimalem Gewicht und maximaler Leistung in der Spitzengruppe zu bleiben, ohne jedoch in die Nähe der BOP-Grenze zu kommen." Peugeot nutzte die Neuentwicklung gleichzeitig, um die Folierung des 9X8 zu überarbeiten: Ab sofort rückt das Wappentier der Marke, ein Löwe, grafisch verstärkt in den Vordergrund.
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