Zahlreiche Überholmanöver im Spitzenfeld, Stürze und Defekte für WM-Anwärter und unglaubliche Begeisterung der Fans in Indonesien - viel mehr als die Geschehnisse der vergangenen Tage kann sich die MotoGP von einem Grand-Prix-Wochenende eigentlich nicht wünschen. Und dennoch ist es am Ende nicht Freude über guten Rennsport, sondern ein fader Beigeschmack, der am Montag nach dem Indonesien-GP dominiert.

Weil die MotoGP am Sonntag wieder einmal ihren grundlegendsten Aufgaben nicht nachgekommen ist. Dass Marc Marquez' Ducati aufgrund mangelhafter Feuerlöschausrüstung völlig zerstört wurde, ist da noch das kleinste Problem. Viel bedenklicher ist die Tatsache, dass zum zweiten Mal innerhalb einer Woche für Fans und Journalisten gleichermaßen nicht klar ist, wie es zum endgültigen Rennergebnis gekommen ist.

Zuletzt in Misano war es die nicht durchgeführte oder nicht kommunizierte Untersuchung - so genau weiß das bis heute niemand - der Kollision zwischen Jorge Martin und Enea Bastianini im Kampf um den Rennsieg. Am Sonntag in Indonesien hatte die MotoGP nach der Zieldurchfahrt definitiv nur ein vorläufiges Ergebnis, denn Untersuchungen wegen möglicher Reifendruckverstöße vonn Takaaki Nakagami, Brad Binder und vor allem Pedro Acosta auf Platz zwei hätten das Resultat noch durcheinanderwürfeln können.

Acostas Vorderreifen und die Wassertonne

Dass Acosta als Zweiter auf dem Podium feiern durfte und in der offiziellen Pressekonferenz Rede und Antwort stehe musste, bevor klar war, ob er überhaupt Zweiter wird, ist ein altbekanntes Problem. Neu war allerdings der zweistündige Urteilsfindungsprozess der Stewards, in diesem Fall unterstützt vom Technischen Direktor der MotoGP, Danny Aldridge. In diesem tauchte Acostas GasGas-Team das betroffene Rad in eine Tonne mit Wasser und wies durch die aufsteigenden Luftbläschen nach, dass ein Leck der Grund für zu geringen Reifendruck war. Man bediente sich anschließend Paragraph 2.4.4.9.1 des Technischen Reglements, der besagt, dass Aldridge in Absprache mit Reifenlieferant Michelin das finale Urteil fällen kann, das schließlich von den Stewards vollstreckt wird.

Wieso genau das Luftleck zu einem Freispruch führte, bleibt ein Geheimnis. Eine mögliche Erklärung wäre, dass solche Beschädigungen im Laufe eines Rennens auftreten können, ohne dass Fahrer oder Team Schuld daran tragen. Eine offizielle Begründung fehlt uns aber ebenso wie ein Einblick in das Chaos, das sich rund um Nakagami und Binder abspielte. Parallel mit der Verkündung des Acosta-Freispruchs zwei Stunden nach Zieleinlauf wurde in ihren Fällen erklärt, dass "aufgrund der Art der technischen Untersuchung nach dem Rennen die Ergebnisse beim nächsten Event veröffentlich werden."

MotoGP gelingt doch Endergebnis

Die MotoGP wollte sich also einfach mal entspannte vier Tage Zeit geben, um Reifendrücke zu ermitteln, eine Entscheidung zu fällen und ein Rennergebnis zu erstellen. Irgendjemand dürfte die Regelhüter darüber informiert haben, dass dies wohl nicht die eleganteste Lösung war. Denn nur eine weitere Stunde später trudelte ein überarbeiteter Report der Stewards ein, in dem sie nun doch die Beendigung der technischen Kontrolle bekanntgeben durften. Auch Binder wurde freigesprochen - er erklärte das mit einem vermeintlich fehlerhaften Reifendrucksensor. Takaaki Nakagami bekam 16 Sekunden Zeitstrafe aufgebrummt. Wahrscheinlich sorgte sein Vorderreifen für keine Luftbläschen.

Man möge mir einen Anflug von Zynismus an dieser Stelle verzeihen, aber die Amateurhaftigkeit, mit welcher derartige Angelegenheiten in der MotoGP behandelt werden, ist einfach nur schockierend. Dieser Kommentar soll kein Angriff auf einzelne Personen wie Danny Aldridge sein. Er leistet als Technischer Direktor seit vielen Jahren gute Arbeit, muss aber als Einzelkämpfer die Ingenieurshorden der fünf MotoGP-Hersteller unter Kontrolle halten und soll sich nebenbei noch um Reifendrücke oder ähnliche Ärgernisse kümmern - eine aussichtslose Mission.

Krieg der Worte zwischen Bagnaia und Martin? War doch nur Spaß! (07:30 Min.)

Vielleicht würde die MotoGP gut daran tun, ihre Technikabteilung etwas aufzurüsten. Der Fokus scheint momentan aber eher darauf zu liegen, künstliches Drama im WM-Kampf zwischen Jorge Martin und Francesco Bagnaia zu schüren. Aus einem harmlosen verbalen Schlagabtausch nach dem Sprint machte die MotoGP auf ihren Social-Media-Kanälen "scharfe Kommentare" und einen "Krieg der Worte". Was das sollte, fragten sich nicht nur Martin und Bagnaia selbst. Doch es scheint mittlerweile leider üblich zu werden, dass uns MotoGP-Rennen mit mehr Fragen als Antworten zurücklassen.