Francesco Bagnaia feierte am Sonntag in Aragon seinen ersten Sieg in der MotoGP-Klasse. Es war ein Sieg des Willens und der Perfektion, den er sich in einem packenden Duell mit Marc Marquez hart erarbeiten musste. Denn der achtfache Motorrad-Weltmeister ritt in den letzten Runden des Rennens nicht weniger als sieben Attacken auf Bagnaia, die er allesamt abwehren konnte.

"Siebenmal in den letzten drei Runden - ich habe wirklich alles versucht", gab sich Marquez nach dem Rennen geschlagen. "Ich habe es in Kurve 5 versucht, in Turn 15, in der ersten Kurve und dann wieder in Kurve 5. Turn 12 war meine letzte Chance, da ich zuvor schon zweimal in Kurve 15 gescheitert war. Ich musste es dort einfach versuchen."

Letzte Attacke bringt Entscheidung

Es sollte jene Attacke sein, welche die Entscheidung herbeiführte. Denn Marquez konnte in der schnellen Linkskurve die Linie nicht halten und musste in weitem Bogen durch die Auslaufzone. Danach war das Rennen zugunsten von Bagnaia gelaufen. "Ich habe an dieser Stelle sehr hart gebremst. Als ich hörte, dass er ein Manöver versucht, war ich mir sicher, dass er dadurch weit gehen muss."

MotoGP: Deshalb ging Fabio Quartararo in Aragon unter: (11:05 Min.)

"Das traf auch tatsächlich so ein", führte der spätere MotoGP-Sieger aus. "Ich habe danach allerdings noch mit einer Attacke in Kurve 15 gerechnet." Doch diese sollte aufgrund des Rückstands von Marquez ausbleiben. Im Ziel hatte Bagnaia 0,673 Sekunden Vorsprung - mehr als in jeder der vorangegangenen Runden.

"Das war heute wie ein Rennen in der Moto2. Ich habe zwar die ganze Zeit geführt, aber immer nur um ein paar Zehntel. Das macht die Sache sehr schwierig, besonders wenn man Marc hinter sich hat, der verrückte Überholmanöver versucht an Stellen, an denen man überhaupt nicht damit rechnet. Ich war mir sicher, dass er gegen Ende noch angreifen würde", führte Bagnaia aus, der anfügte: "Umso süßer schmeckt dieser Triumph."

Marquez: Habe alles versucht

"Wir haben heute für eine gute Show gesorgt", bemerkteMarquez. "Ich habe alles versucht, um zu gewinnen, aber ich wusste, dass es sehr hart werden wird. Gegen eine Ducati zu kämpfen ist sehr hart, da sie sehr spät bremsen und sehr gut beschleunigen. Pecco hat heute eine perfekte Fahrt erwischt und hat unglaubliche Arbeit geleistet."

Der Sieger wurde im Ziel von seinen Emotionen übermannt und vergoss während der Auslaufrunde, im Parc ferme und auf dem Podest Tränen der Freude. Kein Wunder, denn neben bereits vier zweiten Plätzen war er in den vergangenen eineinhalb Jahren auch mehrfach in aussichtsreicher Position ausgefallen - zuletzt in Führung liegend in Mugello. Die Erleichterung nach dem ersten Sieg war daher riesengroß.

Bagnaia: Wiege zehn Kilo weniger

"Ich wiege jetzt wahrscheinlich zehn Kilo weniger", sagte Bagnaia. "Das ist ein großartiger Tag. Ich war schon mehrfach knapp dran, doch es fehlte immer irgendetwas. Die Art und Weise des heutigen Sieges ist unglaublich. Meine Chancen waren hier zwar höher, aber dafür musste ich ein intensives Duell gewinnen. Marc hat es siebenmal versucht und ich konnte jedes einzelne Mal kontern."

In der WM-Wertung verbesserte sich Bagnaia wieder auf den zweiten Rang und liegt fünf Rennen vor Schluss 53 Punkte hinter Fabio Quartararo. Nun geht es nach Misano, eine Strecke, die er durch die VR46 Academy wie seine Westentasche kennt. Im Vorjahr holte er dort mit Platz zwei seinen ersten Podestplatz in der MotoGP und fiel im zweiten Rennen auf dem Weg zu seinem ersten Sieg sieben Runden vor Schluss aus. Mit dem in Aragon getankten Selbstvertrauen, dürfen die MotoGP-Fans darauf hoffen, dass Bagnaia die WM mit einer weiteren Meisterleistung in Misano doch noch etwas länger offenhält.