Nach mehr als anderthalb Jahren ist Marc Marquez wieder ein MotoGP-Rennsieger. Im Anschuss an seinen Triumph am Sachsenring dankte er seiner Crew, seinem Management, seinem Physiotherapeuten, Ärzten, Familie und Freunden. Aber auch einem Mann, der eigentlich nicht Teil des akribisch zusammengestellten Team Marquez ist: Mick Doohan.

Als Honda-Botschafter besucht der fünffache 500ccm-Weltmeister nach wie vor regelmäßig MotoGP-Events, so auch zuletzt den Italien-GP. "Ich habe in Mugello kurz mit ihm gesprochen und ihm dann später gesagt, dass ich ein Telefonat mit ihm führen möchte", verriet Marquez, der sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner bescheidenen Leistungen in einer persönlichen Krise befand.

"Während meiner Verletzungspause war ich immer der Meinung, dass ich stark zurückkommen werde. Bei meinem Comeback in Portimao musste ich dann aber einsehen, dass ich weit von meinem normalen Niveau entfernt bin", erklärt er. "Das war hart für mich und die nächsten Rennen wurden nur noch härter. In dieser Phase habe ich dann alle unnötigen Kommentare von außen ausgeblendet und nur noch auf Leute gehört, die es gut mit mir meinen. Das waren Alberto Puig, meine Familie oder mein Manager Emilio Alzamora. In einer ähnlichen Situation wie ich war aber nur Mick Doohan."

Marc Marquez triumphiert am Sachsenring: Glück des Tüchtigen (12:34 Min.)

Zeitreise zurück ins Jahr 1992: Doohan ist nach fünf Siegen und zwei zweiten Plätzen in den ersten sieben Saisonrennen auf dem besten Weg zu seiner ersten 500ccm-Krone. Im Training zur Dutch-TT in Assen stürzt er aber heftig und zieht sich schwere Verletzungen am rechten Bein zu. Bei der Operation kommt es zu Komplikationen, Doohan droht die Amputation. Um das zu vermeiden, wird Doohan von MotoGP-Arzt Dr. Costa aus dem Krankenhaus in den Niederlanden entführt und in seine Klinik in Bologna gebracht. Dort näht Costa beide Beine zusammen, um die Blutzirkulation sicherzustellen. Erst nach zwei Wochen werden sie wieder getrennt. Doohan kämpft gegen heftige Infektionen an, immer wieder strömen große Mengen an Flüssigkeit unkontrolliert aus seinem Bein aus.

Weniger als zwei Monate nach seiner Verletzung steht Doohan in Brasilien dennoch wieder in der Startaufstellung. Den Titel verliert er nach einem zwölften Rang dort und P6 beim Finale in Kyalami um vier Punkte an Wayne Rainey. Seine körperlichen Probleme begleiten Doohan in die Saison 1993. Der vormalige Seriensieger kann nur ein Rennen gewinnen. Doch dann startet der Kämpfer aus Down Under so richtig durch: Weltmeister 1994, Weltmeister 1995, Weltmeister 1996, Weltmeister 1997, Weltmeister 1998. Eine glorreiche Rückkehr, die in so vielen Details an die Geschichte von Marc Marquez erinnert.

Doohan feierte seine größten Erfolge nach der Verletzung, Foto: HRC
Doohan feierte seine größten Erfolge nach der Verletzung, Foto: HRC

Das wurde dem auch bewusst: "Unser Telefonat hat nur 30 Minuten gedauert. Mick hat geredet, ich habe zugehört. Ich habe ihn nach seinen Gefühlen beim Comeback gefragt und was er dann gesagt hat, war, als würde er meine Situation beschreiben: Schwierig, das Motorrad zu verstehen. Schwierig, den richtigen Fahrstil zu finden. Dumme Fehler. Dumme Stürze. Große Leistungsschwankungen. All das muss ich aktuell erleben, aber er hatte diese Probleme schon in der Vergangenheit. Wenn eine Legende wie Mick, ein absolutes Tier auf einem Motorrad, so gelitten hat und dennoch zurückgekommen ist, dann gibt dir das Selbstvertrauen, um weiterzumachen. Dieses Gespräch war sehr wichtig für mich."