20 Siege, 29 Podestplätze und zehn Pole Positions, verteilt über 18 Wochenenden und 35 Rennen. Nur ein einziger Ausfall und bei Zielankunft schlechtestenfalls Platz fünf. 725 Meisterschaftspunkte und zwei gewonnene Titel - die Zahlen sprechen für sich: Hinter Dominique Aegerter liegt eine nicht nur außergewöhnliche, sondern sogar historische Saison. Selten zeigte sich ein Motorrad-Rennfahrer über ein ganzes Jahr hinweg in zwei völlig verschiedenen Klassen so dominant. "Das war eine super Saison, eine wirklich tolle Saison. Besser geht es eigentlich nicht", jubelt auch der Schweizer selbst im exklusiven Interview mit dem Motorsport-Magazin.

Beginnen wir dort, wo alles begann: Im Motorland Aragon. Dort startete am zweiten April-Wochenende 2022 die World-Supersport-Saison und für Dominique Aegerter somit auch die Mission-Titelverteidigung. Im Vorjahr war der Schweizer nach 14 Jahren in der Motorrad-Weltmeisterschaft erstmals in der WSSP-Kategorie an den Start gegangen. Im Ten Kate Racing Team pilotierte er eine Yamaha YZF R6 und wusste sofort zu gefallen. Gleich im ersten Rennen des Jahres stand Aegerter als Zweiter auf dem Podest, im vierten Rennen folgte der erste Sieg. Eine beeindruckende Rookie-Saison in der Supersport-WM endete wenige Monate später direkt mit dem Gewinn der Fahrer- und Teamweltmeisterschaft. Als amtierender Champion ging Aegerter folglich auch als großer Favorit auf den Titel in das WSSP-Jahr 2022. "Wir werden mehr Erfahrung und noch mehr Daten zur Verfügung haben. Mein Ziel ist es deshalb, den Weltmeistertitel mit der Yamaha R6 zu verteidigen", machte der Schweizer schon Ende 2021 die Zielsetzung für das bevorstehende Jahr klar. Alles andere als ein erneuter Titelgewinn sei somit eine Enttäuschung für ihn. Der Favoritenrolle wurde Aegerter sofort gerecht. Zwar musste er sich im ersten Superpole-Qualifying und im ersten Rennen des Jahres 2022 jeweils noch knapp Lorenzo Baldassarri - seinem neuen WM-Rivalen - geschlagen geben, ab dem zweiten Lauf drehte er den Spieß dann aber um. Im Sonntagsrennen von Aragon stand der Schweizer erstmals ganz oben auf dem Podest und setzte in der Folge zu einer Triumphfahrt an, die in der Supersport-Weltmeisterschaft ihresgleichen sucht. Die folgenden acht Rennen in Assen, Estoril, Misano und Donington Park gewann Aegerter allesamt und fuhr in allen vier Qualifyings auf die Pole Position. Ein Beispiel zum Ausdruck seiner Dominanz gefällig? Im Qualifying von Estoril nahm Aegerter dem restlichen Feld auf eine Runde mehr als acht Zehntelsekunden ab!

Aegerter war schon 2021 Titelträger in der Supersport-WM, Foto: WorldSBK
Aegerter war schon 2021 Titelträger in der Supersport-WM, Foto: WorldSBK

