Das ganze Wochenende in Valencia war richtig gute Werbung für den Motorrad-Sport. Das Pendel ist mehrere Male hin und her geschwungen und das hat eigentlich bis zum Rennen eine riesige Spannung aufrechterhalten. Es war eben nicht abzusehen, dass Rossi nach dem Sturz so weit hinten bleibt. Ich habe zuerst gedacht, er würde vielleicht doch noch weiter nach vorne kommen, aber der Abstand war dann doch zu groß.

Woran es bei Rossi im Endeffekt gelegen hat, ist schwierig zu erklären. Nicht einmal er selber wusste genau, was passiert war. Ich meine, festgestellt zu haben, dass er an die ganze Sache sehr selbstsicher herangegangen ist. Er hatte ja am Samstag schon eine Äußerung in die Richtung, dass man sich am Sonntag dann auf dem Podest sehen würde. Es war jedenfalls nicht wirklich zu spüren, dass er großen Druck hätte, sondern er hat es sich wahrscheinlich sehr einfach vorgestellt. Vielleicht war er deswegen dann auch etwas unaufmerksam und deshalb kam es zu dem Sturz.

Doch egal ob Sturz oder nicht, Nicky Hayden ist ein verdienter Weltmeister. Er war das ganze Jahr hoch konzentriert und hat einen super Job abgeliefert. Da gibt es überhaupt nichts daran zu rütteln, das ist ein verdienter Titel. Denn es ging nicht um die Anzahl der Siege, sondern darum, gegen Valentino Rossi, der immer noch sehr dominant in der MotoGP ist, alle Chancen zu nutzen. Und das hat Nicky getan und von daher alles richtig gemacht. Sicher würde es weniger Zweifler geben, wenn er ein oder zwei Rennen mehr gewonnen hätte, aber für mich gibt es da keine Diskussion. Er ist verdient Weltmeister und es sind so viele starke Fahrer unterwegs, die auch gewinnen können, dass es mit zwei Siegen eigentlich eine sehr gute Saison war.

Sehr beeindruckt hat mich aber auch, wie Hayden und Dani Pedrosa an diesem Wochenende miteinander umgegangen sind. Speziell, wie gut Nicky es verdaut hatte, dass er von Dani diesen Dämpfer in Estoril erhalten hatte. Für mich war das phänomenal und absolut sportlich. Vor dem Rennen haben sie sich die Hand geschüttelt und es schien schon fast wieder alles vergessen.

Nicht erwartet hatte ich mir, dass Troy Bayliss so stark würde auftrumpfen können. Ich hatte zwar in der vorigen Kolumne schon gemeint, dass er mit dem Superbike-Titel und den vielen Siegen in diesem Jahr im Rücken mit einem enormen Selbstvertrauen nach Valencia kommen würde. Aber dass er sich auf das Motorrad setzt und gleich wie zu Hause fühlt, das war mehr als ich erwartet hatte.

Die Leistungen von Alex Hofmann und Sete Gibernau in diesem Jahr auf der Werks-Ducati rückt der starke Auftritt von Bayliss natürlich noch ein bisschen in ein schlechteres Licht. Denn bislang hatte es ja so ausgesehen, dass Loris Capirossi mit seinem enormen Einsatz und dem Risiko, das er gegangen ist, den Unterschied gemacht hätte. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass bei Bayliss der Fahrstil nicht ganz so wild aussah wie bei Capirossi und er war trotzdem gleich schnell, wenn nicht sogar einen Tick schneller. Das wertet die Leistung von Hofmann und Gibernau nicht unbedingt auf.

Eine verworrene Entscheidung und die Premiere von Alex de Angelis

Der Titelkampf bei den 250ern war irgendwie verworren. Als Außenstehender hat man natürlich nicht den Einblick, wie die Strategie bei den beiden ausgesehen hat. Bei Lorenzo lässt es sich noch einfacher erklären. Er ist das Rennen auf Sicherheit nach Hause gefahren. Dovizioso war ja im Training schon nicht so stark, sah aber vor dem Rennen sehr konzentriert aus. Im ersten Drittel sah es für mich dann so aus, als ob er einen härteren Reifen hat und am Ende dann angreifen wollte. Denn im Prinzip wurde Dovizioso nach dem mäßigen Beginn mit jeder Runde schneller. Als ich dann dachte, es könnte noch eng werden oder er könnte zumindest um das Podest mitfahren, wurde er aber schon wieder langsamer. Wahrscheinlich hat es wieder am Motorrad gelegen, das in diesem Jahr doch deutlich unterlegen war. Dass Dovizioso irgendwie auf Sicherheit gefahren ist, kann ich mir kaum vorstellen. Zur Mitte des Rennens hat er ja auch angegriffen und wollte nach vorne.

