Aprilia gehört zu den großen Überraschungen der MotoGP-Saison 2021. Bis zum Vorjahr stets Schlusslicht in der Hersteller-WM, liegt man nach den ersten vier Rennen vor Honda und KTM auf dem vierten Rang. In Jerez fehlten Aleix Espargaro zuletzt nur zweieinhalb Sekunden auf den ersten Podestplatz für den italienischen Hersteller.

Mit der neuen RS-GP scheint Aprilia endlich der entscheidende Schritt gelungen zu sein, auf den man seit vielen Jahren wartet. Somit wird man auch für aufstrebende Talente zu einer attraktiven Option für den MotoGP-Aufstieg. Das macht sich bereits bemerkbar, wie Espargaro am Donnerstag in Le Mans erklärte.

"Vor einem Jahr wollte niemand zu uns kommen. Es hat geheißen, wie wären kein ernsthaftes MotoGP-Projekt und hätten kein gutes Motorrad. Nun sieht es so aus, als wäre die Aprilia das revolutionärste Bike, für das sich plötzlich auch junge und talentierte Fahrer interessieren", führte der Katalane aus.

Reihenweise Absagen im Vorjahr

Tatsächlich hagelte es für Aprilia im Vorjahr reihenweise Absagen für den zweiten Sattel neben Espargaro in der MotoGP-Saison 2021. Neben Cal Crutchlow entschieden sich die Moto2-Fahrer Joe Roberts und Marco Bezzecchi trotz Gesprächen mit den Italienern gegen ein Engagement. Am Ende wurde der italienische Superbike-Meister Lorenzo Savadori verpflichtet, der aber in der kommenden Saison schon wieder in seine Rolle als Testfahrer zurückkehren könnte.

Denn mit Fabio Di Giannantonio gibt es bereits einen offiziellen Interessenten für einen Platz im Werksteam. "Ich habe im Vorjahr in Portimao bereits mit ihm gesprochen, aber damals meinte er, dass er sich noch nicht bereit für die MotoGP fühle. Für die Zukunft ist er aber ein vielversprechender Fahrer", streute Espargaro dem Italiener Rosen.

Seine erste Wahl ist allerdings ein spanischer Landsmann: "Wenn wir über junge Talente aus der Moto2 sprechen, dass gefällt mir Raul Fernandez sehr gut. Was er in diesem Jahr zeigt, ist unfassbar. Ich hoffe, Aprilia kann ihn holen, denn das wäre sehr gut für unsere Zukunft."

Wunschkandidat Raul Fernandez

Der 20-Jährige wurde im Vorjahr WM-Dritter in der Moto3 und stieg im Team von KTM-Talenteschmied Aki Ajo in die mittlere Klasse auf. Dort schaffte er es bereits im zweiten Rennen in Katar auf das Podest und siegte im dritten Lauf in Portimao zum ersten Mal. Nach den ersten vier Einsätzen liegt er in der WM-Wertung auf dem 3. Rang.

Für Espargaro wäre der junge Spanier genau der richtige Mann für Aprilia: "Sie brauchen so jemanden für die Zukunft. Denn ich bin bereits 31 Jahre als und werde nicht ewig bleiben." Aleix Espargaro ist die große Konstante in Aprilias MotoGP-Projekt. Bereits seit 2017 hält er den Italienern die Treue, während sich der Platz an der Box neben ihm zum Schleudersitz entwickelte.

Sam Lowes, Scott Redding, Andrea Iannone, Bradley Smith und Lorenzo Savadori durften bereits ran, konnten sich aber nicht lange halten. Dass Aprilia aktuell überraschend gut dasteht, schreibt sich Espargaro deshalb auch auf die eigene Fahne: "Ich will nicht arrogant klingen, aber ich sehe mich schon als einen großen Teil dieses Erfolges, da ich selbst große Anstrengungen in meine Arbeit und dieses Projekt gesteckt habe."

Kundenteam in der Pipeline

Gute Ergebnisse könnten Aprilia 2022 sogar zu einem größeren Fahrer-Lineup verhelfen. Denn während der italienische Hersteller ab dem kommenden Jahr mit einem eigenen Werksteam an den Start gehen wird, steigen die Chancen, dass man auch ein Kundenteam ausstatten wird und dort womöglich Talente parken könnte.

So könnte Gresini Racing trotz des Aus als Einsatztruppe des Factory-Einsatzes als Kunde weitermachen. Zudem flirtete Rennchef Masssimo Rivola in den vergangenen Wochen mehrfach mit Valentino Rossis neuem VR46-Team. Eine Absage-Flut wie im Vorjahr dürfte sich Aprilia diesmal also ersparen.