Honda geht als Weltmeister-Team in die MotoGP-Saison 2019. In diesem Jahr haben sie jedoch nicht nur einen WM-Kandidaten in ihrer Box, sondern zwei. Marc Marquez und Jorge Lorenzo bilden in diesem Jahr das MotoGP-Dreamteam in der Repsol-Honda-Garage. Die Frage bei zwei Weltmeistern - und ihren Weltmeister-Egos - ist nur: Kann das gut gehen?

MotoGP-Saisonvorschau 2019: Honda (07:28 Min.)

Fahrer & Teams für 2019

Team Nr. Fahrer MotoGP-Erfahrung
Repsol Honda93 Marc Marquez 108 Starts - 44 Siege - 77 Podien
99 Jorge Lorenzo 188 Starts - 47 Siege -114 Podien
LCR Honda30 Takaaki Nakagami 18 Starts - 0 Siege - 0 Podien
35 Cal Crutchlow 138 Starts - 3 Siege - 16 Podien

In der Saison 2019 schickt die HRC zwei Teams und vier Motorräder ins Rennen. Neben dem Repsol-Honda-Werksteam mit Marquez und Lorenzo gibt es natürlich auch noch das LCR-Team mit Cal Crutchlow und Takaaki Nakagami. Bis auf den Japaner sind alle drei Piloten mit Werksmaterial unterwegs.

Marc Marquez ist im Repsol-Honda-Team seit 2013 eine Konstante. Zum ersten Mal seit dem Eintritt des amtierenden Weltmeisters in die Königsklasse gehört der Platz auf der anderen Seite der Box aber nicht Dani Pedrosa. Nachdem der Spanier mit Ende der letzten Saison zurücktrat, gehört dieser Platz nun Jorge Lorenzo. Das macht Honda zu einem noch stärkeren Rivalen für die Konkurrenz, könnte aber auch teaminterne Schwierigkeiten mit sich bringen. Denn wo Marquez zu Pedrosa-Zeiten noch die klare Nummer eins im Team war, wird sich Lorenzo auf so einen Status wohl nicht einlassen.

Der umgänglichste aller Teamkollegen ist Lorenzo für Marquez also sicher nicht. Auf der anderen Seite musste dieser in seiner MotoGP-Karriere noch nie einen gleichrangigen Teamkollegen neben sich tolerieren. Auch wenn der Haussegen in der Honda-Box noch nicht schief hängt, so besteht über die Saison hinweg zumindest Explosionspotenzial.

Davon ab können die zwei Top-Piloten auf der Strecke aber nur positiv für die HRC sein. Auch wenn beide Spanier zurzeit mit Verletzungen zu kämpfen haben und Lorenzo sich noch an die RC213V gewöhnen muss, so besteht sicher nur ein geringer Zweifel daran, dass Marquez und Lorenzo die Konkurrenz ganz schön ins Schwitzen bringen können.

In der LCR-Box ist auch Crutchlow zurück aus dem Krankenstand. Der Brite war nach seinem Sturz im vergangenen Oktober lange außer Gefecht gesetzt, bei den Testfahrten in Sepang war er erstmals wieder dabei. Sein erstes Feedback fiel positiv aus. Wenn nötig, hätte er auch noch schneller sein können, dabei fuhr er an zwei von drei Tagen in die Top-6. Im Laufe der Saison sollte Crutchlow also zumindest theoretisch wieder an alte Zeiten anknüpfen können. Sein Teamkollege Nakagami geht 2019 in seine zweite MotoGP-Saison. Dementsprechend mehr wird die HRC wohl von ihm erwarten, aber mit konstanten Top-10-Ergebnissen in beiden Tests sollte das dem Japaner nicht zu schwer fallen.

Das Motorrad

Wie das Repsol-Honda-Team bei der Präsentation in Madrid zeigte, gibt es zumindest optisch keine großen Veränderungen an der RC213V. Trotz Repsol-Jubiläum hat das Bike von Marquez und Lorenzo keine neue Lackierung verpasst bekommen, stattdessen ist man dem klassischen Design treu geblieben. Darunter hat sich jedoch etwas getan - und das nicht unbedingt zum Positiven. So haben die japanischen Ingenieure der diesjährigen Honda zwar einen Topspeed verpasst, der jetzt mit der Ducati Desmosedici mithalten kann, dafür gibt es nun an anderer Stelle Probleme.

In Katar klagten alle Honda-Piloten, die mit aktuellen Material unterwegs sind (Marquez, Lorenzo und Crutchlow), über fehlendes Vertrauen und Feedback am Vorderrad. Crutchlow merkte sogar an, dass er diese Probleme schon in Sepang hatte, sie in Katar aber noch zunahmen. Der amtierende Weltmeister Marquez glaubt sogar, dass man bei Honda aktuell weit hinter Ducati und sogar Yamaha zurückliegt.

