Im Jahr 2021 wurde die Motorradwelt gleich mehrfach mit tödlichen Unfällen junger, talentierter Piloten konfrontiert. Da sich alle Vorfälle ähnelten - sämtliche Fahrer wurden von nachfolgenden Maschinen getroffen - arbeitet die Motorrad-Weltmeisterschaft seither an einem System, dass schnell reagieren und alle Piloten auf der Strecke vor einem Sturz eines anderen Fahrers warnen soll. 2023 sammelte die MotoGP bereits zahlreiche Daten, um ein solches Sturzerkennungssystem umsetzen zu können.

Dabei konnte wohl ein funktionierendes System entwickelt werden, welches bereits in der MotoGP-Saison 2024 für alle Piloten der drei WM-Klassen verpflichtend wird. Denn am Rande des zweiten Tages des Shakedown-Test in Sepang machte eine geupdatete Version des FIM-Regelwerks die Runde. Dort wurde folgender Absatz ergänzt: "Alle Motorräder müssen das einheitliche MotoGP-Licht am Heck der Maschine montiert haben, welches entweder von der Rennleitung bei Regen oder schlechten Sichtverhältnissen ferngesteuert oder vom Unfallerkennungs-/Alarmsystem des Veranstalters automatisch ein- und ausgeschaltet werden kann." Unser Kollege Peter McLaren von 'Crash.net' hatte zuerst davon berichtet.

Das Hecklicht der Motorräder wird ab 2024 besser erkennbar sein, Foto: Yamaha
Das Hecklicht der Motorräder wird ab 2024 besser erkennbar sein, Foto: Yamaha

Crashsystem noch nicht ausgereift: Noch zu viele Fehlmeldungen

Während das neue Hecklicht schon beim Saisonauftakt in Katar (08. bis 10. März) zum Einsatz kommen und damit andere Motorräder bei schlechten Sichtverhältnissen, etwa im Starkregen, besser erkennbar machen wird, muss ein Einsatz des neuen Sturzerkennungssystems allerdings noch bezweifelt werden. Denn wie 'Crash.net' berichtet, soll dieses System noch nicht einwandfrei funktionieren. Zwar konnte es während der Testphase im Vorjahr bereits Unfälle schnell und genau erkennen, sowie anschließend eine 'Bike zu Boden gegangen'-Benachrichtigung an die Rennleitung übermitteln, löste aber auch immer wieder Fehlalarme aus - etwa beim Umkippen des Motorrads beim Verladen auf ein Bergungsfahrzeug.

Daher wird das Sturzerkennungssystem wohl erst noch weiter getestet werden müssen, ehe es an einem Rennwochenende zum Einsatz kommen kann. Grundsätzlich ist der Alarm natürlich dazu gedacht, nur dann auszulösen, wenn ein Fahrer tatsächlich gestürzt ist, nicht etwa bei einem Ausritt ins Kiesbett oder einem abgefangenen Highsider. Für den Moment bleibt also die visuelle Erkennung eines Unfalls durch die lokalen Streckenposten von entscheidender Wichtigkeit. Sie müssen nachfolgende Piloten weiterhin mit entsprechenden Flaggen vor Gefahren warnen. Dennoch hat sich bei den Tests der MotoGP bereits gezeigt, dass das Erkennungssystem einen Sturz in nahezu jedem Fall schneller melden konnte als die menschliche Partei. Ein im Hochgeschwindigkeitssport möglicherweise entscheidender Vorteil, der der MotoGP je nach Feinjustierung des Erkennungssystems noch 2024 zu Gute kommen könnte.

MotoGP-Warnsystem vor Stürzen: Einführung in zwei Phasen

Sobald das Sturzerkennungssystem ausgereift ist, soll es in einer ersten Einsatzphase zunächst ein blinkendes Rücklicht an der gestürzten Maschine aktivieren, um nachfolgende Fahrer vor dem gestrandeten Bike zu warnen. Ebenso soll eine Mitteilung an die Rennleitung gesendet werden, um diese über den Unfall zu informieren. Zudem kann jeder Fahrer mithilfe einen Knopfs "in Bedien-Reichweite" selbst Alarm auslösen. Wie 'Crash.net' weiter berichtet, hofft die MotoGP aber auch, irgendwann in einer zweiten Phase zusätzliche Warnungen automatisiert an die Maschinen der umliegenden Fahrer senden zu können.

Diese Lichtpanels sollen künftig ebenfalls über das Sturzerkennungssystem aktiviert werden, Foto: MotoGP.com
Diese Lichtpanels sollen künftig ebenfalls über das Sturzerkennungssystem aktiviert werden, Foto: MotoGP.com

Das bedeutet: Bei einem registrierten Unfall soll das Dashboard sämtlicher Piloten, die sich in Unfallnähe auf der Strecke befinden, in Gelber Farbe aufflackern und somit vor einem möglicherweise auf der Strecke liegenden Motorrad oder Fahrer warnen. Ebenso sollen die umliegenden Bildschirme am Streckenrand automatisiert aktiviert werden. Bislang erfolgt das noch manuell durch Rennleitung und Streckenposten. In Zukunft könnte diese sofortige automatisierte Warnung durch das Sturzerkennungssystem bei Unfällen wie jenem von Francesco Bagnaia in Barcelona, als er mitten auf der Strecke liegen blieb und vom nachfolgenden, ahnungslosen Brad Binder (glücklicherweise nur) an den Beinen überrollt wurde, den entscheidenden Unterschied machen.