Ein Unwort aus der Formel 1 ist leider auch in der MotoGP angekommen: Track limits. Valentino Rossi, Andrea Dovizioso, Alvaro Bautista, Michele Pirro, Jack Miller und Yonny Hernandez wurden im Qualifying in Misano Rundenzeiten aberkannt, weil sie die eigentliche Begrenzung der Strecke überfahren hatten. Bei Hernandez und Pirro betraf das in Q1 sogar die jeweils schnellte Runde. Jorge Lorenzo - wie viele Fans wütend anmerkten - war auf seiner Rekord-Runde zur Pole Position ebenfalls grenzwertig weit außen unterwegs gewesen.

Könnten derartige Regelverstöße am Sonntag im Grand Prix das Rennen mitentscheiden? "Es ist nicht leicht, die vollen 28 Runden so konzentriert zu bleiben. Da kann es schon einmal passieren, dass man über die Begrenzungsmarkierung hinaus getragen wird", gab Maverick Vinales zu. Bereits zuletzt in Silverstone gab es im Rennen Zeitstrafen gegen Aleix Espargaro (1 Sekunde) und Tito Rabat (0,5 Sekunden), die am Endergebnis aber nichts veränderten.

Rossi & Lorenzo fordern Fingerspitzengefühl

Jorge Lorenzo und Valentino Rossi - am Sonntag auf den Startplätzen 1 und 2 - wünschen sich von der Rennleitung für eventuelle Entscheidungen auf jeden Fall das nötige Fingerspitzengefühl. "Es ist ein Unterschied, ob du mit der Hälfte des Hinterreifens drüber bist oder um einen Meter an der Markierung vorbei ziehst. Auch muss sich die Rennleitung ansehen, ob das nur einmal geschieht oder Runde für Runde", forderte Lorenzo.

Rossi fügte hinzu: "Einen Vorteil hat man erst dann, wenn man immer und immer wieder über das Track Limit hinausschießt. Es ist okay, wenn man einmal einen Fehler macht und zu weit draußen ist. Aber öfter sollte es nicht passieren - sonst sind Strafen wie zuletzt bei Espargaro oder Rabat gerechtfertigt."

Sicherheit geht vor

Von der generellen Herangehensweise aller Streckenbetreiber, schmale Asphaltzonen zwischen Kerbs und Gras- bzw. Kiesflächen zu installieren, halten die Spitzenfahrer viel. Die Sicherheit gehe eben vor. "Früher wurde es sehr gefährlich, wenn du ein wenig zu weit warst, weil du mit deinem Hinterrad vom Kerb sofort in den Schmutz gekommen bist. Das sind Voraussetzungen für schlimme Unfälle", erklärte Lorenzo.

Rossi stimmte ihm zu: "Wir haben nun zwar das Problem von gestrichenen Rundenzeiten, aber für die Verbesserung unserer Sicherheit war das ein wichtiger Schritt. Es gab viele gefährliche Situationen, wenn ein Fahrer mit Hinterrad über den Kerb hinaus kam." Zündstoff für neue Kontroversen schuf man damit trotzdem. Nun liegt es an der Rennleitung, keine Farce zu schaffen. Am Samstag ging trotz vieler Streichungen nochmal alles gut.

Erklärung: So entscheidet die Rennleitung

In Misano ist an der heiklen Stelle Turn 16 eine eigene Kamera in gerader Linie zur Streckenmarkierung angebracht. Damit sollte der Rennleitung kein Vergehen entgehen. Die Definition ist klar: Sobald auch nur ein minimaler Teil des Hinterreifens den Kerb berührt, gilt das Motorrad als innerhalb der Strecke. Zudem wird im Zweifelsfall zugunsten des Fahrers entschieden - etwa wenn die Kamerabilder nicht eindeutig sind.

Im konkreten Fall von Jorge Lorenzo, der bei seiner Rekordrunde grenzwertig unterwegs war, sprach Renndirektor Mike Webb in Misano klar aus: "Jorge war innerhalb." Die Szene wurde mehrfach begutachtet.