Die MotoGP wurde in den letzten vier Jahren mit packenden Titelkämpfen verwöhnt, speziell Francesco Bagnaia sorgte 2022 und 2023 in seinen Duellen mit Fabio Quartararo und Jorge Martin für Hochspannung bis zum Schluss. Doch kein WM-Kampf fesselte die Königsklasse im zurückliegenden Jahrzehnt so sehr wie jener von Valentino Rossi und Jorge Lorenzo im Jahr 2015, in dem auch Marc Marquez eine entscheidende Rolle spielte. Das Verhältnis der beiden MotoGP-Superstars gilt seither als unheilbar zerstört - das unterstrich Rossi in der zurückliegenden Woche wieder einmal.
Im Podcast 'Mig Babol' des ehemaligen VR46-Academy-Piloten Andrea Migno, der seit 2024 als Videoanalyst für das VR46-Racing-Team arbeitet, sprach Rossi erstmals seit langer Zeit wieder ausführlich über die Geschehnisse der Saison 2015 und ließ dabei kein gutes Haar an Marquez. "Das ist das Schlimmste, was mir auf sportlichem Level je widerfahren ist", begann die MotoGP-Legende von Migno auf den damaligen Titelverlust angesprochen. Zur Erinnerung: Rossi war seinerzeit mit elf Punkten Vorsprung auf Yamaha-Teamkollege Lorenzo in die letzten beiden Saisonrennen in Malaysia und Valencia gegangen, wurde aufgrund mehrerer kontroversen Vorfälle auf den letzten Metern aber noch abgefangen und am zehnten Titelgewinn seiner WM-Karriere gehindert.
Argentinien-Kollision als Auslöser - Rossi-Marquez-Beziehung zerbricht
"Der Streit mit Marquez begann in Argentinien", erinnert sich Rossi an die erste Kollision der beiden, in welcher der spanische Honda-Pilot im Kampf um den Sieg zu Sturz gekommen war. "Er hatte den Medium-Rear gewählt, ich den Hard. Er ist dadurch weggezogen, ich habe ihn aber nochmal eingeholt. Ich war viel schneller. Ihn zu überholen, war nur eine Formalität für mich. Ich war auf der Geraden nach Turn 3 hinter ihm und habe auf der Bremse überholt. Bis dahin waren wir immer gut miteinander ausgekommen. Ich war innen, aber er hat trotzdem reingehalten." Es kam zur ersten Berührung, wenig später krachte es erneut. Marquez touchierte das Hinterrad von Rossis Yamaha und flog spektakulär ab.
Eine absichtliche Berührung, wie Rossi nun vermutet: "Ich war vorbei und er sah das als einzige Chance, nochmal an mir vorbeizukommen. Er wollte mich sofort zu Sturz bringen und ist deshalb absichtlich in mich gekracht, um mich zu Boden zu werfen. Ich wollte aber nicht verlieren und bin weiter meine Linie gefahren, dann haben wir uns berührt. Ich habe ihm zurückgegeben, was er mir gegeben hat. Er ist gestürzt und von da an ist unsere Beziehung zerbrochen - auch wenn er zunächst noch so getan hat, als würden wir noch auskommen und hat mir weiterhin den Arsch geküsst."
Rossi: Marquez wollte, dass ich MotoGP-Titel 2015 nicht gewinne
Knapp zwei Monate später kam es zum nächsten Vorfall: Der letzten Kurve der Dutch TT. "Ich wusste, dass er es in der letzten Schikane nochmal versuchen würde", kommentiert Rossi. "Ich habe so hart wie möglich gebremst und er hat mich trotzdem attackiert. Ich wurde von der Strecke gekickt. Sobald ich ihn gespürt habe, habe ich die Schikane abgekürzt und gewonnen. Ich war schon am Limit, er hätte die Kurve niemals bekommen. Er wollte nur mich treffen. Im Parc Ferme habe ich dann noch nie ein Gesicht wie seines gesehen. Er sagte mir: 'Es ist leicht, durch abkürzen zu gewinnen.' Ich meinte dann nur, dass er doch nur mich treffen wollte und was ich denn hätte tun sollen. Ich habe ihm gesagt, dass er objektiv bleiben sollen. Von da an war es vorbei."
Denn im Marquez-Lager wurde die kontroverse Niederlage in Assen offenbar nicht gut aufgenommen. "Ich habe herausgefunden, dass sie - speziell [Emilio] Alzamora [Marquez' damaliger Manager, Anm.] - im Paddock umhergelaufen sind und gesagt haben: 'Okay, da wir den Titel jetzt nicht mehr gewinnen werden, wird er es auch nicht tun.' Das haben sie einigen Spaniern erzählt, die es dann einigen meiner spanischen Freunde gesagt haben. Sie haben mir dann gesagt, dass ich in den letzten Rennen vorsichtig sein soll. Auch Uccio [Alessio Salucci, Anm.] meinte, dass ich bei Marquez vorsichtig sein soll."
