"Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich spüre, dass keiner in der Superbike-WM so gut fährt wie ich. Ich würde nur zu gerne sehen, wie das in der MotoGP aussieht!" Starke Worte von Chaz Davies im Gespräch mit Crash.net nach Saisonende 2016. Der Ducati-Pilot strotzt nach sieben Siegen in den letzten acht Superbike-Rennen 2016 nur so vor Selbstbewusstsein. Klar, dass er einen Vergleich mit der Königsklasse in seiner derzeitigen Verfassung nicht scheut. Die Fragestellung, die sich aus dieser Aussage ergibt, ist jedoch eine interessante.

Wie gut sind eigentlich Superbike-Piloten im MotoGP-Umfeld? Davies, der schon 2007 für Pramac-Ducati startete ist sich sicher: "Ich denke, meine Leistungen damals waren ziemlich respektabel. Aber jetzt bin ich ein besserer und kompletterer Fahrer!" Doch der Schritt in die Königsklasse erwies sich für die Superbike-Piloten immer als schwierig. Motorsport-Magazin.com blickt deshalb zurück. So erfolgreich waren/sind Superbike-Piloten in der Königsklasse:

Superbiker in der MotoGP: Der Weltmeister

Nicky Hayden wurde 2006 MotoGP-Weltmeister, Foto: Repsol Honda
Nicky Hayden wurde 2006 MotoGP-Weltmeister, Foto: Repsol Honda

Nicky Hayden kann auf eine lange und erfolgreiche MotoGP-Karriere zurückblicken. Hayden arbeitete sich über die AMA in die Königsklasse, wo er dank der Unterstützung von Honda USA gleich in seiner Rookie-Saison 2003 im Repsol-Werksteam als Teamkollege von Valentino Rossi untergebracht wurde. Seinen ersten MotoGP-Sieg holte Hayden 2005 beim Comeback in Laguna Seca, 2006 holte er gegen Ex-Teamkollege Rossi den Titel. Damit ist Hayden der einzige ehemalige Superbike-Fahrer, der sich in der MotoGP zum Weltmeister krönte. Nach seiner Repsol-Zeit startete Hayden fünf Jahre lang für Ducati, danach noch zwei Jahre lang im Aspar-Team auf einer Open-Honda.

Superbiker in der MotoGP: Die Grand-Prix-Sieger

Fünf Superbiker konnten in der MotoGP mindestens einen Rennsieg einfahren: Makoto Tamada, Troy Bayliss, Chris Vermeulen, Ben Spies und Cal Crutchlow. Insgesamt holte dieses Quintett sieben Siege, doch nur zwei dieser Erfolge gehen wirklich auf den Fahrer zurück: Bayliss in Valencia 2006 sowie Crutchlow auf Phillip Island 2016. Bei allen anderen Rennsiegen halfen die Umstände tatkräftig mit: Tamada war bei seinen Siegen in Rio und Motegi 2004 auf überlegenen Bridgestone-Reifen unterwegs, Vermeulen und Crutchlow siegten in Le Mans 2007 bzw. Brünn 2016 bei Regenwetter. Ben Spies half der Crash zwischen Jorge Lorenzo und Marco Simoncelli in der Startrunde, um den Assen-GP 2011 für sich zu entscheiden.

Makoto Tamada besiegte Valentino Rossi 2004 in Motegi, Foto: Honda
Makoto Tamada besiegte Valentino Rossi 2004 in Motegi, Foto: Honda

Einen Sonderfall stellt Michele Pirro dar. Der heutige Alles-Tester von Ducati siegte in der Königsklasse zwar nie und fuhr dort auch nicht einmal auf das Podium. Doch in der Moto2-Klasse entschied Pirro den Valencia-GP im Jahre 2011 für sich. Es war ein sehr emotionaler Erfolg: Valencia war damals Rennen eins nach Marco Simoncellis Tod und Pirro startete für das Team von Fausto Gresini, jener Truppe, für die Simoncelli in der Königsklasse startete.

Superbiker in der MotoGP: Die Podiumskandidaten

Neben den Superbike-Rennsiegern konnten fünf weitere Piloten aus dem WSBK-Umfeld zumindest das Podium der Königsklasse erklimmen. Der erfolgreichste Pilot aus dieser Riege ist mit Sicherheit Colin Edwards. Insgesamt zwölf Mal nahm Edwards einen Pokal mit nach Hause, immer wieder war er auch knapp am Sieg dran. Gleich bei drei Gelegenheiten fehlten dem zweitplatzierten Edwards weniger als zwei Sekunden auf den Sieg: In Katar 2004 (gegen Sete Gibernau), Laguna Seca 2005 (gegen Nicky Hayden) und Donington 2009 (gegen Andrea Dovizioso).