Nachdem keiner der drei Piloten diese Probleme beim letzten Vorsaison-Test in Katar lösen konnte, wird man dies wohl in der Saison tun müssen. Denn lediglich Marquez ließ durchblicken, dass er und sein Team auf dem richtigen Weg seien, um eine schnelle Lösung für ihre Probleme mit der RC213V zu finden. Ein Spaziergang wird die Saison 2019 für die drei Honda-Werkspiloten wohl nicht.

So liefen die Tests

In Sepang stiegen Marquez und Crutchlow zum ersten Mal nach ihren jeweiligen Verletzungen wieder aufs Bike, Lorenzo musste den Test sogar komplett aussetzen. Crutchlow war nach dem ersten Tag zuversichtlich, Marquez setzte am selben Tag sogar die Bestzeit. Am Tag danach ging es dem Weltmeister körperlich weniger gut. Kurz war unklar, ob er am letzten Testtag in Malaysia überhaupt fahren würde. Am Ende setzte Marquez nicht aus, wurde aber nur Elfter. Trotzdem erklärte er am Ende der Tests, dass er gemeinsam mit seinem Team einige Fortschritte erzielen konnte.

In Katar waren dann alle vier Honda-Piloten mit von der Partie. Der letzte Vorsaison-Test zeigte jedoch noch einmal deutlich die Schwächen der aktuellen RC213V auf. Keiner der Fahrer konnte daran etwas schönreden. Dennoch schafften es Marquez und Lorenzo am letzten Testtag in die Top-5 und blieben hinter Maverick Vinales' absoluter Test-Bestzeit in Katar um knapp 0.4 Sekunden zurück. Für Crutchlow lief es hingegen weniger gut, er beendete die Tests nur als 17. Nakagami zeigte sowohl in Sepang als auch in Katar starke Leistungen, indem er keinen einzigen Testtag außerhalb der Top-10 beendete.

Was trauen wir Honda zu?

Sophie Riga: Auch wenn der Start in die MotoGP-Saison 2019 für Honda mit einigen Problemen begonnen hat, so kann man wohl davon ausgehen, dass der japanische Hersteller einmal mehr um den WM-Titel mitkämpfen wird. Zwar kommen mit Marquez und Lorenzo beide Werkspiloten mit einer Verletzung in die Saison, aber bei den beiden MotoGP-Größen sollten diese Startschwierigkeiten spätestens beim Saisonstart in Katar vergessen sein. Vor allem Marquez wird von Anfang an alles daran setzen, seinen WM-Titel auch in diesem Jahr gegen Dovizioso zu verteidigen.

Sein Teamkollege Lorenzo dürfte etwas länger brauchen, um sich sowohl von seiner Verletzung zu erholen und sich an die RC213V zu gewöhnen. Bisher klappte diese Umstellung aber besser als in seinen Ducati-Tagen. Hat der Spanier sich aber erst einmal erholt und hat man bei Honda im Laufe der Saison einige Lösungen für die Probleme des diesjährigen Bikes gefunden, kann auch Lorenzo sicher um Rennsiege mitkämpfen. Eines ist jedenfalls klar, einfach werden es die Honda-Piloten ihren Konkurrenten in Rot sicher nicht machen.

Michael Höller: Verletzungen und eine daraus resultierende mangelhafte Vorbereitung des Motorrads für 2019. Das sind die guten Nachrichten für die Konkurrenz. Dass die Fahrer Marc Marquez und Jorge Lorenzo heißen, sind die schlechten News für die Gegner. Natürlich ist der Mann, der fünf der letzten sechs Titel gewonnen hat, erneut Top-Favorit - Schulter hin oder her. Und da Lorenzo bei Honda vom ersten Moment an all das bekam, was er bei Ducati eineinhalb Jahre fordern musste, ist der Mallorquiner spätestens ab der Sommerpause siegfähig. Nimmt die Konkurrenz Honda im ersten Saisondrittel keine Punkte ab, sehe ich die Weltmeisterschaften erneut bei HRC.

Markus Zörweg: Die große Sorge bei Honda waren über den gesamten Winter die körperlichen Probleme. Marc Marquez, Jorge Lorenzo und Cal Crutchlow kämpften allesamt mit Verletzungen. Im Fall von Marquez - der 2019 wohl noch die klare Nummer eins bei Honda sein wird - sollten diese Schwierigkeiten aber spätestens nach den ersten paar Rennen der Vergangenheit angehören. Deutlich mehr aufpassen muss Honda da schon, was das Material betrifft. Die RC213V hat zwar in puncto Topspeed und Beschleunigung zugelegt, gleichzeitig aber laut allen Fahrern im Bereich des Handlings verloren. Es fehlt das Gefühl für das Vorderrad - eine gefährliche Schwäche. Ich denke aber, dass Honda auch dieses Problem rechtzeitig lösen wird können und dann führt der Weg zum MotoGP-Titel 2019 wieder über Marc Marquez.