Francesco Bagnaia hat es vollbracht! Nur eine Woche nach seinem Debütsieg in der MotoGP ließ der 24-jährige Italiener den nächsten Sieg folgen. Wie bereits in Aragon war es ein lupenreiner Start/Ziel-Sieg aus Pole Position. Mit diesem Erfolg verhinderte Bagnaia, dass sich Fabio Quartararo bereits beim nächsten Rennen in Austin zum Weltmeister krönen kann. Die MotoGP-Analyse zum fünftletzten WM-Lauf in Misano.

Bagnaia: Starke Form in Misano

Nach dem Aragon-Sieg waren die Hoffnungen bei Ducati groß, dass Francesco Bagnaia einen weiteren Sieg folgen lassen könnte. Denn Misano, wo die VR46 Academy seit Jahren regelmäßig trainiert, ist die absolute Paradestrecke von Bagnaia. Bereits in der Moto2 beendete er dort beide Rennen auf dem Podium.

Im Vorjahr holte er im ersten der beiden Läufe seinen ersten MotoGP-Podestplatz und schied im zweiten in Führung liegend aus. In beiden Rennen erzielte er zudem die schnellste Rennrunde. 2021 fand er sich am Freitag und Samstag in allen Sessions in den Top-3, zog mit Trainingsbestzeit direkt in Q2 ein, wo er einen neuen Pole-Rekord aufstellen konnte. Widersacher Quartararo landete lediglich in FP4 und im Warm-Up vor Bagnaia.

Ergebnisse von Bagnaia & Quartararo

Session BagnaiaQuartararo
1. Training 3.7.
2. Training2.18.
3. Training 1.2.
4. Training 3.1.
Qualifying1.3.
Warm-Up 3.2.

Die Reifenwahl

Im Gegensatz zu Aragon gab es in Misano tatsächlich eine Reifenwahl. Vier verschiedene Kombinationen kamen am Sonntag im Rennen zum Einsatz. Nur der weiche Vorderreifen sowie die härteste Hinterreifenmischung blieben in der Garage von Michelin.

Reifenwahl im San-Marino-GP:

vorne/hintenFahrer
M-M A.Espargaro (8.), Rossi (17.), Dovizioso (21.), Rins (out)
M-S Nakagami (10.), Pirro (11.), Martin (out)
H-M Quartararo (2.), Mir (6.), P.Espargaro (7.), Binder (9.), Bradl (14.), Petrucci (16.), Morbidelli (18.), Oliveira (20.)
H-S Bagnaia (1.), Bastianini (3.), M.Marquez (4.), Miller (5.), Zarco (12.), Vinales (13.), A.Marquez (15.), Marini (19.), Lecuona (out)

Die häufigste Variante war die Kombination aus dem harten Vorder- und dem weichen Hinterreifen. Neun Fahrer setzten auf diese Wahl, unter anderem vier der Piloten, die am Ende in den Top-5 lagen: Neben Sieger Bagnaia auch Bastianini, Marc Marquez und Miller. Acht Fahrer setzten auf den Hard vorne und den Medium hinten, wobei es vier davon (Quartararo, Mir, Pol Espargaro und Binder) in die Top-10 schafften.

Der Medium-Vorderreifen dürfte am Sonntag nicht die beste Wahl gewesen sein, da nur Aleix Espargaro (8.; Medium hinten) und Taka Nakagami (10.; Soft hinten) es damit in die Top-10 schafften.

Bagnaias Blitzstart

Francesco Bagnaia legte einen perfekten Start hin. So perfekt, dass Kritiker ihn sogar eines Frühstarts verdächtigten. Ein Vorwurf, der aber dank Onboard-Aufnahmen von Johann Zarco entkräftet werden konnte.

MotoGP - Verwirrung um Bagnaia-Start: Warum keine Strafe? (11:51 Min.)

In der Startrunde fuhr Bagnaia eine volle Sekunde auf den Rest des Feldes heraus. Auch in der zweiten und dritten Runde war er der schnellste Mann im gesamten Feld und lag damit nach drei Umläufen bereits 2,6 Sekunden vor dem späteren Zweitplatzierten Quartararo, 4,9 Sekunden vor dem späteren Dritten Bastianini und 1,4 Sekunden vor dem zu diesem Zeitpunkt auf P2 liegenden Miller.

Schnellste Zeit in jeder der 27 Runden

Fahrer BestzeitenIn Runde
Bastianini 8Lap 9, 12, 16-18, 20*-22
Quartararo 6Lap 7, 19-20*, 23, 25-26
Bagnaia 5Lap 1-3, 8, 27
Miller 4Lap 4-6, 13
Rins 2Lap 11, 15
M.Marquez 1Lap 10
A.Espargaro 1Lap 14
Mir 1Lap 24

* = In Lap 20 erzielten Quartararo und Bastianini die gleiche Rundenzeit

Damit hatte Bagnaia bereits den Grundstein für seinen Sieg gelegt, denn in den verbleibenden 24 Runden war er nur noch in Lap 8 und im allerletzten Umlauf der schnellste Mann im Feld. Vier Fahrer (Bastianini, Quartararo, Miller und Aleix Espargaro) erzielten eine schnellere Einzelrunde als Bagnaia, in der Liste der zehn schnellsten Rennrunden landet der Sieger nur auf dem 10. Platz.