Zwölf Mal auf dem Treppchen - doch auf die oberste Stufe schaffte es Colin Edwards nie, Foto: Milagro
Zwölf Mal auf dem Treppchen - doch auf die oberste Stufe schaffte es Colin Edwards nie, Foto: Milagro

Bei allen anderen Podiumsfahrern war das Top-3-Ergebnis jedoch eine Eintagsfliege. Akira Ryo katapultierte die Suzuki gleich im allerersten Rennen der Viertakt-Ära im strömenden Regen von Suzuka auf Platz zwei. Ebenso profitierte Danilo Petrucci vom Regen, als er in Silverstone 2015 Zweiter wurde. Ruben Xaus stellte eine Vorjahres-Ducati in Katar 2004 auf Platz drei. Noriyuki Haga war 2001 und 2003 Fixstarter in der Königsklasse, sein einziges Podium fuhr er jedoch bei einem Wildcard-Einsatz 1998 in Suzuka als Dritter ein.

Die Bilanz der MotoGP-Podestfahrer aus dem WSBK-Paddock:

FahrerSiegePodienPunkte
Nicky Hayden3281698
Cal Crutchlow212749
Makoto Tamada25462
Chris Vermeulen17521
Ben Spies16478
Troy Bayliss15278
Colin Edwards0121242
Danilo Petrucci01258
Ruben Xaus01129
Akira Ryo0147

Superbiker in der MotoGP: Die Punktehamster

Doch viele Piloten schafften es gar nicht erst auf das Podium, obwohl sie immer wieder ansprechende Leistungen zeigten und regelmäßig in die Punkte fuhren. James Toseland ist ein Paradebeispiel dafür. Der Brite zeigte sich vor allem in seinem Rookie-Jahr 2008 stark, bei seinem ersten Einsatz in Katar fuhr er auf Startplatz zwei. Doch im Rennen sollte Toseland über Rang sechs nie hinaus kommen. Auch Eugene Laverty sammelte regelmäßig Punkte. Mit der Aspar-Ducati wurde er beim Argentinien-GP 2016 gar Vierter. Weitere Punktehamster waren auch James Ellison und Neil Hodgson.

Platz vier in Argentinien 2016 - das war Eugene Lavertys Highlight in der MotoGP, Foto: Aspar
Platz vier in Argentinien 2016 - das war Eugene Lavertys Highlight in der MotoGP, Foto: Aspar

Wobei sich gerade Hodgson mit der Ducati GP3 schwer tat. Sein damaliger Teamkollege Ruben Xaus stellte den Briten regelmäßig in den Schatten. Ellison hatte stets mit unterlegenem Material zu kämpfen, so beispielsweise mit der WCM 2004 und 2005, der Tech3-Yamaha auf Dunlop-Reifen 2006 oder der ART von Paul Bird Motorsport 2012. Auch Niccolo Canepa fuhr bei seinem Gastspiel auf der Pramac-Ducati 2009 regelmäßig in die Punkteränge. Ebenso Jonathan Rea. Der zweimalige Superbike-Champion ersetzte 2012 den verletzten Casey Stoner für zwei Rennen bei Repsol Honda und holte die Plätze acht und sieben.

Superbiker in der MotoGP: Der Rest

Die MotoGP-Gastspiele der anderen Superbike-Piloten waren nur von sehr überschaubarem Erfolg gekrönt. Mehr als einzelne Punkteresultate waren für Fahrer wie Andrew Pitt, James Haydon, David Salom, Claudio Corti, Broc Parkes, Leon Camier oder Mike Jones nicht drin. Die Gründe hierfür sind vielfältig, den Misserfolg nur auf fehlendes Talent zurückzuführen wäre zu kurz gegriffen.

Claudio Corti konnte sich nicht für höhere Aufgaben empfehlen, Foto: Milagro
Claudio Corti konnte sich nicht für höhere Aufgaben empfehlen, Foto: Milagro

Oftmals starteten diese Piloten auf hoffnungslos unterlegenem Material, wie etwa Salom und Corti. Ein weiterer Faktor, der zu beachten ist, ist mögliche Unerfahrenheit. So wurde Mike Jones bei seinem ersten Einsatz in Motegi 2016 völlig ins kalte Wasser geschmissen. Es liegt also nicht nur an überschaubarem Talent, wenn ein Ex-Superbiker in der MotoGP kein Bein auf den Boden bekommt.