Gestoppt wurde der Erfolgslauf des Yamaha-Piloten erst am 30. Juli im Autodrom von Most, Tschechien. Dort war Aegerter im Qualifying nicht über Platz vier hinausgekommen. Erstmals im Jahr 2022 musste er somit aus der zweiten Reihe starten. Den Preis dafür zahlte der Schweizer schon wenige Stunden später im ersten Lauf von Most: Bereits in der ersten Kurve wurde er von Kawasaki-Pilot Can Öncü durch ein übermotiviertes Manöver inklusive Kollision aus dem Rennen befördert. Erstmals in seiner noch jungen WSSP-Karriere schrieb Aegerter in einem WM-Lauf keine Punkte an. Doch damit nicht genug, denn der amtierende Champion blieb nach dem Sturz - scheinbar angeschlagen - auch noch im Kiesbett liegen und musste behandelt werden. Wie sich später herausstellte, hatte er sich jedoch gar nicht verletzt und wollte mit seinem Verhalten lediglich einen Rennabbruch bewirken, um wieder ins Geschehen eingreifen zu können. Die Stewards reagierten mit einer Rennsperre für den Sonntag - das negative Highlight einer ansonsten famosen Saison. Aegerter entschuldigte sich wenig später auf seiner Homepage: "Ich weiß auch nicht genau, was ich sagen soll. Ich machte mir enormen Druck, um den zehnten Sieg in Folge einzufahren. Durch das - und die Renn-Emotionen - habe ich beim Sturz falsch reagiert und bin liegen geblieben. Es tut mir leid, falls ich damit jemanden in Gefahr gebracht habe." Die Folge der Kontroverse? Der WM-Kampf war plötzlich wieder weit offen. Während Aegerter punktlos blieb, gewann Kontrahent Baldassarri beide Läufe. Der Italiener verkürzte seinen Rückstand in der Weltmeisterschaft dadurch zur Saisonhalbzeit von 64 auf mickrige 14 Punkte.

Deutlich entspannter war da die Lage aus Sicht Aegerters zu diesem Zeitpunkt in der MotoE. Hier neigte sich die Saison 2022 Anfang August bereits wieder dem Ende entgegen, vier von sechs Rennwochenenden waren absolviert. Nach ordentlichem Start mit einem zweiten und einem vierten Platz auf dem Circuito de Jerez war Aegerter ab dem zweiten MotoE-Rennwochenende in Le Mans so richtig ins Rollen gekommen: drei Siege und drei zweite Plätze in den folgenden sechs Rennen. Den Red Bull Ring erreichte der Schweizer deshalb mit 31,5 Punkten Vorsprung auf seinen ersten Herausforderer Eric Granado. Sollte der Brasilianer patzen, könnte sich Aegerter schon in Österreich zum vorzeitigen MotoE-Champion krönen. Da Granado aber beide Rennen gewann, vertagte sich die Entscheidung bis zum letzten Rennwochenende in Misano Anfang September. Die Spannung stieg: Bei noch zwei ausstehenden Rennen war Aegerters Vorsprung trotz eines zweiten und dritten Platzes am Red Bull Ring auf 17,5 Punkte zusammengeschmolzen. Der vorletzte Lauf des Jahres auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli sollte sich dadurch zu einem waschechten Krimi entwickeln. Aegerter startete von der Pole Position, Granado von Platz vier. Bereits nach wenigen Kurven lagen die beiden WM-Rivalen direkt hintereinander auf den Rängen zwei und drei und bekämpften sich hart. Granado behielt zunächst die Oberhand und schien weitere Punkte auf Aegerter gutmachen zu können. Im dritten Umlauf des Rennens gingen beide WM-Anwärter am Führenden Mattia Casadei vorbei, ehe ihr direktes Duell eine Fortsetzung fand. Aegerter schlug zurück und überholte Granado, welcher sofort wieder kontern wollte. Dabei übertrieb es der LCR-Pilot jedoch und stürzte. Plötzlich reichte Aegerter ein achter Platz zum vorzeitigen Titelgewinn. Sofort bekam er eine entsprechende Botschaft auf seinem Pitboard angezeigt. "Ich hatte mir vor dem Rennen gesagt, dass ich die Chance ergreifen und den Titel im ersten Lauf klarmachen will, sollte sich die Gelegenheit dazu bieten", verriet der Schweizer wenig später. "Ich habe um den Sieg gekämpft, als Eric gestürzt ist. Danach wollte ich kein Risiko mehr eingehen. Ich wurde etwas nervös und habe einfach versucht, konzentriert zu bleiben und keine Fehler zu machen." Als zwei Runden vor Schluss der bereits erwähnte Casadei an ihm vorbeizog, entschied sich Aegerter deshalb gegen einen Konter, obwohl sich in Turn 14 eine Möglichkeit geboten hätte.

