Ein Sturz in der ersten Runde des Rennens nach nicht einmal vier gefahrenen Kurven und nur noch zehn Punkte Vorsprung in der MotoGP-Fahrerweltmeisterschaft: Für Fabio Quartararo hätte der Aragon-Grand-Prix wahrlich nicht schlechter verlaufen können. Der Auslöser dafür? Ausgerechnet Rückkehrer und Superstar Marc Marquez, der gleich in seinem ersten Rennen nach dem Comeback unfreiwillig auf massivste Art und Weise in den WM-Kampf eingriff.

Was war passiert? Marquez erwischte von Platz 13 aus einen sagenhaften Start und fand sich nach der ersten Kurve des Rennens auf Rang sechs wieder, direkt vor Quartararo. Am Ausgang von Turn zwei kam es dann allerdings zum Desaster: Marquez verlor kurzzeitig das Heck und verlangsamte, Quartararo konnte nicht mehr ausweichen. Der Yamaha-Pilot krachte mit hoher Geschwindigkeit ins Heck von Marquez und stürzte heftig.

"Ich habe das Heck etwas verloren und dann das Gas geschlossen. Es war kein großer Moment. Das Problem war, dass Fabio so nah an mir dran war, weil er mich wahrscheinlich beim Richtungswechsel in die nächste Kurve überholen wollte", beschreibt der Spanier nach dem Rennen. "Diese Momente hast du mit kalten Reifen manchmal. Es war ein Rennunfall, das passiert."

Johann Zarco, der zum Zeitpunkt der Kollision direkt hinter den beiden lag und ausweichen musste, sah dies anders. "Das war ein massiver Crash. Ich denke, er [Marquez, Anm.] hat da etwas zu stark beschleunigt", kritisiert der Pramac-Pilot in seiner Medienrunde. "Ich liebe seinen Style, er ist hier einer der Stärksten. Aber so ein Manöver? Das war vielleicht etwas zu viel."

Durchaus überraschend, dass ausgerechnet Yamaha-Teammanager Lin Jarvis Marquez zur Seite sprang. Der Brite äußerte sich bereits während des Rennens im offiziellen MotoGP-Livestream: "Wir haben uns die Situation drei, vier Mal angesehen, um die Dynamik zu verstehen. Es sieht so aus, als könnten diese Dinge passieren, wenn du mitten im Feld fährst. Fabio ist wütend und aufgebracht, aber unserer Ansicht nach war es ein Rennunfall. Das lief einfach sehr unglücklich. Ein sehr schlechter Tag für uns, aber immerhin ist Fabio okay."

Quartararo selbst zeigte nach Rennende ebenfalls Verständnis für Marquez. Er schloss sich seinem Teamchef an und ordnete den Vorfall auch als Rennunfall ein. "Ich hatte bessere Traktion als er und habe einfach nicht erwartet, dass er einen Moment hat", erklärt er. Die Folgen des Sturzes hielten sich trotz der Schwere schließlich in Grenzen, Quartararo kam mit ein paar Verbrennungen ein seiner Brust davon.

Quartararo hadert: Viel Pech in letzten Rennen

Der junge Franzose haderte nach Rennende vielmehr mit dem Pech, dass ihn seit der Dutch-TT in Assen zu verfolgen scheint. "Es ist eine Schande", flucht er. "Das ist das erste Mal, dass ich mich in Aragon gut fühle. Ich war hier zwar immer schnell, aber nie konstant. Das war in FP4 anders, das hatte mich sehr gefreut. Ein Top-Fünf-Ergebnis wäre sicher möglich gewesen, vielleicht auch das Podium."

Es wäre Quartararos bestes Resultat im Motorland Aragon gewesen, über einen sechsten Platz war er dort bislang nicht hinausgekommen. So aber setzt sich sein Negativlauf nahtlos fort: In den letzten fünf Grand Prix sammelte er nur 39 Punkte, während Francesco Bagnaia im selben Zeitraum auf 120 Zähler kommt. Quartararos Vorsprung in der Weltmeisterschaft ist dadurch auf nur noch zehn Punkte geschmolzen - bei noch fünf ausstehenden Grand-Prix.

"Ich hatte einige harte Rennen in letzter Zeit", hadert der Yamaha-Pilot. Unterbringen lassen wolle er sich davon allerdings nicht: "Das motiviert mich aber nur noch mehr, in den nächsten Grand Prix wieder anzugreifen. Japan kann gut für uns werden. Es kommt dort zwar viel auf Beschleunigung an, aber auch auf Bremsen, was zu unseren Stärken zählt. Das ist eine meiner Lieblingsstrecken, ich werde dort mein Bestes geben."

Nakagami nach zweitem Marquez-Crash verletzt

Das gilt sicherlich auch für Takaaki Nakagami, der in Motegi bekanntlich seinen Heim-Grand-Prix bestreitet. Nun muss der LCR-Idemitsu-Pilot allerdings um seine Teilnahme am Japan-GP bangen, der in nur sieben Tagen über die Bühne gehen soll. Er zog sich bei einer weiteren Kollision in der ersten Runde des Rennens eine Platzwunde an den zwei äußersten Fingern seiner rechten Hand zu.

Auch bei diesem Crash hatte Marquez seine Finger im Spiel gehabt. Der Honda-Star hatte die Fahrt nach seinem Zwischenfall mit Quartararo im Unwissen über die starke Beschädigung am Heck seiner RC213V noch fortgesetzt: "Als ich in Kurve fünf gefahren bin, habe ich etwas Merkwürdiges gespürt und fragte mich, was los ist. In Turn sechs und sieben habe ich mich dann aber wieder okay gefühlt."

Dass dem aber nicht so war, wurde Marquez erst am Ausgang von Kurve sieben klar. Nakagami hatte den Spanier in jener Kurve kurzzeitig überholt, ging aber etwas weit. Marquez wollte kontert und setzte sich innen daneben: "Ich habe den Hole-Shot aktiviert und dann hat plötzlich etwas blockiert. Auf den Bildern siehst du, wie ein Teil der Verkleidung wegfliegt. Dann hat das Bike nach links gezogen."

Marquez und Nakagami berührten sich in der Folge. Letzterer stürzte und hatte großes Glück, nicht von den nachfolgenden Fahrern getroffen worden zu sein. Das Rennen war damit für beide vorzeitig beendet. Die MotoGP-Stewards verzichteten auch hier auf eine Untersuchung, Marquez kam also ohne Strafe davon.

Stattdessen musste sich der Honda-Star aber Kritik von seinen Kontrahenten gefallen lassen. "Nakagami könnte da von eingen Fahrer getroffen werden", reklamierte etwa Zarco. Dem schloss sich auch Jarvis an: "Was da zwischen Marc und Takaaki passiert ist, ist sehr komisch. Er fährt in diesem Moment sehr aggressiv, das kann ich nicht nachvollziehen."