Es gab einige große Veränderungen beim Kawasaki Racing Team seit sich Kawasaki entschieden hat, das Team für 2007 in-house zu organisieren. In Zuge dessen wurden Sie zum Renndirektor befördert, aber wie hat das Ihre Rolle für die kommende Saison verändert?

Ichiro Yoda: Dadurch, dass Kawasaki das MotoGP-Team nun im Haus hat, hat sich meine Rolle signifikant verändert. Unser Technischer Manager, Naoya Kaneko, übernimmt die Verantwortung über die technischen Dinge, während ich mich eher um die kommerziellen Aspekte beim Betrieb eines MotoGP-Teams kümmere, so wie die Budgetkontrolle. Ich werde auch eng mit unserem Wettbewerbs-Manager Michael Bartholemy in anderen Bereichen arbeiten, wie beispielsweise die Human Resources und Logistik.

Nach viel Arbeit ist diese Maschine entstanden, Foto: Kawasaki
Nach viel Arbeit ist diese Maschine entstanden, Foto: Kawasaki

Es ist eine große Veränderung für mich, aber ich freue mich auf meine neue Rolle mit dem Team. Meine größte Aufgabe in dieser Saison wird es sein, die Art einzuführen, wie man als in-house Werksteam operiert, da dies in diesem Jahr ganz anders sein wird. In diesem Jahr ist unser Hauptaugenmerk auf Resultaten und Entwicklung.

Werden Sie in der kommenden Saison in Japan sitzen oder werden Sie nach Europa umziehen, um näher an der Teamzentrale in den Niederlanden zu sein?
Ichiro Yoda: Ich werde vom Hauptquartier von Kawasaki Motors Europe in Amsterdam aus arbeiten, was ungefähr zwei Autostunden von den Teambüros in Heerlen entfernt liegt.

Erlaubt Ihnen Ihre neue Rolle, aktiv an der Entwicklung der Ninja ZX-RR teilzunehmen?
Ichiro Yoda: Die Entwicklung läuft weiter in Japan, aber das bedeutet nicht, dass wir für gewisse Teile keine Zulieferer aus Europa einsetzen. Weil ich in Europa sein werde, werde ich in einer viel besseren Position sein, um sicherzustellen, dass wir den besten Lieferanten für die Aufgabe haben und dass die Teile unseren Ansprüchen gerecht werden was die Qualität und die Lieferzeit betrifft. Also ja, ich werde immer noch etwas in den Entwicklungsprozess eingebunden sein.

Abgesehen von der neuen Rolle haben Sie vergangene Saison die Entwicklung der neuen 800cc-Maschine geleitet. Zu Beginn müssen Sie eine Liste von Design-Zielen gehabt haben, aber was stand ganz oben auf der Liste?
Ichiro Yoda: Wir wussten von Beginn an, dass der 800cc-Motor härter und höher würde drehen müssen, um genug Kraft zu erzeugen, dass wir konkurrenzfähig sind. Wir haben berechnet, dass wir die erste Entwicklungsstufe des neuen Motors auf 18.000 Umdrehungen bringen mussten, um unser Ziel zu erreichen. Und auf dieser Ebene ist ein konventioneller Ventilschlitten mit einer Rückholfeder ineffizient. Also war es unsere erste große Entscheidung, ein pneumatisches Ventilsystem im neuen Motor einzusetzen. Das hat es uns nicht nur erlaubt, unser ursprüngliches Ziel zu erreichen, sondern gibt uns auch für die Zukunft mehr Optionen.

Wurde das pneumatische Ventilsystem in-house von Kawasaki entwickelt oder von einem Lieferanten Zugekauft?
Ichiro Yoda: Diese Technologie ist in der Motorrad-Industrie nicht sehr weit verbreitet, also mussten wir sie von einem Lieferanten hereinholen. Wie viele Leute in der Vergangenheit aber zu ihren Ungunsten feststellen mussten, lässt sich diese Technologie nicht direkt übertragen. Viele Modifikationen sind vonnöten, um etwas herzunehmen, das eigentlich Auto-Technologie ist und es an die sehr eigenen Charakteristika eines Rennmotorrades anzupassen.

In seinem Kopf dreht sich viel um pneumatische Köpfe, Foto: Kawasaki
In seinem Kopf dreht sich viel um pneumatische Köpfe, Foto: Kawasaki

Das pneumatische System hat sich als Vorteil für die Leistung der Maschine herausgestellt, aber welche Auswirkungen hatte es auf das Design und Ausführung des Rests der Maschine?
Ichiro Yoda: Natürlich haben wir nicht zuerst den Kopf designed und dann über den Rest der Maschine nachgedacht, aber das ganze Ding muss als Paket zusammenarbeiten und jeder große Teil hatte eine direkte Auswirkung auf andere Teile, die das Paket ausmachen.

Zum Beispiel entschieden wir, wegen der gestiegenen Umdrehungen einen pneumatischen Kopf zu verwenden, aber das hatte Auswirkungen auf die restliche Maschine. Der pneumatische Kopf ist leichter als ein normaler Zylinder-Kopf und ist auch kleiner. Das bedeutet, die Maschine ist kompakter. Das Aggregat verlagert aber auch den Schwerpunkt im Vergleich zu einem Motor mit normalem Kopf. Das ist eine große Änderung und die spiegelt sich in anderen Bereichen der Maschine wieder, die in Anbetracht des neuen Motors speziell designed werden mussten.