2021 ging der MotoE-Titelkampf gegen Jordi Torres noch verloren, Foto: Intact GP/Fritz Glänzel
2021 ging der MotoE-Titelkampf gegen Jordi Torres noch verloren, Foto: Intact GP/Fritz Glänzel

Kurve 14 in Misano: Aegerter überwindet sein MotoE-Trauma

Dominique Aegerter und Turn 14 in Misano? Da war doch etwas, nicht? Korrekt! An genau dieser Stelle hatte der Schweizer nämlich ein Jahr zuvor den MotoE-Titel an Jordi Torres verloren. Die beiden duellierten sich damals bis in die letzte Runde um den Sieg - nicht nur im Rennen, sondern auch in der Meisterschaft. Aegerter, zu diesem Zeitpunkt auf Platz zwei liegend, attackierte Torres mit einem Verzweiflungsmanöver in Turn 14. Dabei bremste er jedoch viel zu spät, kollidierte mit seinem Rivalen und räumte ihn ab. Der Schweizer gewann und bejubelte den Titelgewinn, wurde wenig später aber mit einer 38-Sekunden-Strafe belegt, wodurch er ans Ende des Feldes zurückfiel. Torres wurde deshalb zum zweiten Mal MotoE-Champion. "Er wusste, dass ich wie in den Runden zuvor von innen kommen und später bremsen würde als er. Trotzdem behielt er seine Linie bei, was dazu führte, dass er mein Hinterrad berührte und aus dem Rennen stürzte. Natürlich wollte ich nicht, dass er stürzt, aber ich war auf der Innenlinie", verteidigte Aegerter sein Manöver nach Rennende. "Wir sind zur Rennleitung gegangen, um Einspruch zu erheben, aber sie wollten nichts davon wissen. Ich bin sehr enttäuscht, denn es ist niederschmetternd, wenn ein Rennen und die Meisterschaft auf dem Papier entschieden werden." Um ein erneutes Drama zu verhindern, steckte der Schweizer ein Jahr später deshalb zurück. "Wenn ich nicht um den Titel gekämpft hätte, hätte ich es wieder probiert", betonte er, "aber ich habe mir gesagt, dass Platz zwei heute ausreicht. Als ich dann über die Linie gefahren bin, ist eine große Last von meinen Schultern abgefallen." Der Jubel im Schweizer Lager kannte in den folgenden Stunden keine Grenzen mehr. Schon auf der Strecke wurde ausschweifend gefeiert, wenig später auch im Parc Ferme. "Es fühlt sich fantastisch an. Nach drei Jahren in dieser Klasse bin ich endlich Erster geworden", jubelte Aegerter. "Ich möchte mich beim Intact GP Team bedanken. Sie haben mir das ganze Jahr über ein großartiges Bike zur Verfügung gestellt. Jetzt habe ich noch einige Supersport-Rennen vor der Brust. Dort will ich das Gleiche schaffen!"

In Misano durfte Aegerter sogar die MotoGP-Suzuki testen, Foto: Suzuki
In Misano durfte Aegerter sogar die MotoGP-Suzuki testen, Foto: Suzuki

