Es kommt äußerst selten vor, dass ein Rennen der Motorrad-Straßen-Weltmeisterschaft durch Manöver entschieden wird, die im Gelände stattfinden. In Assen war es diesmal der Fall. Nicky Hayden und Colin Edwards hatten an der Spitze dominiert bis zwei Runden vor Schluss dann der Kampf auf der Strecke auch auf Teile, die daneben lagen, ausgedehnt wurde. Zunächst musste Edwards in der vorletzten Runde nach einem harten Bremsmanöver über einen Seitenweg ausweichen. Schließlich hätten er und Hayden in der letzten Schikane wohl am liebsten Motocross-Reifen auf ihren Maschinen gehabt, als beide mit zu viel Geschwindigkeit einlenkten und neben der Strecke fuhren. Die Folge war, dass Edwards zu früh das Gas aufdrehte, sein Hinterrad ausbrach und der Texaner von der Maschine flog. Hayden verzichtete darauf im Kiesbett zu beschleunigen und steuerte zum Sieg.

"Das war ein wildes Ding heute und ich habe es genossen", meinte Hayden, nachdem er seinen ersten Triumph in Europa gefeiert hatte. Zugleich war es auch Hondas zweihundertster Sieg in der Königsklasse, was den Genuss des Amerikaners sicher noch gesteigert hat. Die Situation am Ende des Rennens beschrieb er folgendermaßen: "Als wir in die letzte Schikane fuhren, kam Colin sehr tief rein und ich verwendete eine Bewegung, die ich schon gegen Hopkins früher im Rennen genutzt hatte. Ehrlich gesagt, hat das nicht funktioniert und ich kam von der Strecke, aber er genauso."

Edwards, dem nach seinem Ausflug in die Horizontale noch der 13. Platz blieb, beschrieb den Zweikampf so: "Als Nicky zwei Runden vor Schluss innen neben mir auftauchte, lenkte er sehr spät ein, wodurch es für mich keinen Platz gab, wo ich meine Maschine hinlenken hätte können. Ich musste geradeaus fahren und zum Glück war es an einem Punkt der Strecke, an dem ich wieder direkt auf den Kurs fahren konnte. Ich wollte nicht die Tuchfühlung zu ihm verlieren und gab alles, um in der letzten Runde eine Chance zu haben. Ich kam an ihm vorbei und habe versucht eine sehr defensive Linie aus der letzten Kurve zu wählen - ich hatte keine Ahnung, dass Nicky ins Kiesbett gefahren war, sonst hätte ich das nicht tun müssen. Leider fuhr ich etwas zu scharf auf das Gras und mein Hinterrad drehte durch als ich das Gas öffnete und ich wurde abgeworfen."

Von Edwards Pech profitierten vor allem Shinya Nakano und Dani Pedrosa, die die Plätze zwei und drei erbten. Für Nakano war das gleichzeitig sein bestes Ergebnis in der MotoGP. Sein Glück bemerkte er folgendermaßen: "Ich war zu weit zurück, um zu sehen was mit Colin passiert war, aber als ich durch die letzte Schikane kam, sah ich seine Maschine am Streckenrand. Das war eine Sekunde bevor ich gemerkt habe, dass das den zweiten Platz für mich bedeutete."

Dani Pedrosa analysierte das Ganze in gewohnt nüchterner und neutraler Manier: "Die Pace von Nicky und Colin war ein wenig schneller als meine, deswegen denke ich, dass der dritte Platz gut für das Team ist. Außerdem hatte ich Glück, da Colin in der letzten Kurve gestürzt ist und mir das den letzten Platz auf dem Podest verschafft hat." Allerdings ließe sich durchaus spekulieren, ob Pedrosa nicht doch auch Shinya Nakano hätte schlagen können, da er in den ersten Runden, als er hinter Marco Melandri fest hing, viel Zeit verlor. Dazu sagte Pedrosa: "Ich muss mich am Beginn des Rennens noch verbessern, da ich dort oft Probleme habe."

Neben Nicky Hayden und Colin Edwards machten auch zwei der drei angeschlagenen Fahrer Erfahrungen neben der Strecke. Loris Capirossi und Valentino Rossi wurden beide dabei gesichtet, als sie den gleichen Fluchtweg benutzten, wie Edwards in der vorletzten Runde. Das Rennen beendeten aber beide, und Rossi sogar auf einem sehr respektablen achten Platz. Der Weltmeister meinte danach: "Das war ein wirklich schweres Rennen für mich, aber Doctor Costa, Marco Montanari und die gesamte Clinica Mobile-Mannschaft hat gute Arbeit an meiner Hand geleistet und ich konnte bis zum Ende fahren. Ich hatte Schmerzen, vor allem beim Start, und konnte daher nicht 100 Prozent meines Könnens bieten, aber es war OK."

Für Loris Capirossi war es nicht so OK. Zwar ergatterte er als 15. noch einen WM-Punkt, aber angesichts seiner sich wiederholenden Aussagen über die starken Schmerzen, die er das ganze Wochenende hatte, stellt sich die Frage, ob es das Wert war. Laut Capirossi anscheinend schon: "Das einzig positive an diesem Wochenende, war dass ich das Rennen beendet und einen Punkt geholt habe. Das Rennen war sehr, sehr schwierig und der Schmerz in meiner Brust fast nicht zu ertragen. Aber ich gab nie auf und ein WM-Punkt könnte sehr nützlich sein."

Capirossis Teilzeit-Teamkollege Alex Hofmann erreichte nach zwei Tagen Eingewöhnung auf der Werks-Ducati den 12. Platz. Ein besseres Ergebnis verlor er nach seinen Angaben in der Anfangsphase des Rennens: "Ich hatte einen wirklich guten Start, aber in den ersten zwei Kurven war ich immer dort, wo ich nicht hätte sein sollen und verlor viele Positionen." Genau die Zeit, die er dort liegen gelassen hatte, fehlte ihm am Ende um auf die vor ihm liegenden Chris Vermeulen, Makoto Tamada und Carlos Checa aufzuschließen, meinte Hofmann weiter. Dennoch zog er ein positives Resümee des Rennwochenendes: "Es gibt zwar noch Raum für Verbesserungen, aber wenn man die Zeit bedenkt, die ich hatte mich an die Maschine zu gewöhnen, bin ich recht zufrieden."