Durch einen fünften Platz im MotoGP-Sprint von Valencia hatte es Francesco Bagnaia nochmal spannend gemacht. Am Sonntag behielt der Ducati-Pilot von der Pole Position aus dann aber die Oberhand über WM-Rivale Jorge Martin und verteidigte seinen Weltmeistertitel erfolgreich. Ein Sturz des Pramac-Piloten hatte den erneuten Titelgewinn Bagnaias eigentlich schon lange vor Rennende fixiert. Der 26-jährige Turiner lies es aber trotzdem nicht nehmen, die MotoGP-Saison mit einem Sieg auf die bestmögliche Art und Weise zu beenden.

"Es ist unglaublich. Ich fühle mich, als wäre am Höhepunkt angelangt, ich war nie glücklicher", jubelte Bagnaia am Sonntagnachmittag im Rahmen der offiziellen MotoGP-Weltmeister-PK. "Das Ding ist, dass ich heute auch das Rennen gewonnen habe. Durch die Umstände [Sturz Martin, Anm.] war das zwar völlig nutzlos, aber das war schon immer mein Ziel, mein Traum. Ich wollte den Titelgewinn unbedingt mit einem Sieg klarmachen, daher bin ich verdammt glücklich", fuhr er fort.

Für Bagnaia war es bereits der siebte Grand-Prix-Sieg in dieser Saison, kein anderer Pilot kann auch nur ansatzweise eine ähnlich hohe Anzahl vorweisen. Damit konnte der Italiener mit seinem Bestwert aus der Vorsaison im letzten Rennen des Jahres noch gleichziehen, musste dafür aber hart arbeiten. Denn Bagnaia hatte den Valencia Grand Prix vom Start weg zwar einige Runden angeführt, viel fast zeitgleich zu Martins Sturz aber hinter KTM-Pilot Brad Binder zurück. Nur einen Umlauf später musste er dann auch noch Ex-Teamkollege Jack Miller vorbeilassen, der Sieg rückte plötzlich in weite Ferne.

"Ich hatte Angst [zu stürzen, Anm.], weil mein Gefühl für die Front von Beginn an nicht korrekt war. Ich habe die KTMs dann einfach vorbeigelassen, um den Druck im Vorderreifen kontrollieren zu können", beschreibt Bagnaia. Sobald sich ein Pilot im Verkehr befindet, steigt der Reifendruck im Normalfall über die Hitzeabgabe des Vorausfahrenden wieder. "Als ich hinten dran war, ist mein Gefühl sofort wieder besser geworden. Ich hatte das Gefühl, sonst unter dem Mindestdruck gewesen zu sein. Daher funktionierte das perfekt. Es war sehr schwer, an diesem Wochenende den richtigen Reifendruck zu wählen. Eine Strafe zu bekommen, war leicht, ich war ja schon verwarnt. Ich war schon Weltmeister, aber ich wollte trotzdem keine Strafe."

Brad Binder vor Francesco Bagnaia und Jack Miller beim MotoGP-Finale in Valencia
Francesco Bagnaia hatte die KTMs zwischenzeitlich absichtlich passieren lassen, Foto: LAT Images

Bagnaia muss bis zum Schluss zittern: Zeitstrafe befürchtet

Ob sich der Ducati-Pilot im weiteren Rennverlauf nochmal aus eigener Kraft an die Spitze hätte kämpfen können, wird die MotoGP-Welt nie erfahren. Durch individuelle Fehler der beiden KTM-Piloten kam es dennoch dazu. Binder verbremste sich zur Rennhälfte in Turn 10 und ging weit, Miller stürzte wenig später an gleicher Stelle. Dadurch erbte Bagnaia die Führung im Valencia GP, musste sich in der Schlussphase aber noch gegen Johann Zarco und Fabio Di Giannantonio verteidigen. "Es war schon etwas unheimlich, weil mir in den letzten fünf Runden plötzlich sehr kalt wurde auf dem Motorrad. Ich habe mir große Sorgen um den Vorderreifen gemacht", blickt der zweifache MotoGP-Weltmeister zurück. Dort hatte er den Hard montiert, welcher den konstantesten Grip bietet, aber natürlich auch am schwierigsten im richtigen Temperaturfenster zu halten ist.

Bagnaia musste bis zur letzten Kurve der letzten Runde zittern, Verfolger Di Giannantonio konnte aber keine Attacke mehr setzen. "Ich kann jetzt endlich durchatmen. Das war kein einfacher Tag, ich stand unter enornem Druck. Daher bin ich jetzt umso glücklicher", beschreibt der Ducati-Star seine Gefühlslage nach dem WM-Finale. Besonders erfreulich: Bagnaia ist nach Valentino Rossi und Marc Marquez erst der dritte Pilot, der seinen WM-Titel in der MotoGP-Ära erfolgreich verteidigen konnte. Ein Fahrer mit der Startnummer '1' auf seinem Motorrad wartete sogar seit 1998 auf eine erfolgreiche Titelverteidigung, das gelang zuletzt Mick Doohan. Ein Ducati-Fahrer konnte sich noch nie zuvor zweimal in Folge zum Weltmeister krönen.

Bagnaia stellt klar: Musst zeigen, dass du der Beste bist!

"Ich fühle mich gut damit, das ist fantastisch", scherzte Bagnaia auf diese historischen Erfolge angesprochen, nur um dann aber gleich wieder ernst zu werden: "Ich könnte nicht zufrieden damit sein, Zweiter zu werden. Die Startnummer '1' bedeutet, dass du auch zeigen musst, dass du die Nummer eins auf der Strecke bist. Das ist uns dieses Jahr bestens gelungen, im zweiten Teil der Saison vielleicht sogar noch mehr."

Eine durchaus überraschende Aussage, verlor der Ducati-Pilot speziell im letzten Saisondrittel doch viele Punkte auf WM-Rivale Martin. "Es ist uns immer gelungen, am Sonntag im Hauptrennen schneller und kostanter zu sein. Dort gibt es die Mehrheit der Punkte", rechfertigt sich Bagnaia. "Wir konnten letztes Jahr schon stolz auf uns sein, dieses Jahr können wir aber noch stolzer sein. Wir haben viele Fehler gemacht, hatten auch Pech und haben den Titel trotzdem verteidigt. Darauf können wir sehr stolz sein!"