Bevor die zweite Hälfte der Supersport-Saison begann, eröffnete sich dem Schweizer allerdings noch eine unverhoffte Gelegenheit. Denn Suzuki verpflichtete ihn kurzerhand als Ersatzmann für den verletzten Stammfahrer Joan Mir, um den - für die Japaner bedeutungslosen - letzten MotoGP-Test in Misano zu bestreiten. Plötzlich fand sich Aegerter auf einer Werksmaschine wieder. Er drehte insgesamt 33 Runden auf der Suzuki GSX-RR, mit der Alex Rins wenig später noch zwei MotoGP-Rennen gewinnen sollte. Dank einer persönlich schnellsten Rundenzeit von 1:33.907 Minuten verlor der Schweizer nur respektable 2,4 Sekunden auf die Vormittagsbestzeit von Aleix Espargaro. "Das war eine unglaublich tolle Erfahrung, die ich nie vergessen werde", frohlockte Aegerter nach dem Test. "In meiner ersten Runde war ich so beeindruckt von der Leistung und dem Grip, es war unbeschreiblich. Als ich zum ersten Mal auf die Gerade kam, habe ich in meinem Helm geschrien."

Auf die MotoE folgt der Supersporttitel

Sichtlich beflügelt wanderte der Fokus des 31-Jährigen in der Folge aber wieder auf die Supersport-Weltmeisterschaft, wo nur drei Tage später die zweite Saisonhälfte begann. Das erste Rennen verlief zwar nicht nach Plan - Baldassarri gewann, während Aegerter nur Dritter wurde - danach setzte der Schweizer aber zur nächsten beeindruckenden Erfolgsfahrt an: Sechs Siege aus den folgenden sieben WM-Läufen. Das führte dazu, dass Aegerter das vorletzte Rennwochenende des Jahres in Mandalika mit 72 Punkten Vorsprung auf Baldassarri in Angriff nehmen konnte. Die Ausgangslage vor dem viertletzten Rennen der Saison war klar: Erzielt der Schweizer drei WM-Punkte mehr als sein Rivale, ist er auch in der Supersport-Kategorie vorzeitig Weltmeister - und so sollte es tatsächlich auch kommen, auch wenn es zunächst gar nicht unbedingt danach aussah. Denn Aegerter hatte seinen dritten Platz in der Startphase zwar verteidigen können, fiel dann im Verlauf der ersten Runde aber noch bis auf den fünften Rang zurück. Baldassarri, von P8 gestartet, kam angeflogen und begann, Druck auszuüben. Ein spannender Zweikampf der beiden WM-Rivalen deutete sich an. Doch zu Beginn der vierten Runde wollte Baldassarri zu viel. In Turn 1 ging er zu früh ans Gas und wurde per Highsider von seiner Yamaha geschleudert. Der Italiener erzielte keine Punkte. Somit war klar, dass Aegerter ein 13. Platz zum vorzeitigen Titelgewinn ausreichen würde. Der Schweizer ging im weiteren Rennverlauf kein Risiko mehr ein und wurde zwischenzeitlich bis auf den siebten Rang durchgereicht. Einzig eine Longlap-Penalty für Stefano Manzi brachte ihm zur Rennmitte den sechsten Platz zurück. In der Schlussphase folgten dann noch Überholmanöver gegen Niccolo Bulega und Yari Montella. Das Podium verpasste Aegerter als Vierter somit knapp. Von Bedeutung war das aber natürlich nicht, denn er war zum zweiten Mal Supersport-Weltmeister! "Wir haben dieses Jahr etwas Großes geschafft. Wir haben 15 Rennen gewonnen und standen 17-mal auf dem Podium. Bin ich ins Ziel gekommen, war mein schlechtestes Resultat ein vierter Platz", jubelte er nach Rennende im Parc Ferme. "Ich möchte mich bei meinem Team bedanken, ohne sie wäre das nicht möglich gewesen. Sie haben gegenüber dem letzten Jahr einen großen Schritt nach vorne gemacht. Ein großer Dank gilt auch meiner Familie, meinen Freunden, meinem Trainer und meinen Sponsoren. Dank ihnen bin ich hier, dank ihnen kann ich mich vollkommen auf meinem Job konzentrieren."