Was dann aber gegen ihn gespielt hat, war ein starker Aprilia-Testfahrer. Alex Debon ist ein Spätbremser und hat Dovizioso eigentlich wieder alle gewonnen Plätze gekostet. Andrea hatte hingegen das Pech, dass sich sein Teamkollege Yuki Takahashi verletzt hatte und er ganz alleine gegen die Aprilia-Meute fahren musste. Sein Motorrad war eben nicht auf der Höhe und deswegen hatte er auch nur einen ganz kleinen Funken einer Chance, es war aber einfach nichts zu machen.

Im Kampf um den Rennsieg hatte ich eigentlich Hiroshi Aoyama auf Platz eins gesetzt, weil ich wusste, dass er es Roberto Locatelli und Alex de Angelis wieder sehr schwer machen würde. Er hat ja in den letzten Rennen schon bewiesen, dass er die cleversten letzten Runden fahren kann. Mit seinem Ausrutscher war aber diesmal der Weg für den ersten Sieg von Alex frei und ich hoffe stark, dass nun der Fluch aufgehoben ist, wonach er nicht gewinnen kann. In der nächsten Saison kann er dann hoffentlich auch einmal in einem spannenden Endkampf die Nase vorne haben.

Ich habe es dem Alex jedenfalls wirklich gegönnt und habe ihm in den letzten Runden kräftig die Daumen gedrückt. Ich habe gehofft, dass ihm dann in den letzten fünf Runden nichts mehr passiert und dass er keinen Konzentrationsfehler mehr macht, weil es ja bis jetzt immer so aussah, als ob irgendwas dazwischen kommt. Er hat selber sicher auch gehofft und gebetet, dass nichts mehr passiert, das Motorrad hält und er keinen Fehler mehr macht.

Bautista war trotz Platz vier sensationell

Im Qualifying der 125er waren die Kräfteverhältnisse fast schon so wie während der ganzen Saison. Ich glaube auch, dass Bautista das Rennen dominieren hätte können, aber während des Rennens hat man gesehen, dass sein Motor nachgelassen hat. Im sechsten Gang war dann einfach die Drehzahl nicht mehr da und es war dann jedes Mal so, dass ihn auf der Geraden ein, zwei oder sogar drei Gegner überholen konnten. Eine Weile hat er dennoch versucht mitzugehen und hat dabei sicher mehr als 100 Prozent riskiert; die Gegner waren aber einfach nicht mehr zu halten. Im Interview nach dem Rennen hat er gesagt, dass er nur noch mit 12.000 Umdrehungen fahren konnte, was bedeutete, dass ihm cirka 1500 Umdrehungen gefehlt haben. Umgerechnet heißt das, dass ihm zur Konkurrenz etwa zehn km/h an Top-Speed gefehlt haben und damit noch Vierter zu werden, ist eigentlich eine Sensation.

Mika Kallio hatte mit Platz zwei noch einen versöhnlichen Abschluss und im nächsten Jahr werden sich Kallio und Bautista in der 250er wahrscheinlich wieder einen heißen Kampf liefern. Sie haben beide tolle Voraussetzungen, sie kommen beide in Teams, die schon 250er-Erfahrung haben, mit Motorrädern, die schon Rennen gewonnen haben. Mit den Erfolgen, die beide im Rücken haben, sollte es auch wenige Umstellungsprobleme geben. Wenn, dann gibt es am Anfang der Saison noch ein paar Kleinigkeiten, aber ab Mitte der Saison erwarte ich beide schon unter den ersten Fünf.

Damit ist eine spannende GP-Saison vorbei, an der ich und hoffentlich auch Sie ihren Spaß hatten. Ich werde die spannenden Zweikämpfe, knappen Entscheidungen und die vielen Überraschungen jedenfalls noch lange im Gedächtnis behalten. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Winter und hoffe, dass wir uns im nächsten Jahr wieder lesen.