Trotz einiger Siege zur Saisonmitte schied Marquez spätestens mit seinem Sturz vor heimischen Fans in Aragon aus dem WM-Kampf aus, der MotoGP-Titel 2015 würde zwischen Rossi und Lorenzo ausgefahren werden - zumindest dachten das alle. Nach dem Australien GP, welchen Marquez gewonnen hatte, bezichtigte Rossi, der nur Vierter wurde, den Spanier jedoch absichtlich harter Attacken gegen ihn. Rückblickend wohl ein fataler Fehler, denn daraus resultierte drei Tage später der 'Sepang-Clash'. "In Malaysia habe ich auf der Pressekonferenz gegen ihn ausgesagt, um ihn zu entehren. Ich habe jedem gesagt, was er tut, damit er es vielleicht unterlässt", erklärt Rossi. "Er hatte ja nichts mehr mit dem Titelkampf zu tun, nur Lorenzo und ich waren noch im Rennen. Wenn du um den Titel fährst, hätte ich das ja vielleicht noch verstehen können. Wenn du damit aber nichts zu tun hast, solltest du einfach dein eigenes Rennen fahren und dich raushalten."
Rossi über Sepang-Clash: Habe durch Marquez den WM-Titel verloren
Es kam bekanntlich anders. "In Sepang hat er mir aber wehgetan und mich das ganze Rennen über nicht in Ruhe gelassen. Er hat drei- oder viermal versucht, mich zu Sturz zu bringen. Ich bin aber nicht gestürzt, bin ihm dann nahegekommen und habe ihn angesehen, um zu fragen: 'Was zum Fick machst du da?' Dann haben wir uns berührt. Ich wollte ihn nicht zu Sturz bringen, aber er ist umgefallen. Dadurch habe ich die Weltmeisterschaft verloren, weil ich in Valencia dann vom letzten Platz starten musste", beschreibt Rossi, der die Momente nach Rennende wie folgt erlebte: "Sie haben mich zur Rennleitung bestellt. Ich kam mit [Massimo] Meregalli von Yamaha und Marquez mit seinem Manager Alzamora. Dieser hat dann angefangen, mich zu beleidigen. Ich wollte wissen, warum er überhaupt da ist, wenn er nicht von Honda ist. Es gab einen kleinen Streit. Letztlich hat Mike Webb [Rennleiter, Anm.] dann verkündet, dass ich in Valencia als Letzter starten würde."
Eine kontroverse Strafe, gab es in der MotoGP doch nie zuvor einen vergleichbaren Fall. "Den Regeln zufolge hätte ich in Sepang eine Durchfahrtsstrafe bekommen müssen und wäre Fünfter geworden. Wenn sie glaubten, dass ich Marquez absichtlich zu Sturz gebracht hätte, hätten sie mir das aufbrummen müssen", kritisiert Rossi, der beim Saisonfinale in Valencia nicht mehr über P4 hinauskam und den Titelkampf mit Lorenzo um fünf Zähler verlor. "Sie haben es nicht getan und mir damit die Beine abgeschnitten, ich hatte den WM-Titel verloren", fährt der Yamaha-Star fort. "Ich habe Marquez gesagt, dass er das jetzt seine restliche Karriere mit sich herumtragen müsste. Es ist widerlich, jemanden absichtlich verlieren zu lassen. Als Mike Webb meine Strafe für Valencia verkündet hat, wurde mir eiskalt, weil ich wusste, dass der Titel verloren war. Meine erste Reaktion war aber, zu Marquez zu blicken, der aufgeschaut und zu Alzamora geblickt hat, als würde er sagen: 'Wir haben es geschafft.'"
Valentino Rossi: Kein Fahrer je so schmutzig wie Marquez
Auch neun Jahre später sitzt der Stachel also immer noch tief, von Marquez' Persönlichkeit hält Rossi weiterhin nichts. "Er ist ein sehr starker Fahrer, ein Champion", kommentiert der Italiener abschließend. "Er war schon immer am Limit, sehr aggressiv. Aber 2015 hat er die Grenze überschritten. Ich habe noch nie einen Motorsport-Weltmeister erlebt, der absichtlich dafür gekämpft hat, dass andere Fahrer verlieren. Das unterscheidet ihn von Anderen, die bestimmte Dinge getan haben. Sie haben das für sich selbst gemacht, weil sie gewinnen wollten. Es gab aber nie jemanden, der so schmutzig fuhr wie er."
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