Auch 2022 war der Schweizer in der Supersport-WM nicht zu stoppen, Foto: LAT Images
Auch 2022 war der Schweizer in der Supersport-WM nicht zu stoppen, Foto: LAT Images

Erstmals seit Kenan Sofoglu 2015 und 2016 konnte sich ein Fahrer somit wieder zwei Mal in Folge zum WSSP-Weltmeister aufschwingen. "Die Anspannung war über die ganze Saison hinweg natürlich riesig. Viele haben von mir erwartet, dass ich diese Titel und viele Rennen gewinnen kann. Da gab es viele schlaflose Nächte", gesteht Aegerter. "Vorzeitig Meister werden zu können, hat es leichter gemacht. Ich musste nicht mehr so nervös sein, weil ich am Sonntag noch eine Chance bekommen hätte, wenn es am Samstag nicht geklappt hätte. Aber ich hatte ja auch mal 64 Punkte Vorsprung, welcher dann bis auf fünf geschrumpft ist. Das war nicht einfach." Sichtlich befreit ließ der 31-Jährige in den verbliebenen drei Saisonrennen dann noch zwei weitere Siege und einen fünften Platz folgen. Die Supersport-Saison beendete er damit mit 17 Rennsiegen, 19 Podestplätzen, sieben Pole Positions und 498 Punkten - nie war ein Pilot in dieser Klasse besser. Das beeindruckt, musste Aegerter während der Saison doch regelmäßig zwischen zwei völlig verschiedenen Motorrädern hin und her wechseln. "Das Supersport-Bike ist eine richtige Rennmaschine. Du hast einen Verbrennungsmotor, Schaltung und richtigen Sound. Du kannst problemlos 20 bis 30 Runden am Stück fahren. Das MotoE-Bike ist hingegen deutlich schwerer. Du kannst nicht schalten, hast keine Kupplung. Die Beschleunigung bis 100 km/h ist enorm, danach geht es aber nicht mehr so extrem vorwärts. In den langsamen Kurven ist es ein ganz anderes Fahren", erklärt er die größten Unterschiede zwischen MotoE-Bike [Energica Ego Corsa, Anm.] und Supersport-Maschine [Yamaha YZF R6, Anm.]. Speziell die Umstellung von Supersport auf MotoE sei Aegerter immer etwas schwerer gefallen: "Das Motorrad ist sehr speziell zu fahren. Du hast außerdem kaum Zeit, dich an Motorrad, Strecke, Verhältnisse und Reifen zu gewöhnen. Du kannst nur 6 bis 7 Runden fahren, dann ist die Batterie schon aufgebraucht. Der Wechsel auf das Supersport-Bike ist mir leichter gefallen, weil du viel mehr Zeit auf der Strecke verbringen kannst."

Aegerters Belohnung: Superbike-WM 2023

Im kommenden Jahr wird sich Aegerter mit diesem Problem nicht mehr herumschlagen müssen. 2023 geht er nämlich nur noch in einer Klasse an den Start: Der Superbike-Weltmeisterschaft. "Ich freue mich natürlich riesig, dass ich den Sprung endlich geschafft habe. Eigentlich wollte ich ja dieses Jahr schon dort fahren, aber es hatte sich keine Möglichkeit ergeben", berichtet der Schweizer, der 2023 im GRT-Team eine Yamaha R1 pilotieren wird. "Es wird sicherlich eine kurze Wintervorbereitung, weil wir Ende Februar schon die ersten Rennen auf Philipp Island fahren werden. Das Wichtigste wird deshalb sein, mich schnell an das Motorrad, die Elektronik und die Power zu gewöhnen, sowie das Team kennenzulernen." Ziele oder Platzierungen will Aegerter noch nicht ausgeben: "Ich will mich in jedem Rennen steigern können. Die Platzierungen werden dann schon kommen. Die Superbike-WM ist eine ganz andere Kategorie wie die Supersport. Es gibt zehn Werksfahrer. Sollten wir dort mitmischen können, wäre das gut."

