Andrea Dovizioso hält die MotoGP-WM offen. Der Verfolger von Marc Marquez feierte in Sepang seinen sechsten Saisonsieg und könnte sich unter Umständen in zwei Wochen beim Finale in Valencia zum neuen Weltmeister krönen.

MotoGP-Diskussion: Wann ist Stallorder gerechtfertigt?: (05:50 Min.)

Ducati holte dank Dovizioso und Jorge Lorenzo den ersten Doppelsieg der Saison, musste sich von einigen Fans nach dem Rennen dennoch Kritik gefallen lassen. Den manch einer unterstellte Ducati die gezielte Ausgabe einer Stallorder.

Nachricht an Lorenzo sorgt für Fan-Unmut

Eine Nachricht auf die Digitalanzeige auf Lorenzos Motorrad sorgte für Aufregung, nachdem sie im internationalen TV-Feed für alle Zuseher sichtlich eingeblendet wurde: "Suggested Mapping: Mapping 8" stand da plötzlich, als Lorenzo sechs Runden vor Schluss 0,7 Sekunden vor Dovizioso lag.

Die Ausgangsposition zu diesem Zeitpunkt in der WM: Marc Marquez auf Rang vier und voll auf WM-Kurs, da er im virtuellen Zwischenstand 26 Punkte Vorsprung auf Dovizioso hatte. Der Ducati-Mann musste also gewinnen, um die Weltmeisterschaft offen zu halten. Eine Runde nach der Nachricht an Lorenzo lag Dovi dann tatsächlich in Führung.

Allerdings konnte er von einem klar ersichtlichen Fahrfehler von Lorenzo profitieren, der in der scharfen Schlusskurve über das Vorderrad rutschte und nur knapp einen Sturz verhindern konnte. An der Unterstellung vieler Fans, Ducati hätte Stallorder angewandt, änderte diese Situation aber nichts. So mussten sich Dovizioso und Lorenzo nach dem Rennen in einer Pressekonferenz verteidigen.

Lorenzo beteuert: Ich hatte Probleme

"Ich habe diese Nachricht gar nicht gesehen", sagte Lorenzo. "Ich habe mich auf die Kurven vor mir konzentriert, da darf man sich von nichts ablenken lassen. In Misano habe ich auf meine Anzeige geschaut und man hat gesehen, wie das geendet hat." Damals flog der Mallorquiner mit seiner Ducati in Führung liegend ab, weil er - wie von seiner Box angewiesen. das Motor-Mapping umgestellt hatte.

Lorenzo deutete außerdem an, dass er im Fall der Fälle Dovizioso ohnehin nicht viele Steine in den Weg gelegt hätte. "Ich weiß, wie ich mich in entsprechenden Situationen verhalten hätte. Ich habe versucht, das Rennen zu gewinnen, aber ich hätte auf keinen Fall etwas Verrücktes gemacht. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen."

Denn eine Kollision der beiden Ducatisti wäre der Todesstoß für die WM-Ambitionen der Roten Rennfraktion aus Bologna gewesen. Und Dovizioso wäre womöglich erneut der Leidtragende gewesen, wie einst in Argentinien, als Teamkollege Andrea Iannone ihn im Kampf um Platz zwei abgeräumt hatte.

Dovizioso bleibt "Iannone-Effekt" erspart

"Ich hatte nicht immer so gute Teamkollegen wie Jorge", scherzte Dovizioso im Hinblick auf die Aktion von Iannone im Vorjahr. "Aber das war damals eine andere Situation, weil wir beide um unseren Verbleib bei Ducati gekämpft haben. Jorge hingegen war heute einige Runden sehr am Limit. Wir haben beide mehrmals das Vorderrad verloren und hatten keinerlei Raum für irgendwelche Spielchen. Er ist über Dreiviertel der Renndistanz sehr gut gefahren, hat dann aber massiv Grip am Hinterrad verloren."

Tatsächlich konnte man auf den TV-Bildern schon in den Runden vor dem Überholmanöver sehen, dass Lorenzo immer wieder beim Anbremsen das Heck wegen zu wenig Grip rutschte. Etwas, das er bestätigte: "Ich wusste, dass ich auf meinen Hinterreifen aufpassen musste. Irgendwann hat der dennoch nachgelassen und dann begann auch die Front zu rutschen."

Deshalb musste Lorenzo Dovizioso auch rasch ziehen lassen, als dieser ihn endlich überholt hatte. "Ich hätte gerne mit ihm mitgehalten, aber er hat sich keine Fehler mehr erlaubt. Ich lag nicht weit zurück, aber wenn ich mehr Risiko eingegangen wäre, hätte das zu 90 Prozent in einem Sturz geendet."

Ciabatti verteidigt Entscheidung

Teamchef Paolo Ciabatti klärte im Gespräch mit der spanischen "As" auf, dass die Rollen schon vor dem Rennen klar verteilt wurden: "Wir haben beiden Fahrern deutlich mitgeteilt, dass wir keinen weiteren Fall wie in Argentinien wollen. Am Ende ist das Ergebnis für das gesamte Team das Wichtigste und Lorenzo hat sich heute wie ein Profi verhalten."

Die Mitteilung auf Lorenzos Digitalanzeige rechtfertigte Ciabatti folgendermaßen: "Es war an der Zeit, ihm zu sagen, dass die Sache zu wichtig war, um sie in einem internen Kampf zu riskieren. Jorge hatte gezeigt, dass er schnell war, aber er ist Profi genug, um zu verstehen, was für uns als Hersteller am wichtigsten ist. Daher glaube ich nicht, dass es irgendjemanden im Team gibt, der unsere Entscheidung nicht verteidigt."

Zur Erinnerung: Hätte Lorenzo vor Dovizioso gewonnen, wäre Marc Marquez bereits in Sepang Weltmeister geworden. Und Ducati hätte sich selbst um den Lohn für die harte Arbeit in den vergangenen 17 Rennen gebracht. Nun hat Dovizioso die Chance, beim MotoGP-Finale in Valencia das Ruder doch noch herumzureißen.