Bagnaia verwaltet, Bastianini holt auf

Ab der 8. Runde hatte Bagnaia einen Vorsprung von mehr als zwei Sekunden auf den ersten Verfolger. Erst im 19. Umlauf sollte dieser Wert wieder unterboten werden, wobei Quartararo gegen Ende noch massiv aufholte und in der vorletzten Runde nur noch 0,135 Sekunden zurück lag. Für eine finale Attacke sollte es aber nicht mehr reichen.

Für Furore sorgte indes Enea Bastianini. Der italienische Rookie holte nicht nur die schnellste Rennrunde und war in acht der 27 Runden schnellster Mann im Feld, sondern machte auch auf Bagnaia viel Boden gut. Seinen Rekordrückstand auf den Sieger hatte Bastianini in Lap 8 erreicht, als er 6,216 Sekunden zurück lag. Von diesem Zeitpunkt an verlor er bis zur 23. Runde nur in einem Umlauf Zeit auf Bagnaia und konnte seinen Rückstand auf 3,363 Sekunden (Lap 23) drücken.

Da er vier Runden vor dem Ende bereits drei Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger hatte, zog er in den letzten Umläufen nicht mehr voll durch, wie er nach dem Rennen zugab. Zu wichtig war ihm der erste Podestplatz seiner MotoGP-Karriere. "Wäre ich weiter vorne gestartet, hätte ich heute um den Sieg kämpfen können", meinte der von P12 ins Rennen gegangene Bastianini. Wenn man seine Pace analysiert, kann man diese Behauptung nur bejahen.

Bagnaias große Leistung im Rennen von Misano war neben seinem perfekten Start seine Konstanz. Seine 26 fliegenden Runden lagen allesamt in einem Fenster von 0,646 Sekunden. Nur zwei Runden (Lap 14 und 23) lagen über 1:33 Minuten. Derartige Werte konnte am Sonntag nur Quartararo aufweisen.

Schnellste Zeit in jeder der 26 Runden

Fahrer schn.Rundelangs.Runde Differenz
Bagnaia 1:32,422 (Lap 3)1:33,068 (Lap 14) 0,646 Sek.
Quartararo 1:32,336 (Lap 19)1:33,047 (Lap 3) 0,711 Sek.
Bastianini 1:32,215 (Lap 18)1:33,424 (Lap 13) 1,209 Sek.
M.Marquez 1:32,545 (Lap 12)1:34,114 (Lap 18) 1,569 Sek.
Miller 1:32,390 (Lap 5)1:34,142 (Lap 27) 1,752 Sek.
Mir 1:32,508 (Lap 24)1:33,775 (Lap 27) 1,267 Sek.

Der Franzose fuhr sogar nur eine fliegende Runde von 1:33 Minuten, war mit einem Fenster von 0,711 Sekunden aber über dem Wert von Bagnaia. Zum Vergleich: Bei Bastianini und Mir lagen die fliegenden Runden in einem Korridor von 1,2 Sekunden, bei Marquez in 1,5 Sekunden und bei Miller, der am stärksten aller Spitzenfahrer abbaute, in 1,7 Sekunden.

Fazit: Bagnaia am Weg zur Perfektion

Francesco Bagnaia zeigte in Misano eine weitere perfekte Fahrt aus Pole Position. Seit mittlerweile 50 Runden hat kein anderer Fahrer ein MotoGP-Rennen angeführt. Glänzte der Italiener in Aragon noch mit Abwehrkünsten gegen Marc Marquez, so fuhr er diesmal einen wohldosierten Sololauf im Stil eines Jorge Lorenzo, in dem es erst gar nicht zu einer Angriffsmöglichkeit für Fabio Quartararo kam.

Die große Sensation war Enea Bastianini, der mit seiner zwei Jahre alten Ducati über weite Strecken des Rennens der schnellste Mann war. Der erste Podestplatz sowie die schnellste Rennrunde sind die ersten Lorbeeren einer Karriere, der wohl noch viele Highlights folgen werden.

In der WM-Wertung holte Bagnaia trotz seines Sieges nur fünf Punkte auf Quartararo auf. Das reichte immerhin, um ihm die vorzeitige Krönung in Austin unmöglich zu machen. Der Franzose kann frühestens beim übernächsten Lauf in Misano Champion werden. Verliert Bagnaia in Austin und Misano maximal einen WM-Punkt auf Quartararo, fällt die Entscheidung erst beim Final-Doppel in Portimao und Valencia.