Alles rechnete mit einem Ducati-Durchmarsch auf dem Red Bull Ring. Doch erneut begingen viele Insider und Experten einen großen Fehler. Denn sie hatten Valentino Rossi nicht auf der Rechnung. Auch mit 37 Jahren sollte man den Doktor niemals unterschätzen. In einem spannenden Qualifying zum Österreich-GP der MotoGP in Spielberg lieferte Rossi eine glänzende Leistung ab und schob sich zwischen das Ducati-Duo Andrea Iannone und Andrea Dovizioso an der Spitze der Startaufstellung. Startplatz zwei also für Rossi, dem am Ende nur eineinhalb Zehntel zur Pole-Position fehlten. Dabei gilt der Red Bull Ring, das ist kein Geheimnis mehr, nicht gerade als Kurs, der der Yamaha M1 entgegen kommt.

Die vielen Brems- und Beschleunigungszonen sind eher nach dem Geschmack der Ducatis, zudem ist die Strecke die schnellste im gesamten Kalender. Doch Rossi relativiert: "Wir fahren hier zwar mit 30 bis 40 km/h weniger Topspeed als auf anderen Strecken, aber die Durchschnittsgeschwindigkeit ist hier sehr hoch. Wir haben hier einige Abschnitte, in denen es vom zweiten hoch bis in den sechsten Gang geht. Die Beschleunigung ist sehr wichtig, man muss die Leistung auf den Boden bringen, ohne dass das Hinterrad durchdreht und ohne Wheelie. Am Ende gibt es aber auch viele Kurven. Es geht also immer um die Balance, und nicht nur um den Motor", gibt Rossi zu Bedenken.

Gute Arbeit der Crew Grundstein für Rossis Leistung

Rossi und seine Crew schafften es also pünktlich zum Qualifying, wenn es erstmals an einem Rennwochenende zählt, das Setup der Yamaha optimal auf den Red Bull Ring abzustimmen. "Wir haben heute Morgen damit begonnen, mit dem weichen Reifen zu arbeiten. Das Bike haben wir versucht, ein bisschen zu ändern, um unsere Beschleunigung zu verbessern. Am Nachmittag haben wir dann einen sehr guten Job gemacht. Im FP4 war ich schon Dritter hinter den Ducatis und für das Qualifying konnten wir die Balance nochmal verbessern. Ich habe die Bremse besser gespürt und konnte auch schneller in die Kurven gehen. Das ist für unser Bike sehr wichtig", lobt Rossi die Arbeit seiner Techniker im Laufe des Samstags.

Diese Arbeit am Setting war der Grundstein zu Rossis Husarenritt im entscheidenden Q2. In seinem letzten Run konnte sich Rossi um satte neun Zehntelsekunden verbessern und tauchte kurz vor Schluss plötzlich auf Platz eins auf, bevor ihn kurze Zeit später Andrea Iannone noch von der Spitze verdrängen konnte. Nichtsdestotrotz strahlte Rossi hinterher: "Ich bin sehr glücklich mit der ersten Reihe, auch weil ich mich zwischen die beiden Ducatis setzen konnte. 23,2 ist eine sehr gute Zeit!"

Für Rossi ist vorne alles möglich beim Österreich-GP

Allerdings ist Rossi auch erfahren genug, um zu wissen, dass er sich im Rennen nicht nur auf die Ducatis konzentrieren darf. Auch von hinten könnte dem Doktor Ungemach drohen. Schließlich präsentierte sich Jorge Lorenzo am Samstag wiedererstark, und auch Marc Marquez und Maverick Vinales sind nicht weit weg. Dieses Trio liegt zudem in Lauerstellung in der zweiten Startreihe. "Ich muss auf jeden Fall ein Auge nach vorne werfen und versuchen, mit den Ducatis mitzuhalten. Aber hinter mir in der zweiten Reihe stehen mit Jorge, Marc und Maverick ebenfalls drei schnelle Fahrer. Auf diesem Level liegen alle Fahrer dicht beisammen, man weiß also nie. Morgen stehen die stärksten sechs Fahrer der bisherigen Saison in den ersten beiden Reihen, das wird ein guter Kampf", weiß Rossi.

Entscheidend wird für das Rennen aber auch die Reifenwahl werden. Hier steht und fällt alles mit den äußeren Bedingungen am Renntag. Die Streckentemperaturen werden laut Rossi die Reifenwahl der MotoGP-Fahrer entscheidend beeinflussen: "Für morgen werden die Temperaturen sehr wichtig werden für die Reifenwahl. Vor allem beim Hinterreifen ist noch alles offen, wir können den weichen oder auch den harten wählen." Womöglich gelingt Rossi dann wieder der entscheidende Schachzug. Geht es um die Frage nach dem Rennsieger, muss man den Doktor zumindest auf der Rechnung haben.