Die Motorrad-WM erlebte am Freitag in Valencia eine wahre Sturzorgie. Keine Session verlief ohne zahlreiche gelbe Flaggen. Wie heftig es war, zeigen die Beispiele von zwei Fahrern: Jack Miller und David Alonso kamen in MotoGP und Moto3 in derselben Session gleich zweimal zu Sturz. Beide lösten die Rote Flagge aus. Miller beim ersten, Alonso beim zweiten Sturz. Trotzdem kamen beide in Q2, da sich viele weitere Piloten aufgrund der Stürze und der dadurch gestrichenen Rundenzeiten nicht verbessern konnten. Joan Mir konnte am Nachmittag nach einem Sturz im ersten Training aufgrund starker Nackenschmerzen sogar nicht mehr teilnehmen. Warum eskalierte die Lage in Valencia derart?

Multiple Sturzursachen in Valencia

Rückkehrer Alex Rins war unter den Gestürzten und rätselte zunächst: "Es ist schwierig zu erklären, denn die Temperaturen waren hoch genug. Die Rundenzeiten waren fantastisch, es gab heute einen Rundenrekord in allen Klassen. Ich weiß es also nicht." Dazu konnte er einen weiteren Faktor ausschließen:" Ich bin mit der härtesten Mischung gestürzt, andere Fahrer aber mit dem Medium und mit dem Soft. Wenn es nur eine Mischung gäbe, auf der alle stürzen, dann hätten wir vielleicht eine Antwort."

Letztlich konnte der Sieger des USA-GP aber doch einen Aspekt ausmachen: "Es ist etwas dreckig. Wenn du also ein bisschen von der Linie abkommst, dann kann die Front zumachen." Einen ähnlichen Effekt hatte die MotoGP bereits in Indonesien erlebt, als nur eine sehr schmale Linie wirklich Grip bot. Doch damit ist die Breite an Erklärungen nicht vollständig. Raul Fernandez brachte einen Faktor ins Spiel, den Rins eigentlich ausgeschlossen hatte: "Wir haben 30 Grad [Streckentemperatur] und das ist am Limit. Du musst rausfahren und gleich Pace zeigen. Wenn du etwas Temperatur [im Reifen] verlierst, dann wird es sehr heikel und du kannst stürzen."

Was allerdings gegen die Fernandez-Theorie spricht, ist der Fakt, dass es in den Nachmittagssessions noch einmal deutlich mehr Stürze gab. Am Vormittag waren die Temperaturen aber noch wesentlich niedriger. Die Strecke erreichte teilweise nicht mehr als 10 Grad Celsius. Andererseits muss am Nachmittag auh wesentlich mehr gepusht werden, um Q2 zu erreichen. Pol Espargaro nahm in diesem Zusammenhang die neu asphaltierte Strecke mit in die Liste der Sturzverursacher auf: "Es ist offensichtlich, dass mehr Grip da ist. Dann bist du sehr schnell und willst noch mehr. Dann kommen die Stürze. Wir wissen, dass es hier ein paar kritische Kurven gibt. Es sieht wie eine einfache Strecke aus, aber sie ist es nicht. Es gibt ein paar schnelle, ein paar langsame Kurven und harte Bremszonen. Es ist technisch anspruchsvoll."

Für Pol Espargaro ist die Strecke anspruchsvoller, als sie aussieht, Foto: LAT Images
Für Pol Espargaro ist die Strecke anspruchsvoller, als sie aussieht, Foto: LAT Images

MotoGP-Reifen auf links heikel: Gefahr für die WM-Rivalen?

Während diese Erklärungen für alle Klassen gleichermaßen gültig sind, gab es jedoch auch ein MotoGP-spezifisches Thema. Dies fiel Raul Fernandez auf: "Es ist merkwürdig, denn der typische Sturz hier in Valencia geht eigentlich über die rechte Flanke. Ich denke da hat Michelin aber einen guten Job gemacht, denn die rechte Seite war recht sicher. Ich glaube in der MotoGP ist keiner über die rechte Seite gestürzt. Das Problem liegt beim Reifen auf der linken Seite." Tatsächlich stürzten die Fahrer der Königklasse über Links. In der Moto3 hingegen hatten Deniz Öncü und David Alonso ihre heftigen Highsider in der ansonsten gefürchteten Nummer 4, eine Rechtskurve.

Letztendlich gibt es also nicht den einen Grund für die zahlreichen Stürze. "Es ist eine Kombination aus Strecke, neuem Asphalt, Reifen und den Temperaturen hier in Valencia", stellte auch Espargaro fest. Die Frage lautet nun, ob es Samstag und Sonntag so weitergeht. Könnte es sogar ein Faktor im Titelkampf werden? Jäger Jorge Martin ist gewarnt: "Mit Sicherheit ist es heikel. Ich denke wir alle waren an der Front etwas am Limit. Es gibt einige Stellen mit enormem Grip und andere, die ein bisschen Probleme bereiten." Alex Rins kündigte an, dass das Thema Stürze noch am Freitag auf der Agenda stehen wird: "Ich weiß nicht, ob man da für morgen etwas machen kann. Mit Sicherheit werden wir in der Safety-Commision darüber sprechen." Welche Maßnahmen helfen könnten, das ließ der Spanier offen.