Auch Wochen nach dem Verbot der Winglets in der Königsklasse schlägt das Thema noch große Wellen. Erst äußerte Ducati die Vermutung, man wolle dem Werk aus Borgo Panigale nur schaden, jetzt meldet sich Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano gegenüber der britischen Crash.net zur Wort. "Nein, wir sind mit dem Verbot nicht einverstanden, wir haben dagegen gestimmt", erklärt der Italiener in aller Deutlichkeit. Doch warum?

Zunächst klingen Albesianos Äußerungen nach reiner Nächstenliebe. Während sich die japanischen Werke für das Winglet-Verbot aussprachen, war vor allem Ducati strikt dagegen. "Wir haben wirklich versucht, einen Kompromiss zwischen den Japanern und Ducati zu finden", so Albesiano. "Wir haben versucht, etwas Vernunft walten zu lassen und alle wieder zusammenzubringen." Was genau der Aprilia-Renndirektor mit "Kompromiss" meint, lässt sich nur schwer erahnen. Immerhin gibt er im selben Atemzug zu, Verfechter der Winglets zu sein. "Natürlich kosten die Winglets", gibt er zu. "Aber im Großen und Ganzen sind sie für die Motorrad-Welt etwas positives."

In dieser Hinsicht würden dem Italiener viele Werke nur zu gern widersprechen, aber Albesiano führt die Gründe für sein Denken nachvollziehbar aus: "Sie haben der Stabilität des Bikes geholfen", erinnert er. Damit hat der Italiener nicht unrecht, vor allem vor ungewollten Wheelies sollten die Flügelchen schützen. "Wir haben immer gesagt, dass das Rennfahren das Produkt verbessern soll", erinnert Albesiano an die eigentliche Aufgabe der Prototypen: die Entwicklung der Straßenbikes voranbringen.

Vor allem in Sachen Sicherheit sieht es Albesiano als fast unverzeihlich an, die Flügelchen aus der MotoGP zu verbannen. "Die Wings waren eine gute Art und Weise, um die Sicherheit zu erhöhen", stellt der Italiener fest. "Sie haben das Bike stabiler gemacht und auch beim Bremsen geholfen. Das hilft der Sicherheit. Es ist schade, dass sie verboten wurden."

Die Winglets in der MotoGP waren vielfältig, Foto: Repsol
Die Winglets in der MotoGP waren vielfältig, Foto: Repsol

Lösungsansätze Made in Italy

Nach dem Winglet-Bann schlägt Albesiano jetzt einen tatsächlichen Kompromiss vor, wie die Flügelchen hätten optimiert werden können. "Wenn die Winglets nach hinten gekehrt wären, mit dem richtigen Radius, um scharfe Ecken zu vermeiden, wären sie nicht gefährlicher als andere Teile der Verkleidung", schlägt der Aprilia-Renndirektor vor.

Die Kritik an den momentanen Flügeln kann Albesiano jedoch verstehen. "Wenn man die Form, die wir und andere jetzt verwendet haben, beibehält, ist die Chance größer, dass sie einen anderem Fahrer gefährlich werden können", gesteht der Italiener. "Aber wenn man sie umdreht, wie eine Pfeilspitze, wenn man von oben auf das Bike schaut und die Ecken abrundet, warum sollte das gefährlich sein?", fragt Albesiano rhetorisch.

Besonders kritisch sieht Albesiano die zukünftige Entwicklung in der MotoGP, da die Winglet-Methode jetzt nicht mehr zur Verbesserung der Bikes genutzt werden kann. Aprilia, Ducati und Co. werden jetzt andere Lösungen finden müssen. "Jetzt werden alle Werke versuchen, dieselbe Menge Downforce auf anderem Wege zurückzuerlangen", warnt Albesiano. "Nur auf eine andere Art und Weise. Eine, die vielleicht viel teurer ist."