"Wenn er sich erst einmal für etwas entschieden hatte, konnte man ihn nicht mehr umstimmen." So erinnert sich Repsol Hondas ehemaliger Teammanager Livio Suppo an Casey Stoner. Dieser Charakterzug veranlasste den Australier auch dazu, kurz vor seinem MotoGP-Rücktritt auf ein unglaubliches Angebot von Honda zu verzichten.

Suppo erklärte gegenüber der 'Gazzetta dello Sport' die Umstände dieser Entscheidung. Am 17. Mai 2012 kündigte der Australier seinen Rückzug aus dem aktiven Motorradrennsport zum Ende der laufenden Saison an. Im Jahr zuvor hatte Stoner seinen zweiten WM-Titel feiern können, den ersten als Honda-Pilot. Kein Wunder, dass die Japaner ihren Star-Piloten nicht ohne weiteres gehen lassen wollten.

"Er ist seinen Entscheidungen immer treu geblieben, egal, ob sie richtig oder falsch waren", erinnert sich Suppo allerdings. "Er hat eine Vertragsverlängerung mit über zehn Millionen Euro Gehalt pro Jahr abgelehnt, es war ein monströses Angebot. Um sowas zu tun, musst du entweder sehr verrückt oder sehr überzeugt von deiner Entscheidung sein."

An der Überzeugungskraft des japanischen Herstellers lag es also nicht, dass Stoner seine MotoGP-Karriere nicht fortsetzte. Suppo gibt weitere Einzelheiten preis: "Nakamoto (Hondas ehemaliger Vizepräsident) und ich haben versucht, weiter mit ihm zu verhandeln, aber er wiederholte nur, dass er den Vertrag nicht verlängern wollte. Er sagte uns, dass er von zu vielen Dingen, die er geliebt hatte, enttäuscht wurde."

Auch wenn die Entscheidung Stoners nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist Suppo weiterhin der Meinung, dass der Australier sich zu vorschnell zu sein Karriere-Aus bekannt hat: "Meiner Meinung nach hat er seinen Rücktritt zu früh verkündet. Von diesem Moment an hat er die Saison auf dich leichte Schulter genommen. Seine Konzentration war hinüber und er selbst war nicht mehr dieselbe Kampfmaschine wie vorher."

Casey Stoner blieb für zwei Jahre Teil des Honda-Werksteams, Foto: Repsol Honda
Casey Stoner blieb für zwei Jahre Teil des Honda-Werksteams, Foto: Repsol Honda

Suppo: Stoner stand 2015 kurz vor MotoGP-Rückkehr

Wie Suppo aber auch verriet, hatte Stoner nach seinem Rücktritt sogar noch einmal Ambitionen, wieder ins Geschehen auf der MotoGP-Rennstrecke einzugreifen. Und das nicht nur als Edel-Testfahrer für Ducati oder Honda. "Er hat uns Sonntagnacht in Katar kontaktiert", erinnert sich Suppo an das Jahr 2015. Zu diesem Zeitpunkt stand Stoner kurz davor, als Ersatz für Dani Pedrosa in die MotoGP zurückzukehren.

"Das hat uns überrascht", gibt Suppo ehrlich zu. "Wir bei HRC haben lange darüber nachgedacht, vor allem, weil Nakamoto viel für Casey übrig hatte. Er wollte ihn am Ende aber nicht zurückholen, weil er Angst hatte, eine falsche Entscheidung zu treffen. Also hat er 'Nein' gesagt."

Wenig überraschend gefiel dem Ex-Champion diese Antwort gar nicht. "Stoner hat diese Entscheidung nicht gut aufgefasst und war wütend auf mich. Er war überzeugt, dass ich diese Entscheidung getroffen hatte", erzählt Suppo weiter. "Unser Verhältnis ist daran zerbrochen. Ich habe seitdem nichts mehr von ihm gehört." Diese Reaktion ist jedoch typisch für Stoner, wie Suppo anmerkt: "Bei Casey ändert sich alles immer drastisch und manchmal kennt man den Grund dafür nicht einmal."

Die Entscheidung von Honda, Stoner nicht noch einmal zurückzuholen, bereut Suppo allerdings nicht, auch, wenn seine Freundschaft zu dem Australier daran zerbrochen ist. "Es wäre schön gewesen, seine Rückkehr zu erleben, aber wenn es nicht gut gelaufen wäre, hätte das die Kritik und die Anspannung erhöht und Marquez abgelenkt, der um seinen dritten WM-Titel in Folge gekämpft hat. Ich denke also immer noch, dass wir gut entschieden haben."