Die MotoGP-Saison 2020 ist so chaotisch, aber auch so spannend wie selten zuvor. Im zehnten WM-Rennen im MotorLand Aragon hat sich Alex Rins zum achten Sieger in diesem Jahr gekrönt. Für den Suzuki-Piloten ist es der erste Sieg dieses Jahres und einer der schwersten seiner Karriere, wie er nach dem Rennen zugab. Dabei hat er schon Zweikämpfe gegen Marc Marquez und Valentino Rossi als Sieger beendet.

Rins war nur von Rang zehn aus in den Aragon-GP gestartet, ging aber am Ende mit 0.263 Sekunden Vorsprung vor einem ebenfalls starken Alex Marquez als Sieger über die Ziellinie. Zuvor hatte er Maverick Vinales hinter sich gelassen und war dann alleine an der Spitze unterwegs, zum ersten Mal in seiner MotoGP-Karriere. "Bei meinen ersten zwei Rennsiegen habe ich mit Vale und Marc kämpfen müssen, hier bin ich zum ersten Mal in Führung liegend über die Ziellinie gefahren", erinnert sich Rins.

Bei seinem ersten MotoGP-Sieg in Austin im vergangenen Jahr hatte der Spanier Valentino Rossi im Nacken, bei Sieg Nummer zwei in Silverstone im selben Jahr gelang es ihm um gerade einmal 0.013 Sekunden, Weltmeister Marc Marquez hinter sich zu halten. Damit ist der Triumph in Aragon wirklich in einer anderen Liga - und war für Rins überraschenderweise viel schwerer zu erreichen als die knallharten Duelle mit seinen Konkurrenten.

"Dieses Rennen war härter als die Fights gegen Vale und Marc", startet Rins einen Erklärungsversuch. "Wenn man alleine ein Rennen anführt, dann ist es einfach, Fehler zu machen. Vor allem auf dieser Strecke mit viel Schräglage beim Bremsen. Es kann leicht passieren, dass man zu spät bremst und dann weit gehen muss." Damit es zu solchen Missgeschicken nicht gekommen ist, hat es auch noch das letzte bisschen Konzentration von Rins gebraucht. "Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und so flüssig wie möglich zu fahren, als ich geführt habe", erklärt er.

"Das war hart. Als ich dann noch auf meinem Pitboard gelesen habe, dass Joan (Mir) und Alex (Marquez) sehr schnell aufholen, habe ich meinen Fokus darauf gelegt, die Reifen für das Ende des Rennens zu schonen. Das war mit der weichen Mischung keine einfache Ausgaben aber am Ende haben wir es geschafft."

Alex Rins ist der erste Suzuki-Sieger der MotoGP-Saison 2020, Foto: MotoGP.com
Alex Rins ist der erste Suzuki-Sieger der MotoGP-Saison 2020, Foto: MotoGP.com

Trotzdem würde er diesen Sieg mit Führungskilometern nicht als sein bestes MotoGP-Rennen einordnen. Auch wenn der Triumph in Aragon schwerer zu managen war, süßer hat dem Suzuki-Piloten der Sieg gegen den Dominator der Klasse geschmeckt. "Es ist ein tolles Gefühl, hier zu Hause zu gewinnen, aber ich denke trotzdem, dass mein Kampf mit Marc mein bestes Rennen bisher war", schätzt Rins ein. Verständlich, den mehrfachten Weltmeister im direkten Duell bezwungen zu haben, können immerhin nur wenige Piloten von sich behaupten.

Dennoch ist der erste Platz auf heimischen Boden, abgerundet mit einem dritten Platz seines Teamkollegen Joan Mir, ein guter Tag für das gesamte Suzuki-Team. "Suzuki und ich wollten diesen Sieg unbedingt", so Rins. "Und ich würde sagen, wir alle, Joan, das Team und ich, haben einen wirklich guten Job gemacht. Wir haben in dieser Saison schon viele Podien gesammelt. Das bedeutet, dass das Bike konkurrenzfähig ist."

Rins kontert Kritikern

Zuletzt stand Rins im Vergleich zu seinem Teamkollegen Mir heftig in der Kritik. Obwohl dieser weniger WM-Erfahrung hat als Routinier Rins, stand Mir in der bisherigen Saison besser da als sein Teamkollege - und führt jetzt sogar die WM ohne einen einzigen Sieg an. Das brachte Rins nicht wenig Kritik ein, die er mit diesem Sieg nun zurückweisen kann.

"Kaum jemand hat an meinen Sieg heute geglaubt", ist Rins überzeugt. "Viele Leute haben mir geraten, ruhiger zu werden, nach meinen zwei Stürzen in Spielberg und Le Mans. Aber ich wusste immer, was für ein Potenzial ich habe und wie stark mein Bike ist. Deshalb freue ich mich jetzt einfach, es endlich bewiesen zu haben."

Rins-Sieg in Aragon: Gedanken an den WM-Titel?

Während sein Teamkollege die WM-Führung übernommen hat, haben die 25 brandneuen Zähler Rins trotz drei Nullern jetzt auf den siebten WM-Rang gehoben. Mit 85 Punkten liegt er nur 36 Punkte hinter Mir zurück. Maximal 100 Punkte sind in dieser Saison noch zu vergeben, die Hoffnung auf den Titel ist für Rins also noch nicht in unerreichbare Ferne gerückt. Zumal die MotoGP-Saison 2020 ja ohnehin tut, was sie will.

Der Titelgewinn ist trotz des Sieges in Aragon aber nicht das beherrschende Thema in Rins' Gedankenwelt. "Ich versuche, von Rennen zu Rennen zu denken", erklärt er. "Wenn ich den Titel gewinnen sollte, wäre das eine wirklich harte Sache. Joan ist sehr schnell und konstant. Es wäre natürlich klasse, aber ich hatte viele Stürze, DNFs und außerdem auch noch Verletzungen."