Es scheint, dass die Massen-Zentrierung momentan ein allgemeines Entwicklungsziel ist, aber was erreicht man, wenn man die Masse der Maschine zentralisiert?
Ichiro Yoda: Sicher, einer der Gründe warum wir einen unorthodoxen Aufsatz für den hinteren Stoßdämpfer haben - ihn eigentlich im Chassis auf den Kopf stellen - ist, dass es den Hauptteil des Gewichts näher an den Schwerpunkt des Motors bringt. Aber der Hauptgrund, den hinteren Stoßdämpfer so anzubringen, war die Einfachheit der Wartung. Den Dämpfer verkehrt drin zu haben, macht schnelle Wechsel an der Feder und den Einstellungen viel einfacher und schneller, wenn man während Training und Qualifying unter Druck steht.

Wie viele Teile haben die neue 800cc Ninja ZX-RR und die alte 990cc Version gemeinsam, wenn es überhaupt welche gibt?
Ichiro Yoda: Die 800cc-Maschine ist eine Evolution der 990cc, weil wir einfach das hergenommen haben, was wir in den vergangenen vier Jahren gelernt haben und diese Lektionen in das Design des neuen Motorrades eingebaut haben. Ja, es gibt einige Teile, die noch von der 990er verblieben sind, wie das Fahrgestell und die Karosserie, aber die Hauptteile, wie Chassis und Motor, sind völlig neu. Weil sich der Motor mit dem Einsatz des pneumatischen Kopfes so sehr verändert hat, wäre es nicht möglich gewesen, einfach den Motoraufsatz zu wechseln und den alten Rahmen zu nutzen. Die Maschine muss als Paket funktionieren und um das zu erreichen, mussten wir ein von Grund auf neues Motorrad entwerfen.

Randy de Puniet ist mit der neuen Maschine schon schneller als mit der alten, Foto: Kawasaki
Randy de Puniet ist mit der neuen Maschine schon schneller als mit der alten, Foto: Kawasaki

Es wurde sehr viel Aufwand in die Kraftentfaltung der sehr starken 990cc-Maschinen investiert. Ist das mit den 800ern immer noch der Fall oder gibt es jetzt andere Dinge, die einen Kontrollmechanismus brauchen?
Ichiro Yoda: Die 990cc-Motorräder hatten so viel Kraft, dass viel von unserer Entwicklungszeit damit verbracht wurde, gegen die Tendenz zu arbeiten, dass der Hinterreifen beim Beschleunigen Grip verloren hat. Die größere Maschine konnte sich für den Fahrer beim Gasgeben recht nervös anfühlen und wenn sie am Hinterrad die Traktion verloren hat, dann so plötzlich. Die Charakteristika der 800er-Maschine stellen sich so dar, dass es einfacher ist, am Gas die Kontrolle zu behalten und der Übergang zwischen Grip und keinem Grip ist weicher und vorhersehbarer. Der Motor wirkt sich auf das ganze System aus. Weil der Motor des 800cc-Motorrades weicher reagiert, ist das ganze System stabiler.

Es ist interessant, dass Randy de Punier trotz der geringeren Kraft bei unserem ersten Test in Sepang schneller war als jemals zuvor. Das ist deswegen, weil er jetzt mehr Kontrolle über die Maschine hat; vielleicht fühlt er, dass er wegen dieser Kontrolle mehr Einfluss nehmen kann und das erlaubt es ihm, die Maschine so zu fahren, wie er das will, anstatt den Fahrstil durch die pure Kraft des Motors vorgegeben zu bekommen.

Ich nehme an, die Veränderung bei der Kurvenfahrt hat auch Auswirkungen auf das Design und die Konstruktion der Reifen. Werden die Reifenhersteller in dieser Saison einige signifikante Änderungen machen müssen?
Ichiro Yoda: Die 800cc-Maschinen stellen an die Hinterreifen ganz andere Anforderungen als die 990er, was bedeutet, dass wir eine Veränderung bei den Reifencharakteristika sehen werden, sobald die Reifenhersteller die neuen Maschinen besser verstehen. Wir haben viel Vertrauen in Bridgestone. In diesem Jahr unterstützen sie mehr Teams als jemals zuvor, was bedeutet, dass sie während der Tests viele Daten sammeln und wir sind zuversichtlich, dass sie aus diesen Daten schnell Reifen entwickeln werden, die den Charakteristika der 800cc-Maschinen entsprechen. Um Bridgestones Entwicklungsprogramm in diesem Jahr zu helfen, haben wir während der Saison nach den Rennwochenenden viele Reifentests geplant.

Die Vorsaison-Tests waren sehr positiv, aber Testen und Rennen fahren kann etwas völlig anderes sein. Was sind Ihre Erwartungen für Kawasaki in der kommenden Saison und, noch wichtiger, was sind Ihre Ziele in Punkto Resultate?
Ichiro Yoda: Die 800cc Ninja ZX-RR, mit der wir in diesem Jahr fahren werden, ist sehr neu, also muss es unsere oberste Priorität sein, die Maschine fortlaufend weiterzuentwickeln. Aber wir haben auch spezifische Ziele was die Resultate betrifft. Ich erwarte, dass beide Fahrer in den Qualifyings um die Pole Position mitfahren und während der Rennen auf das Podium kommen. Ich denke, ein erster MotoGP-Sieg für Kawasaki ist für uns in diesem Jahr auch ein realistisches Ziel. Was die Weltmeisterschaft betrifft, da denke ich, dass ein Platz in den Top Sieben am Ende der Saison eine erfüllbare Erwartung ist.

An welchen Strecken hat Kawasaki ihrer Meinung nach in dieser Saison die größten Chancen?
Ichiro Yoda: Ich denke am Sachsenring, Assen, Phillip Island und Motegi, weil diese Strecken der Charakteristik unserer Maschine entgegenkommen und sie auch die Lieblingskurse unserer Fahrer sind.