Alles nimmt einmal seinen Anfang - und so auch die MotoGP. Steht in knapp zwei Wochen mit der Dutch TT in Assen bereits das 1023. Grand-Prix-Wochenende der WM-Geschichte an, begann alles vor exakt 75 Jahren am 17. Juni 1949. Damals trug die Motorrad-Weltmeisterschaft auf der berüchtigten Isle of Man den ersten Grand Prix der Geschichte aus - noch ein Jahr vor dem ersten Formel-1-Grand-Prix in Silverstone. Motorsport-Magazin.com blickt auf dieses historische Ereignis zurück.
Erste offiziell angemeldete Motorradrennen gab es auch schon vor jenem 17. Juni 1949 in Großbritannien. Speziell in Europa duellierten sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste mutige Rennfahrer auf zwei Rädern. Schnell fanden Teile der Öffentlichkeit Gefallen an diesem spektakulären Kräftemessen, wodurch schon erste große nationale Veranstaltungen als Grand-Prix-Rennen bezeichnet wurden. Allerdings fanden diese noch völlig unabhängig voneinander statt und variierten teils stark in Reglementierung und Teilnahmebedingungen.

Motorrad-WM entsteht 1949: FIM schafft einheitliches Reglement
Als sich die Welt Ende der 40er-Jahre dann langsam vom 2. Weltkrieg erholte und der wirtschaftliche Aufschwung ins Rollen kam, bot sich mit Gründung der FIM [zuvor FICM, Anm.] als weltweitem Dachverband des Motorradsports im Jahr 1949 die Möglichkeit, zukünftig Regeln und Vorschriften zu koordinieren. So konnten ausgewählte Veranstaltungen wie die traditionsreiche Isle of Man TT ab 1949 Teil einer offiziellen Weltmeisterschaft werden - der ersten ihrer Art. Denn die Motorrad-WM ist mit ihrem Startdatum im Jahr 1949 zugleich die älteste Motorsport-Weltmeisterschaft der Geschichte.
Bereits Ende 1948 wurde bei einem FICM-Meeting in London beschlossen, dass die neugeschaffene Motorrad-WM nach dem Vorbild der Grand-Prix-Rennen veranstaltet werden sollte. Die Premierensaison würde Mitte Juni 1949 starten, über knapp drei Monate laufen und insgesamt sechs Große Preise beinhalten. Neben der Isle of Man TT bildeten der Schweizer GP, die Dutch TT, der Belgien GP, der Ulster GP und der Nations GP in Monza den ersten WM-Kalender der Geschichte.
Bei diesen sechs Grand Prix könnten insgesamt fünf unterschiedliche Kategorien an den Start gehen: 125ccm, 250ccm, 350ccm, 600ccm-Sidecars und die 500ccm-Königsklasse. Speziell die kleineren Klassen sollten 1949 aber nicht immer präsent sein, dafür waren die finanziellen Aufwendungen noch zu hoch. Einzig die 500ccm-Klasse absolvierte alle sechs Rennwochenenden. Die besten fünf Piloten eines Rennens wurden dabei mit WM-Punkten für ihre Leistungen entlohnt, gleiches galt für den Fahrer mit der schnellsten Rennrunde. Am Ende des Jahres sollte dann in jeder Kategorie auf Basis der erzielten Punkte ein Weltmeister gekrönt werden.

Isle of Man 1949: Leslie Graham scheitert kurz vorm Ziel
Nachdem das Reglement im Frühling 1949 final geschaffen war, war alles angerichtet für das Premierenrennen der Königsklasse am 17. Juni inmitten der irischen See. Ganze siebenmal mussten die startberechtigten Piloten den berüchtigten Kurs der Isle of Man umrunden und somit knapp 425 Kilometer zurücklegen. Heute undenkbar, denn bei einer Rundenzeit von knapp 27 Minuten dauerte der erste Grand Prix der WM-Geschichte somit mehr als drei Stunden. Letztlich war es der Brite Harold Daniell, der das Ziel nach 182 Minuten und 18,6 Sekunden als Erster erreichte und sich damit seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicherte.
Doch beinahe wäre es dazu gar nicht gekommen, denn der Norton-Pilot lag über weite Strecken der Isle of Man TT nur auf Platz zwei. Sein Landsmann Leslie Graham hatte das Rennen nämlich von der ersten bis zur letzten Runde angeführt, ehe der Magnetantrieb seiner AJS Porcupine 500cc Twin auf den letzten Metern noch abriss. Er verlor den sichergeglaubten Sieg und musste sein defektes Motorrad bis zur Ziellinie schieben, die er nur noch als Zehnter erreichte. Die Punkteplätze verpasste er damit deutlich, hatte aber immerhin die schnellste Runde gefahren und ging somit nicht leer aus. Der erste Sieg in der Motorrad-Weltmeisterschaft ging derweil an Daniell, der knapp anderthalb Minuten vor dem Zweitplatzierten Johnny Lockett ins Ziel gekommen war. Ernie Lyons komplettierte das erste Podest der Geschichte als Dritter.

Der Auftakt zu mittlerweile 76 Jahren Motorrad-WM war somit geschaffen. Ganze 1.022 Grand Prix wurden seither ausgetragen, 407 verschiedene Piloten haben sich über die unterschiedlichen WM-Klassen hinweg in die Siegerlisten eingetragen. 75 verschiedene Strecken wurden Teil der Motorrad-WM, 127 unterschiedliche Weltmeister wurden gekrönt. Graham (500ccm), Frith (350ccm), Bruno Ruffo (250ccm) und Nello Pagani (125ccm) waren Ende 1949 die Ersten, 2023 kamen zuletzt Jaume Masia (Moto3) und Mattia Casadei (MotoE) neu hinzu. Ob sich 2024 weitere Fahrer finden werden?
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