Frankie Carchedi hatte 2024 so etwas wie eine Auszeit von seinem 'üblichen' Job in der MotoGP. Der Brite durfte mit Superstar Marc Marquez zusammenarbeiten und erlebte eine äußert erfolgreiche Saison. Eigentlich ist der Crewchief von Gresini aber dafür bekannt, junge Fahrer an die Königsklasse heranzuführen. Fabio di Giannantonio verhalf er zur Karrierewende und Joan Mir (damals noch bei Suzuki) wurde sogar im bereits zweiten Jahr Weltmeister. 2025 wird er nun Rookie Fermin Aldeguer unter seine Fittiche nehmen. Die ersten Eindrücke waren äußerst vielversprechend.
Carchedi: Fermin Aldeguers Fortschritte beim MotoGP-Test 'fast beängstigend'
"Wir hatten einen kleinen Ausrutscher, aber es hätten bei diesen schwierigen Bedingungen viel mehr sein können", blickt Carchedi im Gespräch mit crash.net auf den ersten MotoGP-Test Aldeguers in Barcelona zurück. Einmal verlor der Teenager in Kurve Fünf die Front. Ansonsten wurde durchweg am Königklassendebüt gearbeitet. "Nach der zweiten oder dritten Runde sagte er, dass man sich irgendwie an die Geschwindigkeit gewöhnt, aber als wir uns die Daten ansahen, war das Bremsen der Bereich, in dem es noch viel mehr Spielraum gab", verriet sein Crewchief.

Doch der junge Spanier scheint schnell zu lernen: "Die Sache, die mich wirklich beeindruckt hat, war, dass wir uns nur einmal hingesetzt haben, um uns das anzuschauen. Und schon bei der nächsten Ausfahrt war er viel näher an den Spitzenfahrern dran. Es war sogar ziemlich beängstigend, weil wir dachten, dass wir ihn vielleicht ein bisschen zu sehr unter Druck gesetzt haben." Auch die vielleicht größte Eigenheit der MotoGP-Maschine von Ducati im Vergleich zur Moto2 bereitete keine großen Probleme: "Wir haben uns fast den ganzen Vormittag auf das Erlernen des Ride-High-Devices konzentriert und er hat sich damit sehr schnell zurechtgefunden."
Und da hört das Lob nicht auf. Auch bei einem weiteren entscheidenden Faktor in der MotoGP lernte Aldeguer schnell. „Eines der positivsten Dinge beim Test war sein Umgang mit den Reifen. Denn es geht nicht nur darum, ein Motorrad schnell zu fahren, sondern auch darum, die Reifen nicht so sehr zu verbrauchen", erklärte der Brite. Gesagt, getan: "Tatsächlich fuhr er mit dem letzten neuen Reifen seine schnellste Rundenzeit und verbrauchte dabei so wenig Reifen wie möglich."
Testtage verschleiern das wahre Bild: Härtetest für Rookies erst an 'richtigem' Rennwochenende
Auf dem Longrun sieht es also schon einmal nicht schlecht aus. Was die andere Kerndisziplin angeht, so wird sich das wahre Bild erst noch zeigen müssen. Es gibt ein bekanntes Rookie-Phänomen, das es zu beachten gilt: "Die Tests sind nicht so schlecht, weil man einen ganzen Tag auf der Strecke hat. Das kann man planen. Man hat zwei Motorräder, alles ist ziemlich einfach. Man nimmt sich Zeit und kann ein gutes Niveau erreichen. Deshalb sieht man oft viele Rookies, die im ersten Rennen richtig gut fahren. Die Überraschung kommt am zweiten Rennwochenende, auf einer Strecke, auf der man nicht getestet hat. Man hat etwa 20 Runden im FP1, und dann muss man schon in den Qualifying-Modus wechseln."

Zwar ist das echte Qualifying erst am Samstag, aber bekanntermaßen müssen die Fahrer sich bereits am Freitagnachmittag im Training mit einer schnellen Runde für das Q2 qualifizieren. Diese Erwartungshaltung will Carchedi aber erstmal nicht an den Tag legen: „Vor allem in den ersten Rennen wäre es falsch, auf eine neue Strecke zu gehen, 20 Runden zu fahren und dann zu sagen: 'Okay, du musst den Stift ziehen, die Augen schließen und versuchen, Q2 zu erreichen'." Dennoch müssen hier natürlich mit der Zeit Fortschritte erzielt werden. "In der MotoGP diktiert die Startposition viel davon, was man in den Rennen machen kann", weiß er nur zu gut. Marc Marquez hatte sich 2024 durch einige Stürze im Qualifying noch bessere Ergebnisse verbaut.
Durchwachsene Moto2-Saison 2024 kein Problem: Fermin wird beeindrucken!
Wichtig ist für Carchedi vor allem die Entwicklung in der Gesamtheit. „Ich erwarte, dass wir im Laufe des Jahres konkurrenzfähiger sein werden, nicht nach dem Motto 'das ist eine gute Strecke, das ist eine schlechte Strecke'. Es wird eher ein Aufwärtstrend sein", gibt er an. Eine Entwicklung, die ab Argentinien bewertet werden kann. Auf den Saisonauftakt in Thailand kann sich Aldeguer mit zwei Testtagen vorbereiten.
Dabei gilt es auch eine eher zerfahrene Moto2-Saison 2024 hinter sich zu lassen. Als großer Favorit gestartet wurde es am Ende nur Gesamtrang fünf, trotz immerhin drei Siegen. Doch Carchedi hat dafür eine Erklärung: „In der Moto2 wurde der Reifenhersteller gewechselt, was vielen Fahrern Schwierigkeiten bereitete. Jeder [Top-]Fahrer schien eine Periode von drei bis vier Rennen zu haben, in denen er unschlagbar aussah, und in den nächsten drei bis vier Rennen hatte er dann wirklich zu kämpfen."

Deswegen gibt es da auch keine großen Bedenken: „Ich denke, die Umstände, dass es das erste Jahr mit Pirellis war, bedeutet, dass man das nicht so sehr in Betracht zieht. Ich meine, Fermins Schlussphase 2023 war absolut unglaublich, er war der Einzige, der es mit Pedro [Acosta] aufnehmen konnte. Und von dem wissen wir, dass er ein Weltklasse-Fahrer ist." Der Gresini-Mann ist in seinem finalen Fazit stattdessen optimistisch: "Fermin wird dieses Jahr viele Leute beeindrucken."
Marc Marquez bedauerte im Übrigen die Trennung von Carchedi, der nicht mit ihm ins Ducati-Werksteam wechselte. Hier lest ihr mehr dazu:
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