In Remy Gardner erhält Aegerter einen hochdekorierten Australier als Teamkollegen bei GRT Yamaha. Der Sohn von 500ccm-Weltmeister Wayne Gardner krönte sich 2021 zum Moto2-Champion und bestritt in der zurückliegenden Saison insgesamt 20 MotoGP-Rennen für Tech 3 KTM. Dort erhielt Gardner nach durchwachsenen Leistungen mit lediglich 13 Punkten aber keinen Anschlussvertrag mehr. Deshalb nun der Wechsel in die Superbike-Weltmeisterschaft. "Es ist super, einen Teamkollegen zu bekommen, der die Moto2 gewonnen hat und in der MotoGP gefahren ist. Wir können gute Daten austauschen und uns gegenseitig pushen", freut sich Aegerter. Der Schweizer glaubt an eine erfolgreiche Zusammenarbeit: "Ich kenne Remy aus meinen Moto2-Zeiten und werde ihn sicherlich noch besser kennenlernen, sobald er dann mein Teamkollege ist. Das Ziel ist aber natürlich, vor ihm zu sein." Da sowohl Aegerter als auch Gardner im kommenden Jahr ihr Debüt in der Superbike-Weltmeisterschaft und auf der R1 feiern werden, wird der Blick des GRT-Teams - zumindest zu Saisonbeginn - wohl häufiger auch zum Yamaha-Werksteam und zu Starpilot Toprak Razgatlioglu gehen. Der 26-jährige Türke war in den vergangenen Jahren mit Abstand bester Yamaha-Fahrer in der WSBK und dient folglich als Maßstab für die beiden Rookies. "Ganz sicher", glaubt auch Aegerter. "Wir werden von Beginn an das gleiche Material bekommen. Das Ziel ist es, an seine Leistungen anzuknüpfen." Razgatlioglu wurde 2021 Superbike-Weltmeister, in der zurückliegenden Saison feierte er immerhin je sieben Haupt- und Superpole-Rennsiege. Auch im kommenden Jahr rechnen sich der Türke und Arbeitgeber Yamaha wieder Chancen aus. Aegerter warnt hingegen vor ähnlichen Erwartungen: "In der Superbike-Weltmeisterschaft gibt es mit Bautista [Alvaro, Anm.], Rea [Jonathan, Anm.] und Toprak drei sozusagen 'auserwählte' Fahrer. Da müssen wir erstmal schauen, ob wir sie aufmischen können."

Kann Aegerter die Platzhirsche der Superbike-WM 2023 ärgern?, Foto: LAT Images
Kann Aegerter die Platzhirsche der Superbike-WM 2023 ärgern?, Foto: LAT Images

2022 verteilten Bautista, Rea und Razgatlioglu sämtliche der 36 Siege unter sich, letztmals gewann im Oktober 2021 mit Scott Redding ein anderer Pilot in der Superbike-WM. Zudem gingen 2022 insgesamt 90 von 108 möglichen Podestplätzen an das Trio. Speziell aus Yamaha-Sicht war ohne Razgatlioglu zuletzt wenig zu holen: Garrett Gerloff schaffte es in der vergangenen Saison nur einmal auf das Podium, Andrea Locatelli immerhin doppelt so oft. Der letzte Sieg eines Yamaha-Piloten, der nicht auf den Namen 'Razgatlioglu' hört, datiert sogar schon aus dem Jahr 2020. Damals siegte Michael van der Mark Mitte September im Superpole-Rennen von Aragon. Ob Aegerter diese Negativserie beenden kann? "Ja, ich hoffe es natürlich", lacht er. "Aber ich muss jetzt erstmal lernen, wie alles funktioniert. Dann schauen wir, ob die Resultate kommen."

Dieser Artikel erschien erstmals in Ausgabe 88 unseres Print-Magazins. Dort blicken wir natürlich nicht nur auf den Motorradsport, sondern auch auf die Formel 1, DTM & Co. Auf den Geschmack gekommen? Das Motorsport-Magazin könnt ihr seit neuestem nicht nur abonnieren, sondern auch an eure motorsportbegeisterten Liebsten verschenken.