Das MotoGP-Saisonfinale steht an, vom 15. bis 17. November wird das letzte Rennwochenende in Barcelona ausgetragen. Der Kampf um die Weltmeisterschaft ist nach Francesco Bagnaias Sieg im Malaysia-GP dabei auf dem Papier noch offen, doch der Ducati-Pilot befindet sich mit 24 Punkten im Hintertreffen und hat nur noch geringe Chancen auf die Titelverteidigung.

Aus eigener Kraft kann Bagnaia seinen Punkterückstand nämlich nicht mehr aufholen. Selbst wenn er beide Rennen gewinnt, ist er auf einen Patzer von WM-Leader Jorge Martin oder auf Schützenhilfe aus dem restlichen Starterfeld angewiesen. Doch es sieht schlecht aus: Da in Barcelona in Sprint und Grand Prix kombiniert noch maximal 37 Punkte zu holen sind, genügen Martin theoretisch sogar zwei fünfte Plätze zum Gewinn seiner ersten MotoGP-Weltmeisterschaft.

Episches Duell bringt großen MotoGP-Showdown in Barcelona (06:26 Min.)

Macht es Francesco Bagnaia wie Jorge Lorenzo 2013?

Selbst wenn sich Marc Marquez und Enea Bastianini, nach den beiden WM-Rivalen 2024 klar die besten MotoGP-Piloten im Feld, in Sprint und Grand Prix zwischen Bagnaia und Martin schieben könnten, würde Letzterer also noch problemlos Weltmeister werden. Heißt für Bagnaia: Er benötigt noch mindestens zwei weitere Piloten, die vorne mitmischen und Martin Punkte abnehmen. Aus eigener Kraft werden Aprilia, KTM, Yamaha und die restlichen Ducati-Piloten aber wohl kaum mit dem Pramac-Star mithalten können.

Greift Bagnaia beim Saisonfinale daher zu schmutzigen Tricks, um das Feld künstlich abzubremsen und eng beisammen zu halten? Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, schon vor elf Jahren setzte Jorge Lorenzo auf eine ähnliche Taktik. Der Yamaha-Pilot musste damals 13 WM-Punkte auf Honda-Rookie Marc Marquez aufholen, um sich selbst noch zum Weltmeister zu krönen. Lorenzo brauchte folglich mindestens drei Piloten zwischen sich und Marquez und versuchte beim Saisonfinale in Valencia deshalb bewusst, das Renntempo gering zu halten, um anderen Fahren die Möglichkeit zu geben, mit Marquez mitzuhalten und ihn zu überholen.

Wagt Bagnaia nun einen ähnlichen Versuch? Klare Antwort: Nein! "Ich kein Typ, der so etwas macht", winkte der Ducati-Star schon am Sonntag im MotoGP-Format 'After The Flag' entschieden ab und erklärte: "Wenn ich das getan hätte, könnte ich nicht glücklich sein. Das kam mir gar nicht erst in den Sinn, denn das ist nicht fair und ich will auf faire Art und Weise gewinnen." In der offiziellen Pressekonferenz unterstrich er seine Aussagen wenig später nochmal: "Ich bin ein sauberer Fahrer und ein Sportsmann. Ich mag solche Sachen nicht."

Francesco Bagnaia hält nichts davon, dass MotoGP-Feld künstlich beisammen zu halten, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia hält nichts davon, dass MotoGP-Feld künstlich beisammen zu halten, Foto: LAT Images

Francesco Bagnaia peilt Qualifying-Hilfe für MotoGP-Konkurrenz an

Sieht Bagnaia im Zweifelsfall also hilflos mit an, wie ihn Jorge Martin vom WM-Thron stößt? Nein, natürlich nicht. Der (noch) amtierende Weltmeister will das Kräfteverhältnis auf andere Art und Weise durcheinandermischen. "Wir haben noch eine Chance, aber ich brauche wirklich die Hilfe der anderen. Denn wenn ich gewinne, wird er [Martin, Anm.] schlechtesten falls Zweiter, da wir auf einem anderen Level fahren. Ich werde den anderen daher während dem Wochenende meinen Windschatten geben", kündigt Bagnaia an. Der 27-jährige Turiner will Sprint und GP also schon vor dem Erlöschen der Roten Ampel über die Startaufstellung beeinflussen.

Dass Bagnaia das Potenzial dazu hat, andere Piloten im Qualifying zu einer schnellen Runde zu ziehen, unterstrich er zuletzt mit zwei Pole Positions in Serie. Doch auch Martin gilt als exzellenter Qualifier, fand sich in den letzten sechs Rennwochenende einzig in Motegi - aufgrund eines Sturzes - außerhalb der ersten Startreihe wieder. Zudem gilt der Circuit de Barcelona-Catalunya nicht gerade als MotoGP-Strecke, auf der nur schwer überholt werden kann. Schwer vorstellbar also, dass Martin selbst bei einem schlechten Qualifying im Mittelfeld feststecken bleiben könnte, sollte Bagnaia die Rennpace an der Spitze nicht doch künstlich kontrollieren.

In Barcelona sind Überholmanöver ohne Zweifel möglich, Foto: LAT Images
In Barcelona sind Überholmanöver ohne Zweifel möglich, Foto: LAT Images

Selbst wenn sich Bagnaia aber noch dazu durchringen würde, stünden die Karten wohl schlecht. Zu überlegen sind die beiden WM-Rivalen dem restlichen Feld im Jahr 2024. "Das Problem ist, dass der Unterschied zwischen Pecco und Martin im Vergleich zu den anderen riesig ist", weiß auch Marquez und verweist auf den Malaysia-GP: "Du siehst ja, dass Bastianini das Rennen mit zehn Sekunden Rückstand beendet hat. Das Rennen zwei bis drei Sekunden einzubremsen geht noch, aber es zehn Sekunden oder mehr einzubremsen ist unmöglich." Somit bleibt Bagnaia wohl nur die Hoffnung auf die Barcelona-Tücken. Alle Infos dazu findet ihr hier: