Aki Ajo ist ein ruhiger, zurückhaltender Mann. Einer, der sich nicht in den Mittelpunkt drängt. Einer, dem der Glamour, den die MotoGP-Szene durchaus zu bieten hat, nicht so wichtig ist. Aki Ajo ist Finne. Er kommt also aus einem kleinen Land, in dem MotoGP nicht der Mittelpunkt der Erde ist. Umso bemerkenswerter sind seine Erfolge. Brad Binder ist Moto3-Weltmeister 2016. Absolut verdient. Aber Brad Binder weiß genau warum. Sein wichtigstes Statement nach dem Titelgewinn: "Der Unterschied zu vorher ist, dass ich völlig entspannt und sorgenfrei auf das Bike steigen kann." Binder meint damit die Tatsache, dass es die Crew um Aki Ajo versteht, den Fahrern die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich aufs Fahren, zu ermöglichen.

Aki Ajo wäre der Erste, der betonen würde, dass er nicht alleine ist. Dass das Gewinnen von Titeln Teamwork ist. Und er lebt das auch so. Aber es ist sein Team. Und er hat diese fantastisch arbeitenden Mannschaften zusammen gebracht. Denn es ist ja nicht nur die perfekt für KTM funktionierende Moto3-Mannschaft, sondern auch noch die immer noch den Titel jagende Moto2-Mannschaft um Johann Zarco. Wenn der Franzose dieses vor seinem Aufstieg in die MotoGP schaffen sollte, wäre das das erste Mal, dass ein Moto2-Weltmeister seinen Titel verteidigt. Noch dazu mit dem gleichen Team. Und für Aki Ajo wäre das dann Titel Nummer sechs. Auch wenn es nicht klappt, kann man da nur sagen: Chapeau. Und mehr als verdient. Denn es war kein einfacher Weg für den kühlen Finnen, der gar nicht so kühl ist. Stattdessen ist er, wenn man ihn kennt, einer der angenehmsten Gesprächspartner im Paddock. Einer der nichts vergisst und komplett davon befreit ist, ob der Erfolge abzuheben.

Brad Binder fixierte in Aragon den sechsten Titel für Ajo, Foto: Tobias Linke
Brad Binder fixierte in Aragon den sechsten Titel für Ajo, Foto: Tobias Linke

Vielleicht auch, weil er genau weiß, wo er herkommt. Man darf nämlich nicht vergessen, dass er sich vor zehn Jahren noch mit unterlegenem Malaguti-Material abmühen musste. Alles andere wäre nicht zu finanzieren gewesen. Trotzdem hat er es nach ganz vorne geschafft. Und das kann kein Zufall sein. Für Insider unvergessen ist der erste Erfolg des Teams. Phillip Island 2003. Niemand hatte das Ajo-Team auf der Liste. Zumal der finnische Nummer-eins-Fahrer, der, weswegen man das ganze 2001 überhaupt begonnen hatte, mitten in der Saison, im August zu KTM gewechselt war. Aber unterkriegen lässt sich Aki Ajo nicht. Stattdessen nutze die Ajo-Truppe den strömenden Regen in Down Under, um einen zuvor nie erprobten Bridgestone-Reifen zu verwenden. Und um Kreise um die Konkurrenz zu fahren. Doppelsieg. Der Italiener Andrea Ballerini sorgte vor Masao Azuma für den ersten Meilenstein in der Geschichte des finnischen Teams. Dritter damals übrigens Steve Jenkner. Kein Zufall, dass Ballerini danach nie wieder in die Nähe eines Podestes kam. Er wird nicht der einzige Fahrer in der Geschichte der WM sein, der rückblickend seine besten Resultate als Fahrer von Aki Ajo hatte.

Ajos harte Jahre mit Malaguti

Der Grundstein war also gelegt, trotzdem folgten harte Jahre. Teilweise von der Konkurrenz belächelt. Als man mit Malaguti ausrücken musste, weil es keine finanzierbaren Alternativen gab. Aufgeben?Auf keinen Fall .Stattdessen in Eigenregie die Motoren getunt und mit dem Japaner Koyama sogar Podestplätze erreicht. Titel Nummer eins mit Mike di Meglio war dann letztendlich nur eine Frage der Zeit und der Lohn der ganzen Mühen. Endgültig war Ajo Racing eine Top-Adresse. Auch kein Wunder, dass Di Meglio nach der Ajo-Zeit nie wieder was gerissen hat. Und sicherlich im Gesamtkonstrukt auch kein Zufall, dass der nächste Weltmeister unter finnischer Regie ein gewisser Marc Marquez war. Der sah 2010, wenn er den Helm abnahm, noch so aus, als hätte er am liebsten ein Eis aus der nächsten Eisdiele, aber wenn er den Helm aufhatte, war er ein Ereignis. In der ersten Moto3-Saison war es Sandro Cortese, der für Ajo-Titel Nummer 3 sorgte. Schon als KTM-Werksteam unterwegs, nervte es Aki Ajo aber schon damals, keine Möglichkeit zu haben, seine Fahrer weiter zu beschäftigen. Ob es einen Zusammenhang gibt, dass Sandro Cortese seitdem eine einzige Resultatsenttäuschung ist, lässt sich nicht belegen. Aber irgendwas scheint Aki Ajo richtig zu machen.

Miguel Oliveira verpasste den Titel im Vorjahr knapp, Foto: Tobias Linke
Miguel Oliveira verpasste den Titel im Vorjahr knapp, Foto: Tobias Linke

Und auch wenn es mit Luis Salom, Jack Miller und Miguel Oliveira danach knapp nicht zum Titel reichte. Als Luis Salom im Sommer beerdigt wurde, war Aki Ajo einer der ersten, der sich auf Mallorca von Salom verabschiedet hat. Persönlich und alleine. Über mehrere Stunden. In der Kapelle, in der 'Mexicano' aufgebahrt war. Die Trauerfeier am Tag danach war ihm zu viel Trubel und Öffentlichkeit. Was viel über Aki Ajo aussagt. Fakt ist: In der Szene lächelt keiner mehr über Aki Ajo und seine Pläne. Dass er nebenbei auch noch die von ihm als Manager betreuten Fahrer Jack Miller und Maverick Vinales in die Moto GP gebracht hat, sollte hier ebenfalls nicht verschwiegen werden, auch wenn Vinales mittlerweile ein anderes Management hat. Kinder und Familie hat der gute Aki übrigens auch noch. Und auch das bekommt er gemanagt beziehungsweise zieht die Familie das Motorsport-Ding des Hauses Ajo mit durch. Und es kann noch besser werden.

Extra für Johann Zarco gründete er nämlich ein Moto2-Team. Das Resultat: Titel Nummer vier 2015. Jetzt also Binder 2016 mit Titel Nummer fünf. Und vielleicht ja auch noch Zarco mit Titel Nummer sechs in Übersee oder Valencia. Was für eine Erfolgsstory. Sagenhaft. Phänomenal . Und langsam aber sicher sollte die Konkurrenz sich fragen, was der Finne hat, was sie nicht haben. Ich glaube, dass das Geheimnis keines ist. Aki Ajo ist kompetent. Hat Erfahrung. Und das wichtigste: Er ist normal geblieben. Nie abgehoben. Nie übertrieben. Und schon gar nicht übertrieben stolz oder arrogant. Das Ergebnis: KTM vertraut ihm auch die Moto2 an. Ein genialer Plan. Und man darf davon ausgehen, dass mit 'seinen' Fahrern Binder und Oliveira auch die Moto2-Zukunft ein Erfolg wird. Schön, dass harte, ehrliche Arbeit manchmal belohnt wird. Das Trüffelschwein der Szene kommt aus Finnland, heißt Aki Ajo und hat es verdient.